Chicagoland Vampires: Ein Biss zu viel (German Edition)
leiser Schrei zu hören. Ich hörte, wie etwas über den Boden schlich, und wäre fast auf den Schreibtisch gesprungen, weil ich mir vorstellte, wie eine Spinne in der Größe eines Fußballs auf uns zukam.
Doch in Wirklichkeit trottete eine kleine schwarze Katze mit einem rosafarbenen Glaskristallhalsband unter dem Tisch hervor. Sie machte es sich auf dem Boden neben Mallory bequem und sah mit ihren hellgrünen Augen zu mir auf.
»Dein Schutzgeist«?, fragte ich, und Mallory nickte. Auf Simons Vorschlag hin hatte sie ein schwarzes Kätzchen aufgenommen, das ihr bei ihren hexenmeisterlichen Pflichten half.
»Darf ich dir Wayne Newton vorstellen?«
»Du hast deinen Schutzgeist ›Wayne Newton‹ genannt – nach dem Schlagersänger aus Las Vegas?«
»Sie haben dieselbe Frisur«, sagte sie trocken. Ich streckte meine Hand nach der kleinen Katze aus. Sie hatte tatsächlich eine Tolle dunklen Haares, die zwischen ihren Ohren nach oben abstand.
»Hm! Scheint um einiges ruhiger zu sein, seit du ihn das letzte Mal erwähnt hast«, sagte ich. Ich beugte mich nach unten, um Wayne Newton zwischen den Ohren zu kraulen. Er rieb seine Nase an meiner Hand, schwankte dabei aber, als ob er betrunken wäre.
Ich sah wieder zu Mallory. »Was ist denn mit dem los?«
Sie sah nach unten und blickte das Kätzchen mit gerunzelter Stirn an. »Mit ihr, nicht ihm. Liegt an dem vergorenen Essig. Ich war nicht schnell genug unten, und sie hatte da schon angefangen, ihn aufzuschlecken.«
»Arme Kleine.«
»Ich weiß. Was nur ein weiterer Minuspunkt für Tante Rose ist. Ich bin mir nicht mal sicher, dass sie Eingemachtes mochte.«
Da sie sich offensichtlich von mir als auch Mallory gelangweilt fühlte, zog die Katze von dannen, aber ihr schwankender Gang wirkte schon seltsam.
»Kommst du mit den Sachen, die du hier machst, jetzt besser zurecht?«
Mallory hatte mir ihre Sorge mitgeteilt, dass Simon sie mit schwarzer Magie in Berührung gebracht hatte. Ein Zauberbann sorgte zwar dafür, dass sie nicht ausführlich darüber sprechen konnte, aber es war deutlich geworden, dass sie Skrupel hatte. Ich hatte ihr vorgeschlagen, doch mit Catcher darüber zu reden. Das Gespräch – möglicherweise auch mehr als eins – hatte stattgefunden, das wusste ich, aber vielleicht war es ja nicht so gut verlaufen.
Sie tippte mit einem Finger auf den roten Ledereinband des Buchs, das sie gerade las und dessen Deckel mit goldenen Lettern beschriftet war. Ganz ehrlich, es sah wie die Sorte Buch aus, die von Hexenmeistern gelesen wurde.
»Die Welt ist, wie sie ist«, sagte sie. »Bloß weil ich mich wegen irgendeiner Sache unbehaglich fühle, heißt das ja nicht, dass sie schlecht ist, nicht wahr? Manchmal muss man sich mit den Dingen einfach nur ein wenig auseinandersetzen, um sie richtig einordnen zu können. Ich habe mich ein wenig paranoid verhalten, das ist alles.«
Ich wartete auf eine ausführlichere Erläuterung, aber mehr sagte sie nicht, und um ganz ehrlich zu sein, entfachte ihre Antwort keinen Begeisterungssturm in mir. Sich mit unangenehmen Dingen zu arrangieren, ist eine Sache. Aber sich dafür zu entscheiden, dass sie gar nicht unangenehm waren, eine ganz andere.
»Ein wenig paranoid?« Ihre spröden und rissigen Hände waren eine Begleiterscheinung der Magie, die sie wirkte. Das machte auf mich keinen paranoiden Eindruck; es sah ziemlich deutlich wie Ursache und Wirkung aus.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte sie und schlug die Hand hart genug auf den Tisch, um ihn zum Wackeln zu bringen. Der Knall ließ mich zusammenzucken, und wenn sie versucht hatte, mich zum Schweigen zu bringen, dann war ihr das gelungen. »Ich brauchte die Katze, weil sie mir dabei hilft, Magie zu kanalisieren. Und was ich immer noch brauche, sind drei weitere Katzen, um das hier alles zu schaffen. Es ist einfach zu viel für eine Person, es ist zu viel zu lernen.«
Das war nicht Mallory – nicht mit dieser Einstellung. Meiner Ansicht nach konnte nur Simon dafür verantwortlich sein; ihn hatte sie in letzter Zeit am häufigsten gesehen. Aber in diesem Moment ging es nur um uns beide, und ich würde unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen, nur weil sich eine von uns in einer vorübergehenden Stresssituation befand.
»Okay«, gab ich daher nach. »Wenn du jemanden zum Reden brauchst, kannst du mich jederzeit anrufen, Tag und Nacht, okay?«
»Du gehst auch tagsüber ans Telefon?«, sagte sie schnippisch.
Nicht, wenn du nicht schnellstens deine Einstellung
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