Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr
Vermögen in der Hand, das einmal mir gehört hatte. Ich haßte ihn um so mehr. Ich haßte ihn, weil er meinen Mann in New York ermordet hatte. Ich haßte ihn, weil er dabei alle Möbel zerschlagen hatte und weil er alles andere aus dem Büro gestohlen hatte. Ich haßte ihn für seine Kleinkariertheit und sein Denken, für seine Rohheit und seine Unverschämtheit.
So saß ich da, trank den abgestandenen Kaffee und dachte an das, was vor uns lag.
Natürlich verstand ich, was James getan hatte, so dumm es auch erschien. Von Anfang an hatte ich gewußt, daß sein Stehlen etwas mit einem tiefen Hunger in seiner Seele zu tun hatte. Und diese Queen Elisabeth 2 war die Welt seines Vaters gewesen, die Welt, aus der er, weil man ihn bei einem Diebstahl ertappt hatte, verstoßen worden war.
O ja, verstoßen, wie die anderen mich verstoßen hatten. Und wie sehr mußte er darauf brennen, mit seiner neuen Macht und seinem neuen Reichtum dorthin zurückzukehren. Wahrscheinlich hatte er alles auf die Stunde genau geplant, kaum daß wir ein Datum für den Tausch verabredet hatten. Ohne Zweifel hätte er, wenn ich ihn versetzt hätte, das Schiff im nächsten Hafen eingeholt. So aber hatte er seine Reise ganz in der Nähe von Georgetown beginnen und vor Auslaufen des Schiffes noch meinen Agenten überfallen können.
Ah, wie er dagesessen hatte in der trüb erleuchteten kleinen Küche in Georgetown, wie er wieder und wieder auf seine Uhr geschaut hatte. Auf diese Uhr hier, meine ich.
Endlich kam David mit dem Notizbuch in der Hand aus dem Schlafzimmer. Alles war arrangiert.
»Es gibt keinen Clarence Oddbody an Bord der Queen Elisabeth l. Wohl aber hat ein geheimnisvoller junger Engländer namens Jason Hamilton nur zwei Tage vor der Abreise des Schiffes aus New York die luxuriöse Queen-Victoria-Suite gebucht. Einstweilen müssen wir annehmen, daß er unser Mann ist. Wir werden weitere Informationen über ihn bekommen, bevor wir in Grenada sind. Unsere Ermittler sind bereits an der Arbeit. Wir selbst haben ab Grenada zwei Penthouse-Suiten auf demselben Deck, auf dem unser geheimnisvoller Freund wohnt. Wir müssen morgen irgendwann an Bord gehen, bevor das Schiff um siebzehn Uhr ausläuft. Unser erstes Flugzeug verläßt New Orleans in drei Stunden. Mindestens eine davon werden wir benötigen, um zwei falsche Pässe bei einem Herrn abzuholen, der mir für diese Transaktion nachdrücklich empfohlen worden ist und der in diesem Augenblick auf uns wartet. Ich habe die Adresse hier.«
»Ausgezeichnet. Und ich habe jede Menge Geld bei der Hand.«
»Sehr gut. Einer unserer Ermittler wird uns in Grenada erwarten. Er ist ein sehr gerissener Mensch, und ich arbeite schon seit Jahren mit ihm zusammen. Er hat die dritte Kabine bereits gebucht - innen, Deck fünf. Es wird ihm auch gelingen, zwei kleine, aber hochkarätige Schußwaffen in diese Kabine zu schmuggeln und auch den Koffer, den wir später brauchen werden.«
»Die Waffen bedeuten nichts für einen Mann, der in meinem Körper herumläuft. Aber freilich, hinterher…«
»Genau«, sagte David. »Nach dem Tausch werde ich eine Waffe brauchen, um mich vor diesem hübschen Körper hier zu schützen.« Er deutete auf mich. »Fahren wir fort. Mein Ermittler wird sich vom Schiff schleichen, nachdem er offiziell an Bord gegangen ist, und er wird uns die Kabine und die Waffen hinterlassen. Wir selbst schiffen uns mit unseren neuen Pässen auf die reguläre Weise ein. Oh, und ich habe auch schon unsere Namen ausgesucht. Leider war das unumgänglich; ich hoffe, es stört Sie nicht. Sie sind ein Amerikaner namens Sheridan Blackwood, und ich bin ein pensionierter englischer Chirurg und heiße Alexander Stoker. Es ist immer das beste, wenn man sich bei solchen kleinen Missionen als Arzt ausgibt. Sie werden schon sehen, was ich meine.«
»Ich bin Ihnen nur dankbar, daß Sie für mich nicht H. P. Lovecraft als Namen ausgesucht haben«, sagte ich mit einem übertriebenen Seufzer der Erleichterung. »Müssen wir gleich los?«
»Ja. Ich habe schon ein Taxi gerufen. Wir müssen uns Tropenkleidung besorgen, bevor wir fahren, denn sonst sehen wir wirklich albern aus. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Wenn Sie jetzt bitte Ihre starken jungen Arme zur Verfügung stellen würden, um mir mit diesem Koffer zu helfen. Ich werde Ihnen für alle Zeit verbunden sein.«
»Ich bin enttäuscht.«
»Weshalb?« Er hielt inne und starrte mich an, und dann wäre er beinahe rot geworden, wie schon einmal an
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