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Choral des Todes

Titel: Choral des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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veranstaltet bestimmt auch spezielle Partys. Keine Ahnung.«
    »Man sollte all diese perversen Klubs dichtmachen.«
    »Wo keine Anzeige, da keine Straftat. Wir sprechen hier über Erwachsene, die wissen, worauf sie sich einlassen, und damit einverstanden sind.«
    Die Hochbahn-Trasse über dem Boulevard de Rochechouart kam in Sicht. Kasdan bog nach rechts ab und fuhr an dem riesigen Brückenbogen entlang. Um drei Uhr morgens war der Boulevard wie leergefegt.
    An der Métro-Station Blanche gebot Volo:
    »Fahren Sie links.«
    Rue Blanche. Rue de Calais.
    »Okay, hier ist es. Parken Sie, damit es nicht so aussieht, als wären wir Spanner.«
    Kasdan kam der Aufforderung nach. Der Junge begann ihm mit seinen Befehlen und Erklärungen auf die Nerven zu gehen. Sie stiegen gleichzeitig aus. Ein eisiger Nieselregen schwebte in der Luft. Die Natriumlampen waren von einem pigmentierten Lichtkreis umgeben. Die Weihnachtsnacht schien sich unter dem sauren Niederschlag zu zersetzen.
    Keine Leuchtreklame und kein Schild an der Außenmauer wies auf den Klub Le Chat à neuf queues hin. Es gab nur eine schwarze Tür mit einem kupfernen Drücker und einem Guckloch.
    »Lassen Sie mich mal machen«, murmelte Volokine.
    Er umfasste den Drücker und pochte auf altmodische Weise wie ans Portal der Burg von Dracula. Sofort ging das kleine Fenster auf. Ein winziges, engmaschiges Gitter.
    Eine Stimme fragte:
    »Haben Sie einen Mitgliedsausweis?«
    »Natürlich.«
    Volokine hielt sein Polizeiabzeichen ans Guckloch. Die Tür öffnete sich. Ein Hüne stand auf der Schwelle. Er war größer als Kasdan, was den Armenier überraschte: Er war es nicht gewohnt, zu anderen aufzublicken.
    »Sie können jetzt nicht rein«, keifte der Zerberus mit seltsam schriller Stimme. »Mitten in der Nacht sind Sie nicht dazu befugt. Ich kenne das Gesetz.«
    Der Russe öffnete den Mund, aber Kasdan mischte sich ein:
    »Es gibt das Gesetz. Und das Drumherum. Wenn wir jetzt nicht reinkommen, dann versprech ich dir jede Menge Ärger für morgen. Garantiert.«
    Der Hüne im tadellosen Zweireiher wippte hin und her und schlug seine rechte Faust nervös in seinen linken Handteller. Sein Gliederarmband glitzerte im Licht der Straßenlaternen.
    »Ich muss das mit dem Geschäftsführer abklären.«
    »Dann klär’s ab. Wir wollen nämlich zu ihm.«
    Der Mann zog sein Handy heraus, ohne die Besucher aus den Augen zu lassen.
    »Würden Sie mir bitte Ihre Namen und Ihre Dienstgrade nennen.«
    Kasdan und Volokine lachten auf. Ein nervöses, allzu lautes Lachen – das vergebliche Bemühen, etwas von der schweren, drückenden Last dieser Nacht abzuwerfen.
    Der Armenier sagte schließlich:
    »Sag ihm einfach nur: Hartmann.«
    »Wer ist das? Einer von euch?«
    »Hartmann. Er versteht schon.«
    Der Mann drehte sich um und sprach in sein Handy. Seine Schultern waren so breit, dass sie die Türöffnung vollständig ausfüllten. Mit leiser Stimme befahl Kasdan Volokine, der nervös herumzappelte:
    »Beruhige dich.«
    »Ich bin ruhig.«
    Seit dem Besuch bei dem drogensüchtigen Alten glich Volokine einer Semtex-Ladung, die jederzeit hochgehen konnte.
    Der Rausschmeißer drehte sich um und trat zur Seite:
    »Bitte, treten Sie ein.« Er verriegelte die Tür hinter ihnen und ging in den dunklen Flur. »Folgen Sie mir.«
    Eine weitere Eisentür. Sie war mit einem Sicherheitsschloss und einer elektronischen Schließvorrichtung versehen. Der Türsteher gab einen Code ein und hantierte an einem Griff mit verchromtem Hebel, der an den Griff eines Kühlschranks erinnerte.
    Hinter dieser Tür begann die Hölle.

KAPITEL 52
    Alles war rot.
    Rot die Wände und die Decke des Flurs, wo nackte Lampenfassungen hingen. Rot die Glühbirnen selbst, die ein gedämpftes, kaltes Licht verbreiteten. Rot die Schatten, die Fragmente von Gesichtern. Das Funkeln von Handschellen, Ketten, Nägeln. Rot endlich die Zellen, die von beiden Seiten des Flurs abgingen und ihre Mauersteine und in knallenger Ledermontur steckende Körper zur Schau stellten. Kleine, gut klimatisierte Höllengelasse, in denen es nach Schweiß und Exkrementen roch.
    Wie alle Pariser Polizisten hatte auch Kasdan an Razzien in Swinger-Klubs oder bei SM -Partys teilgenommen. Manchmal beendete er die Nacht mit seinen Kollegen in einem Sexklub, nur so, um ein bisschen über die Stränge zu schlagen. Damals hatte ihm das Spaß gemacht. Heute Abend fand er das gar nicht witzig.
    Das Erste, was er deutlich erkennen konnte, war eine Frau, die mit den

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