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Christmasland (German Edition)

Christmasland (German Edition)

Titel: Christmasland (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Hill
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bereits einen ganzen Stapel Seiten fertiggestellt und die Triumph bis auf den Motor und den Metallrahmen auseinandergebaut.
    Sie sang bei der Arbeit, obwohl es ihr meist gar nicht auffiel.
    »Wenn ich sing, machst du kein Auge zu, die ganze Nacht findest du keine Ruh!«, sang sie bei der Arbeit an dem Motorrad.
    Und beim Zeichnen: »Der Vater fährt ins Christmasland, weil ich im Schlitten sitzen mag. Der Vater fährt ins Christmasland, für einen wunderbaren Tag.«
    Aber eigentlich war es dasselbe Lied.

Haverhill
    A m ersten Juli fuhren V ic und Wayne zurück zum Haus von V ics Mutter in Massachusetts. Ihr Haus, wie sie sich immer wieder ins Gedächtnis rufen musste.
    Lou kam nach Boston geflogen, um den vierten Juli dort mit Wayne zu verbringen und sich das Feuerwerk anzuschauen. V ic hingegen wollte am Wochenende die Hinterlassenschaften ihrer Mutter durchsehen und dabei versuchen, dem Alkohol fernzubleiben. Sie hatte vor, das Haus im Herbst zu verkaufen und nach Colorado zurückzukehren. Darüber musste sie mit Lou noch reden. Es spielte keine Rolle, wo sie an ihrem nächsten Search-Engine -Buch arbeitete.
    Die 495 war ziemlich verstopft. Sie hingen im Stau fest, inmitten einer Abgaswolke, die V ic Kopfschmerzen bereitete. Nüchtern war der Highway kaum zu ertragen, dachte sie.
    »Hast du eigentlich Angst vor Geistern?«, fragte Wayne, während sie darauf warteten, dass sich die Autos vor ihnen in Bewegung setzten.
    »Warum? Machst du dir Sorgen, weil wir in Omas Haus übernachten werden? Sollte ihr Geist noch dort unterwegs sein, würde er dir nichts tun. Sie hat dich geliebt.«
    »Nein«, sagte Wayne unbekümmert. »Ich meinte nur, weil du früher mit Geistern geredet hast.«
    »Inzwischen nicht mehr«, sagte V ic. Der Stau begann sich endlich aufzulösen, und sie konnte auf der Standspur bis zur Ausfahrt fahren. »Das ist vorbei. Deine Mutter war damals nicht ganz richtig im Kopf. Deshalb musste ich ja auch ins Krankenhaus.«
    »Die waren also nicht echt?«
    »Natürlich nicht. Die Toten bleiben tot. Was vorbei ist, ist vorbei.«
    Wayne nickte. »Wer ist das?«, fragte er, als sie in die Einfahrt des Hauses einbogen.
    V ic hatte über Geister nachgedacht und nicht so genau aufgepasst. Deshalb hatte sie die Frau, die auf der Eingangstreppe des Hauses saß, gar nicht bemerkt. Während V ic das Auto parkte, stand die Besucherin auf.
    Sie trug ausgeblichene, an Knien und Oberschenkeln ziemlich abgewetzte Jeans. In einer Hand hielt sie eine Zigarette, von der ein dünner Rauchfaden aufstieg. Und in der anderen eine Aktenmappe. Sie hatte das sehnige, nervöse Aussehen eines Junkies. V ic wusste, dass sie sie von irgendwoher kannte, konnte ihr Gesicht jedoch nicht einordnen. Sie hatte keine Ahnung, wer diese Frau war, aber irgendwie das Gefühl, dass sie sie schon seit Jahren erwartet hatte.
    »Kennst du die?«, fragte Wayne.
    V ic schüttelte den Kopf. Für den Moment hatte es ihr die Sprache verschlagen. Das letzte halbe Jahr hatte sie ihre Zurechnungsfähigkeit und Abstinenz vor sich her getragen wie eine alte Frau, die mit beiden Armen eine Einkaufstüte umklammert. Jetzt hatte sie das Gefühl, der Boden der Tüte würde langsam reißen und nachgeben.
    Das Junkie-Mädchen in den hohen Chucks ohne Schnürsenkel hob eine Hand und winkte ihr auf erschreckend vertraute Weise zu.
    V ic öffnete die Autotür und stieg aus. Sie ging um den Wagen herum, um sich zwischen Wayne und die Frau zu stellen.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, krächzte V ic. Sie brauchte dringend ein Glas Wasser.
    »Ich hoffe sch-sch-schon .« Die Frau klang so, als würde sie niesen. Ihr Gesicht verdunkelte sich, und sie presste hervor: »Er ist f-f-frei .«
    »Wovon sprechen Sie?«
    »Der Wraith«, sagte Maggie Leigh. »Er ist wieder auf freiem Fuß. Ich glaube, du s-s-solltest deine Brücke benutzen, um ihn zu f-f-finden, V ic.«
    *
    V ic hörte Wayne hinter sich aus dem Auto steigen und die Tür zuschlagen. Er öffnete die Tür zum Rücksitz, und Hooper kam herausgesprungen. V ic wollte ihm sagen, dass er wieder einsteigen sollte, aber damit hätte sie ihm Angst gemacht.
    Die Frau lächelte sie an. Ihr Gesicht wirkte so unschuldig und freundlich wie das einer Geistesgestörten. In der Irrenanstalt hatte V ic diesen Gesichtsausdruck häufiger gesehen.
    » T-t-t ut mir leid«, sagte die Besucherin. »So w-w-w …« Einen Moment lang klang sie, als würde sie ersticken. »… w-w-w ollte ich eigentlich nicht anfangen. Ich bin m-mm-mm … o Gott.

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