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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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nicht unähnlich. Kein Kampf mehr. Keine Trauer mehr.
    Sie verlangsamte ihren Abstieg, orientierte sich an den Konstellationen und richtete beide Hände gen Westen.
    Der Sonnenaufgang lag nun neun Stunden hinter ihr. Und immer fort von der Sonne folgte sie dem Zug der Nacht auf ihrer Reise hin zur anderen Seite der Welt.

4
Die Geschichte von Daniel, dem Günstling des Teufels, oder vom Knaben aus dem Gespräch mit dem Vampir
    Wer sind diese Schatten,
    auf die wir in dem Glauben warten
    sie kämen eines Abends in Limousinen  vom Himmel?
    Die Rose  wüßte es schon
    hat aber keinen Hals
    und kam’s nicht sagen.
    Meine sterbliche Hälfte lacht.
    Der Code und die Botschaft sind nicht dasselbe.
    Und was ist ein Engel?
    Außer ein Geist in Frauenkleidung?
     
    Stan Rice
    Vom Himmel
     
    Er war ein großer, schlanker junger Mann mit aschfarbenem Haar und violetten Augen. Er trug Jeans und ein verschmutztes graues Sweatshirt. Es war fünf Uhr nachmittags, ein eisiger Wind fegte durch die Michigan Avenue. Ihm war kalt.
    Er hieß Daniel Molloy. Er war zweiunddreißig, sah aber jünger aus, eher wie ein ewiger Student als ein Mann. Unterm Gehen murmelte er laut vor sich hin. »Armand, ich brauche dich. Armand, dieses Konzert ist morgen abend. Und etwas Schreckliches wird passieren, etwas Schreckliches…«
    Er hatte Hunger. Seit sechsunddreißig Stunden hatte er nichts mehr gegessen. Der Kühlschrank in seinem kleinen, dreckigen Hotelzimmer war leer, ach ja, außerdem hatte man ihn heute früh vor die Tür gesetzt, da er die Miete schuldig geblieben war.
    Dann erinnerte er sich des Traumes, den er immer wieder hatte, des Traums, der ihn jedesmal heimsuchte, wenn er die Augen schloß, und plötzlich hatte er keinen Hunger mehr.
    Er sah die Zwillinge in dem Traum. Er sah die geröstete Frau vor ihnen, die Haare weggesengt, die Haut knusprig. Ihr Herz lag wie eine aufgeblähte Frucht in einer Schale neben ihr.
    Das Gehirn in der anderen Schale sah genau wie ein gekochtes Hirn aus. Armand mußte darum wissen. Das war alles andere als ein alltäglicher Traum.
    Hatte was mit Lestat zu tun, kein Zweifel. Und bald würde Armand kommen. Gott, er fühlte sich schwach. Brauchte irgendwas, wenigstens was zu trinken. Er hatte kein Geld in seinen Taschen, nur einen alten, zerknüllten Scheck, Honorar für das Buch Gespräch mit dem Vampir, das er unter Pseudonym vor mehr als zwölf Jahren geschrieben hatte.
    Das waren noch Zeiten gewesen, als er als Jungreporter mit seinem Tonband durch die Kaschemmen der Welt gezogen war, um vom Strand- und Treibgut der Nacht ein paar Wahrheiten zu erfahren. Nun, eines Nachts hatte er in San Francisco ein ausgezeichnetes Opfer für seine Recherchen gefunden. Und dann war das Licht des gewöhnlichen Lebens mit einemmal erloschen.
    Jetzt war er am Ende, jemand, der allzu hastig unter einem abendlichen Oktoberhimmel durch Chicago schritt. Letzten Sonntag war er in Paris gewesen und am Freitag zuvor in Edinburgh. Und vor Edinburgh war er in Stockholm gewesen und davor… er konnte sich nicht mehr erinnern. Den Scheck fürs Honorar hatte er in Wien aufgegabelt, aber er hatte keine Ahnung mehr, wie lange das her war.
    Wo immer er auch war, er erfüllte seine flüchtigen Bekanntschaften mit Schrecken. Der Vampir Lestat hatte das einmal in seiner Autobiographie sehr gut ausgedrückt: »Einer jener langweiligen Sterblichen, der Geister gesehen hat…«
    Das war er!
    Wo war das Buch Der Fürst der Finsternis? Aha, jemand hatte es gestohlen, während Daniel sich heute nachmittag auf einer Parkbank zur Ruhe gelegt hatte.
    Sollte er es doch haben. Daniel hatte es ja auch gestohlen — und bereits dreimal gelesen.
    Aber wenn er es jetzt noch hätte, dann könnte er es verkaufen und vielleicht genug für ein wärmendes Glas Brandy herausschlagen. Und wie hoch belief sich momentan sein Reingewinn? Zehn Millionen? Hundert Millionen? Er wußte es nicht. Armand würde es wissen.
    Willst du Geld, Daniel? Ich schaff dir welches herbei. Das geht einfacher als du  denkst.
    Tausend Meilen weiter südlich wartete Armand auf ihrer Privatinsel, der Insel, die Daniel eigentlich allein gehörte. Und wenn er jetzt bloß eine Fünfundzwanzigcentmünze hätte, dann könnte er Armand von einer Telefonzelle aus anrufen und ihm sagen, daß er heimkommen möchte.
    Vom Himmel würden sie kommen, um ihn abzuholen. Hatten sie immer so gemacht. Entweder das große Flugzeug mit dem Schlafzimmer aus Samt oder

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