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Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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unordentlich über die Ohren.
    »Was macht Ihr hier?«, fragten sie beide fast gleichzeitig.
    Verunsichert lachte Johannes auf. »Nun. Ich bin der Beichtvater der Schwestern. Ich bin immer dienstagvormittags und donnerstagabends hier, um ihnen die Beichte abzunehmen, und jetzt bin ich auf der Suche nach meinem Adlatus.«
    »Guillelmus?«, mischte sich Agathe ein. »Er war vorhin noch in der Küche.« Sie betonte jedes Wort auf eine Weise, die deutlich machte, dass sie das Verhalten des jungen Mönchs überaus missbilligte.
    Johannes schenkte ihr ein knappes Nicken. »Danke.« Eine spürbare Spannung lag in der Luft, und Katharina begriff, dass der Mönch und die Nonne sich nicht leiden konnten.
    »Und Ihr?«, wandte Johannes sich wieder an Katharina. »Was führt Euch hierher?«
    Katharina erzählte ihm, was die Priorin von ihr gewollt hatte.
    »Und, könnt Ihr ihr helfen?«
    »Vielleicht. Ich will es jedenfalls versuchen.«
    Bruder Johannes wirkte zufrieden. »Ihr würdet Euch gut eignen als neue Infirmaria des Klosters«, behauptete er. Dann nickte er eifrig. »Das wäre eine gute Idee! Immerhin ist die Krankenstube des Klosters gut ausgestattet, seit Konrad von Neumarkt ihr ein Drittel seines Vermögens vermacht hat.«
    »Es war nicht die Rede davon, dass ich als Infirmaria ins Kloster eintreten soll«, stellte Katharina richtig. »Wie kommt Ihr darauf?«
    Bruder Johannes runzelte die Stirn. »Die Schwester, die bisher für die Krankenpflege im Kloster zuständig war, ist vor kurzem gestorben. Die Mutter Oberin hat mich gefragt, ob ich jemanden wüsste, der als Nachfolgerin für sie in Frage kommt. Ich habe für Euch gesprochen.«
    Katharina dachte daran zurück, was Kunigunde ihr gesagt hatte.»Davon hat sie nicht gesprochen. Sie sagte nur, dass Ihr mich empfohlen habt, um ihr bei einem kleinen Gebrechen beizustehen.«
    Bruder Johannes lächelte. »Oh! Ich bin sicher, das dient der Prüfung!« Er schlug sich die Hand vor den Mund und machte ein erschrockenes Gesicht. »Jetzt habe ich zu viel geplaudert, fürchte ich. Was ist das noch für eine Prüfung, wenn der Adept weiß, dass er geprüft wird? Aber wie dem auch sei: Ich bin sicher, Ihr wäret eine Bereicherung für das Kloster.«
    »Aber ich nicht.« Katharina war der Gedanke völlig fremd, in ein Kloster einzutreten. Sie begegnete dem übelgelaunten Blick der Nonne neben sich. Agathe wirkte, als könne sie es kaum abwarten, ihren unerbetenen Gast endlich zum Torhäuschen zu bringen und sie loszuwerden. Katharina fühlte einen Anflug von Ärger. Diese Nonne tat gerade so, als habe sie hundert wichtige Dinge zu tun, dabei würde sie den Rest ihres Tages mit nichts anderem verbringen, als mit Beten und Singen. Katharina war sich bewusst, wie ungerecht ihre Gedanken waren, aber sie konnte sich nicht dagegen wehren. Alles, was sie vermochte, war, ihre Gesichtszüge so weit unter Kontrolle zu halten, dass Agathe ihre Verachtung nicht bemerkte. Sie konzentrierte sich auf Bruder Johannes.
    »Warum nicht?«, fragte er.
    »Die vielen Regeln, die Enge ...« Sie zuckte die Achseln. »Ohnehin hat die Priorin mich ja noch gar nicht gefragt. Zerbrechen wir uns also nicht den Kopf darüber.«
    »Es steht einer Frau gut an, Regeln und Enge zu akzeptieren«, mischte sich Agathe ein, bevor Johannes etwas sagen konnte. »Denn Gott, der Herr, hat in seiner unendlichen Weisheit entschieden, dass dies ihr Schicksal sein soll.« Sie klang selbstgefällig und blasiert, und fast hätte Katharina sie gepackt und geschüttelt, um ihr eine andere Äußerung zu entlocken als Hochnäsigkeit und Arroganz.
    »Nun ja.« Johannes war anzusehen, dass er sich unwohl fühlte. Er blickte Agathe an. »Geht zurück an Eure Arbeit, Schwester. Ich werde Frau Jacob zum Türhäuschen bringen.«
    Sichtlich erleichtert nahm Agathe dieses Angebot an. Sie drehte sich auf dem Absatz um und marschierte mit einer Geschwindigkeit davon, dass ihre weiße Kutte um ihre Beine wehte. Sie erinnerteKatharina plötzlich an einen großen weißen Vogel. Einen Schwan ... Rasch verdrängte sie diesen Eindruck.
    Johannes wartete, bis Agathes Schritte in dem Gang verklungen waren. Dann atmete er erleichtert aus, bemerkte, dass Katharina es gehört hatte, und errötete ein wenig. »Nun.« Er räusperte sich. »Die sind wir los.«
    In Katharina wuchs der Eindruck, er wolle ihr etwas sagen. Seine Blicke huschten unruhig durch den Gang, und Katharina war sich sicher, dass er des Nachts noch immer unter Alpträumen litt. Kurz

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