Chicagoland Vampires: Drei Bisse frei (German Edition)
Vampire. Wir sind doch bloß Menschen.«
»›Bloß Menschen‹ erfanden die Atombombe«, grummelte Malik. »Der Zweite Weltkrieg und die spanische Inquisition, für all das sind ›bloß Menschen‹ verantwortlich.«
Bei uns kam die Sensationsmacherei offensichtlich nicht so gut an.
»Die Stadträte Pat Jones und Clarence Walker haben bekannt geben lassen, dass sie eine Untersuchung der Vampirhäuser Chicagos und ihrer Beteiligung an dieser neuen Droge verlangen. Bürgermeister Tate nahm heute Morgen nach einem Treffen mit dem Entwicklungsgremium Stellung zu den Vorfällen.«
Das Bild wechselte zu Tate, der gerade einer Frau in einem unvorteilhaften Kostüm die Hand schüttelte. Neben dieser einfachen Bürokratin sah er noch mehr nach einem Liebesromanhelden aus: verführerischer Blick, dunkle Haare, schalkhaftes Lächeln. Man musste sich ernsthaft fragen, wie viele Stimmen ihm sein Aussehen eingebracht hatte – und der Wunsch vieler Leute, einfach in seiner Nähe sein zu dürfen.
Als ihn die Journalisten mit Fragen zur Schlägerei in unserer Bar bombardierten, hielt er beide Hände hoch und lächelte schmeichelnd. Dieses Lächeln war meinem Empfinden nach eine ziemliche Gratwanderung zwischen verständnisvoller Aufmerksamkeit und verächtlicher Herablassung.
»Ich habe den Häusern Chicagos klargemacht, welche Pflichten sie in unserer Stadt wahrzunehmen haben, und ich bin mir sicher, dass sie die notwendigen Maßnahmen einleiten, um eine weitere Verbreitung von V und zukünftige Gewaltausbrüche zu unterbinden. Wenn ihnen das nicht möglich ist, werden wir natürlich selbst die notwendigen Schritte einleiten. Das ist unsere Aufgabe, vor der wir nicht zurückscheuen. Wir haben sehr viel Energie in diese Stadt investiert, damit die Menschen in Illinois stolz auf sie sein können, und wir werden sicherstellen, dass Chicago ein Sinnbild für Frieden und Wohlstand bleibt.«
Die Nachrichtensprecherin war wieder zu sehen. »Die Umfragewerte Bürgermeister Tates bleiben trotz der aktuellen Unruhen auf hohem Niveau.«
Luc hob erneut die Fernsteuerung und hielt das Video an.
Ein sorgenerfülltes Schweigen senkte sich auf den Raum. Jetzt wusste ich, warum mein Vater mich angerufen hatte. Er wartete wahrscheinlich auf die einzigartige Gelegenheit, mich für die Tatsache beschimpfen zu können, dass ich nicht nur eine Vampirin geworden war, sondern auch noch den Familiennamen beschmutzt hatte – ungeachtet der Tatsache, dass ich keine Wahl gehabt hatte und wirklich alles tat, um den Frieden in Chicago zu wahren.
Außer natürlich, er hatte auch dazu seine Meinung geändert.
»Nun«, sagte Ethan säuerlich, »es tröstet mich natürlich unendlich, zu wissen, dass die Umfragewerte Bürgermeister Tates auf hohem Niveau geblieben sind.«
»Tate muss den Nachrichtenleuten Informationen zugespielt haben«, sagte ich. »Wir wissen selbst gerade erst seit letzter Nacht von dieser gesteigerten Gewaltbereitschaft, und mein Großvater hat mir versprochen, V aus den Schlagzeilen zu halten.«
»Tate benutzt die Vampire, um politisches Kapital aus ihnen zu schlagen?«, lautete Lucs Schlussfolgerung. »Es wäre ja nicht das erste Mal, dass ein Politiker aus einer schwierigen Situation persönlichen Nutzen zieht, aber es wäre trotzdem schön, wenn er das nicht auf unsere Kosten täte.«
»Und wenn er nicht bereits Haftbefehle ausgestellt hätte«, ergänzte ich.
»Die Stadt kommt immer an erster Stelle«, lautete Lindseys trockener Kommentar.
Luc sah Ethan an und wirkte besorgt. »Irgendeine Reaktion von Darius?«
»Er hält Funkstille.«
»Das wird ihm alles nicht gefallen.«
»Drogenmissbrauch und Schlägereien in meiner Bar? Drogenmissbrauch und Schlägereien, die unsere Klatschpresse mit Genuss verbreitet und die vermutlich landesweit breitgetreten werden, wenn das nicht gerade schon geschieht? Nein, ich zweifle, dass er begeistert ist, und ich befürchte, dass das Haus darunter leiden wird.«
»Erzähl ihm von der anderen Geschichte!«, sagte Kelley.
»Welche andere Geschichte?«, fragte Ethan, und sein Blick wechselte von Kelley zu Luc.
»Die andere Geschichte«, bekräftigte Luc, nahm einen Tablet- PC zur Hand und tippte leicht auf den Monitor. Das Bild auf der Leinwand verwandelte sich von der Nachrichtensprecherin zum schwarz-weißen Bild einer Sicherheitskamera, auf der eine Straße im Dunkeln lag. Als ich noch meine Runden als Wache des Hauses drehte, hatte ich dieses Bild oft genug gesehen, um es sofort
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