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Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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ganzes Stück freizügiger waren als jene in seinem Kontor im Rathaus, kam er sofort zur Sache: »Was führt Euch her?«
    »Unser Gespräch gestern«, antwortete der Büttel. »Dieser Sterner. Er hat mir keine Ruhe gelassen.«
    Silberschläger runzelte fragend die Augenbrauen.
    »Ich habe den Namen schon mal irgendwo gehört, das dachte ich schon neulich, als Ihr ihn zum ersten Mal erwähnt habt. Und ich hatte irgendwie ein seltsames Gefühl. Darum habe ich ein paar Nachforschungen angestellt.« Er unterbrach sich, und mit einer ungeduldigen Geste drängte Silberschläger ihn zum Weiterreden.
    »Er ist der Sohn eines Mannes, der für Markgraf Albrecht gekämpft hat und dafür einen Adelstitel erhielt. Er trägt ihn jedoch nicht, keine Ahnung, warum. Jedenfalls: Er ist ziemlich reich, was sich nicht so sehr in seinem Haus hier in der Stadt zeigt, sondern eher darin, dass er Ländereien im Süden hat. In der Toskana, glaube ich.«
    Silberschläger nickte. »Und weiter?«
    »Er war in die Engelmorde vom August verstrickt, wurde beinahe selbst ein Opfer. Soweit ich es in dieser kurzen Zeit in Erfahrung bringen konnte, lernte er durch die Morde eine gewisse Katharina Jacob kennen.«
    »Sollte mir dieser Name irgendwas sagen?« Silberschläger griff nach einem Federmesser und spielte damit herum.
    »Sie war der Hexerei angeklagt, konnte sich aber durch Trickserei von dem Verdacht befreien.«
    »Moment!« Silberschläger hob das Messer und betrachtete seine Schneide. »Redet Ihr von der Frau, die bei den Hallerwiesen getaucht wurde und fast ertrank, weil die Kettenwinde kaputt war?«
    »Ja.« Eberlein schlackerte mit beiden Armen. »Sie bekam eine Rüge, weil sie ohne Erlaubnis Heilmittel an Nürnberger Bürgerinnen verkauft hatte. Reine Scharlatanerie, wenn Ihr mich fragt. Wie sollte eine Frau schon genügend Verstand haben, um die Kunst der Medizin auszuüben?«
    Silberschläger dachte an seine eigene Frau. »Schwer vorstellbar.«
    »Es wird noch besser«, sprach der Büttel weiter. »Ich habe auch mit dem Schreiber gesprochen, der gestern Dienst an der Rathauspforte hatte. Die Frau, die Euch gestern aufgesucht hat: Ratet, wer sie war.«
    Silberschläger musste nicht raten. »Katharina Jacob.«
    Eberlein nickte. Aus seinen Augen leuchtete Zufriedenheit angesichts all der Einzelheiten, die er in der kurzen Zeit herausbekommen hatte.
    Silberschläger dachte daran, wie Katharina ihn gestern aufgesucht hatte. Sie hatte eindeutig etwas an sich gehabt, das sein Verlangen weckte. Dennoch war sie unwichtig. Fürs Erste. »Habt Ihr noch etwas über diesen Sterner herausgefunden?«
    »Es gibt ein paar Nachbarn, die ihn für unheimlich halten. Es geht das Gerücht – jetzt haltet Euch fest –, er könnte seine Finger in einigen Fällen von Leichenzauberei gehabt haben, die es im letzten Jahr in der Stadt gegeben hat.«
    Silberschläger starrte den Büttel fassungslos an. »Leichenzauberei?«, murmelte er. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Im Roten Ochsen hatten er Richard Sterner über die Juden reden hören.
    Ich weiß genug über die Religion der Juden, um zu wissen, dass Milchzauber nicht zu ihren Ritualen gehört, hatte er gesagt. Ebenso wenig wie das Schlachten kleiner Kinder.
    Ein freudiges Kribbeln rann Silberschläger den Rücken hinunter.
    Leichenzauberei!
    Wie es aussah, war es ein Zeichen Gottes gewesen, dass Sterner ihm im Roten Ochsen über den Weg gelaufen war.
    Ein Lächeln glitt über Silberschlägers Miene. »Bleibt an dem Mann dran!«, befahl er Eberlein.
    »Warum?«
    »Findet noch mehr über ihn heraus. Welche Kirche besucht er? Was tut er den ganzen lieben langen Tag? Jede kleine Einzelheit könnte mir nützlich sein.«
    »Wie Ihr wollt!« Eberlein deutete eine leichte Verbeugung an.
    Silberschläger brachte den Büttel selbst nach draußen, und als der Mann fort war, stand er nachdenklich im Flur, die Klinke der Haustür noch in der Hand.
    Richard Sterner ein Judenfreund?
    Ich weiß genug von den Juden, hatte er gesagt.
    Silberschläger biss sich auf die Unterlippe. Im Grunde war es viel besser, dem Rat einen einzelnen Mann als Mörder zu präsentierenstatt nur eine diffuse Gruppe. Ein einzelner Mann ließ sich verhören, foltern, wenn es nötig war, um ein Geständnis zu erpressen.
    Silberschläger ließ die Türklinke los und kehrte in sein Kontor zurück. Sein Blick fiel auf einen Stapel Dokumente, der auf seinem Schreibtisch lag und bei denen es sich zum Großteil um Korrespondenz handelte,

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