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Chimären

Chimären

Titel: Chimären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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zu Diensten zwang? Ron, ihr Diensthund, wie sie ihn bei sich nannte, wurde zwar zunehmend mitteilsamer, sparte aber Themen aus. Er hatte ihr berichtet, dass man einige Leute des vorgefundenen Personals zunächst festgehalten, später jedoch freigelassen hätte. Er sprach auch von einem Überfall in der zweiten Nacht. Über Einzelheiten darüber schwieg er sich jedoch aus.
      Ein leichter lauer Wind ging, die Sonne schien, und aus den Wipfeln der Buchen schollen Vogelstimmen.
      Susan überdachte ihre Lage – nicht das erste Mal. Eigentlich tat sie das, seit sie sich in den Händen dieser merkwürdigen Bande befand, aber nie gelang es ihr, den Kreisverkehr ihrer Gedanken zu verlassen. Hinzu kam, dass sie mit dem Verrinnen der Stunden Langeweile überfiel. Bislang war die vom Oberhund Lux abgeforderte Hilfeleistung ausgeblieben. Selber über das Internet aktiv zu werden, blieb versagt. Am zweiten Tag nach der Entführung fiel vormittags plötzlich der Strom aus.
      Auf ihrem ersten Inspektionsgang hatte sie versucht, im Restaurant oder im Informationsbüro wenigstens etwas zum Lesen zu finden – jedoch außer einigen Boulevardzeitschriften und Beschreibungen des Objekts erfolglos. Die meisten Gebäude, das Museum, die alten Kasernenanlagen waren versperrt. Offenbar hatte der Überfall die Angestellten bereits nach der Öffnungszeit überrascht und damit die Objekte abgeschlossen waren. Einige Türen zeigten Spuren des Aufbrechens, so die zum Restaurant. War doch noch jemand anwesend, der dazu in der Lage war? Die Vierbeiner sicher nicht.
      Von ihren Entführern bemerkte Susan auf ihren Gängen nicht viel. Ab und an kreuzte einer ihren Weg, ohne von ihr Notiz zu nehmen. Einmal sprach sie einen Husky an. Er blieb kurz stehen, sah zu ihr empor und lief davon, ohne sie weiter zu beachten. Aber Susan glaubte, dass jeder Festungsbesetzer, zu jenen Canismuten zählten, deren Daten sie verwaltet hatte, ohne zu wissen, um welche Spezies es sich wirklich handelte.
      An der Garnisonskirche begegnete ihr überraschend Lux. Sie erkannte ihn sofort an der Zeichnung seines Fells.
      „Ah, es ist gut, dass ich dich treffe“, sagte er jovial. „Ich hätte dich ohnehin nachher zu mir bestellt.“
      ‚Oho’, dachte Susan. ‚Zum ersten Gespräch hat er mich aufgesucht.’ „Ja, was gibt’s?“
      „Mehreres: Du rufst erstens gleich den Bürgermeister an und sagst ihm, wenn er nicht sofort veranlasst, dass der Strom bis zum Einbruch der Dunkelheit wieder zugeschaltet wird, werfen wir Remikow über die Mauer.“
      „Remikow ist hier?“, rief Susan erfreut.
      „Zweitens: Kennst du einen zuverlässigen Journalisten?“
      „Sag’, Remikow ist hier?“
      „Das geht dich nichts an. Kennst du einen oder nicht?“
      ‚Remikow ist hier’, frohlockte Susan. Ihr Herz schlug schneller. „Ein Journalist…“ Sie überlegte. ,Gudrun, Gudrun Heimich, schreibt doch als Freie für diesen Wochenboten…’ „Doch“, antwortete sie. „Gudrun Heimich heißt sie, wir sind befreundet.“
      „Ist sie zuverlässig?“
      „Ich denke schon.“
      „Sie dürfte selbstverständlich nur das schreiben, was ich ihr sage.“
      Susan überlegte abermals. Jeder Journalist ließe sich bei der zu erwartenden Story auf eine solche Bedingung ein.
      „Bestelle sie her. Sie soll unten an der Wache deutlich ihren Namen sagen. Und wenn du mit ihr sprichst: Kein Wort davon, dass es hier Hunde gibt, die denken und reden können, klar?“
      „Das ist doch wohl längst bekannt!“
      „Ist es nicht. Es ist unser Trumpf!“
      „Na ja, ich weiß ja nicht“, bemerkte die Frau stark zweifelnd, „ob ihr überhaupt einen Trumpf habt.“
      „Das werden wir sehen.“
      Susan wandte sich zum Gehen.
      „Warte, ich bin noch nicht fertig. Drittens rufst du Lehmann an.“
      Susan hörte überrascht, mit höchster Aufmerksamkeit.
      „Ich erwarte ihn heute um achtzehn Uhr hier. Allein und pünktlich. Er soll sich eine Viertelstunde vorher unten an der Kasse einfinden.“
      „Lux, das kannst du nicht machen. Er ist der Direktor, den kannst du nicht einfach so herbestellen.“
      „Kann ich nicht? Tu, was ich dir sage! Du wirst es sehn!“ Sprach’s und trollte sich.
      Susan zuckte mit den Schultern. ‚Hauptsache, es kommt etwas in Gang.’ Und sie machte sich beschleunigten Schritts gedankenvoll auf zum Zeughaus, ihrem Domizil, um die Aufträge zu erledigen.
      Eine schön

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