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Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Schamanenfluch: Band 4 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Oberfläche.
    Das veranlasste die Leitwölfin des Rudels zu einem Heulen, dem sich Wolf anschloss. Das Böse in Groß Schwanzlos war nicht mehr da, die Raben kannten ihren Platz und er, Wolf, konnte mit Groß Schwanzlos und dem Rudel zusammen sein!
    Das Geheul endete. Groß Schwanzlos watete aus dem Wasser und warf sich zum Trocknen ins Gras. Wolf trottete die Schräge hinauf, um zu wittern.
    Er roch viele gute Gerüche, aber zu seinem Verdruss witterte er auch den Geruch der Andersheit. Er trieb über das Runde Nass, war mit einem Mal viel näher als zuvor. Viel aufdringlicher.
    Auch die Raben rochen es und erhoben sich in die Lüfte.
    Wolf sah sie davonfliegen, beschloss aber, ihnen nicht zu folgen. Falls Gefahr im Verzug war, würden sie das Rudel warnen. Dafür waren Raben da.

    Als er Rip und Rek nach Osten davonfliegen sah, fiel Torak ein, dass auch er noch einige Dinge zu erledigen hatte: Er musste einen Unterschlupf für sich herrichten und ein paar Schlingen aufstellen.
    Wolf wusste, noch ehe Torak selbst es wusste, dass sein Rudelgefährte in den Wald gehen würde. Mit einem Schwanzwedeln bedeutete er ihm, dass er verstanden hatte, und sprang wieder zu den Welpen, um mit ihnen zu spielen.
    Torak zog sich die Beinlinge über und machte sich auf zu der Stelle am Bach, wo die Biber fleißig bauten. Er hörte einen flachen Schwanz aufklatschen. Vorsicht! Eindringling! Aber sie hatten eigentlich keine Angst vor ihm, da sie wussten, dass er nur das Holz nehmen würde, das sie selbst nicht brauchten.
    Er wählte drei junge Bäume aus, die sie zwar gefällt, aber nicht hatten wegschleppen können, weil sie sich auf halber Strecke verheddert hatten. Am Lagerplatz der Wölfe baute Torak sich einen Unterschlupf, dessen Seiten er mit Zweigen und Farn abdichtete. Dann machte er sich auf den Weg zu dem schwarzen Strand, wo er seine alte Hütte abriss und sämtliche Spuren seiner Anwesenheit auslöschte.
    Die Wunde in seiner Brust war heiß und tat weh. Er kühlte sie mit gekautem Weidenbast und verband sie mit Lederstreifen aus seinem alten Wams. Als er damit fertig war, zitterte er vor Erschöpfung. Er hatte sich zu viel zugemutet. Offenbar war er noch schwächer, als er gedacht hatte. Also rollte er sich am Fuß der Bäume zusammen und schlief ein.
    Er träumte von Renn. Er spürte ihre Anwesenheit, konnte sie aber nicht sehen. Allerdings konnte er sie hören, so deutlich, als stünde sie direkt hinter ihm.
    »Du musst dich besser um diese Wunde kümmern, Torak«, sagte sie auf ihre scheue, sanfte Art, »sonst wird es noch schlimmer.«
    »Ich lege ein paar Weidenblätter drauf«, sagte er.
    »Sie tut immer noch weh, was? Erinnerst du dich an diese Heilquelle am Nordufer? Geh dort hin und bade darin. Sofort.«
    »Wenn du mit mir kommst«, erwiderte er und hatte Angst, dass sie wieder wegging.
    »Vielleicht«, sagte sie und er hörte ein Lächeln in ihrer Stimme. Doch da verblasste sie auch schon.
    »Komm zurück!«, rief er. »Geh nicht, Renn! Du fehlst mir!«
    »Wirklich?«, rief sie. »Also, du fehlst mir auch!«
    Er wollte sie nicht gehen lassen. Voller Verzweiflung versuchte er, in seinem Traum zu bleiben.
    Stöhnend vor Kummer wachte er auf.
    Die Sonne war von Wolken verdeckt und der Strand lag verlassen da. Torak stapfte zum Ufer hinunter und starrte auf seine Namensseele im Wasser. Er sah das Zeichen des Ausgestoßenen auf seiner Stirn und auf seiner Brust die ausgefranste Wunde der Seelenessertätowierung.
    Einen Nachmittag lang war er auf der Insel glücklich gewesen. Raben, Biber, Otter, Wölfe: Alle hatten ihn akzeptiert. Aber er vermisste Fin-Kedinn und er vermisste Renn.
    Er fragte sich, ob er die beiden jemals wiedersehen würde.

Kapitel 26

    Am Morgen nach dem Hagelschauer ließ Renn den Blick über das felsige kleine Eiland schweifen, auf das der See sie geworfen hatte, und fragte sich, wie im Namen des Geistes sie je von hier wegkommen sollten.
    Am Tag zuvor, als sie sich zwischen die Felsen gekauert hatte, war sie einfach nur froh gewesen, noch am Leben zu sein. Jetzt blickte sie sich bestürzt um.
    Es gab jede Menge Bäume, sodass sie wenigstens genug Feuerholz und Material für einen Unterschlupf hatten, aber sie hätte das gesamte Inselchen in weniger Zeit umrunden können, als sie brauchte, um ein Eichhörnchen zu häuten. Und Eichhörnchen würden zweifellos ihre zukünftige Nahrung darstellen, denn es gab nicht genug Platz für größere Tiere, und alle anderen Inseln waren zu weit entfernt, um

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