Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Titel: Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
verspreche dir, ich lasse dich in Ruhe.«

Einundzwanzig
    D u lieber Gott, schau doch nur, David.« Ich war soeben aus dem Taxi gestiegen und stand im Gedränge auf dem Kai. Die mächtige blau-weiße Queen Elizabeth 2 war viel zu gewaltig, um in den kleinen Hafen zu kommen. Sie lag ein oder zwei Meilen weit draußen vor Anker - genau konnte ich es nicht schätzen -, und sie war von so monströser Größe, daß sie aussah wie ein Schiff aus einem Alptraum, das starr auf dem unbewegten Wasser der Bucht lag. Nur die endlosen Reihen von Myriaden winziger Fenster verhinderten, daß sie aussah wie das Schiff eines Riesen. Die gemütliche kleine Insel mit ihren grünen Hügeln und dem geschwungenen Strand wuchs ihr entgegen, als wolle sie sie schrumpfen lassen und zu sich heranziehen, doch es war alles vergebens. Erregung durchzuckte mich, als ich die Queen Elisabeth 2 anschaute. Ich war noch nie an Bord eines modernen Schiffes gewesen. Es würde Spaß machen.
    Eine kleine Holzbarkasse, die ihren Namen in stolzen gemalten Lettern trug, an Bord offensichtlich nur ein kleiner Teil ihrer zahlreichen Passagiere, kam auf die betonierte Landungsbrücke zugeschippert, während wir noch hinausschauten.
    »Da ist Jake, vorn im Bug der Barkasse«, sagte David. »Komm, gehen wir ins Café.«
    Wir schlenderten langsam durch die heiße Sonne, bekleidet mit bequemen kurzärmeligen Hemden und Baumwollhosen - zwei Touristen, die an den dunkelhäutigen Händlern mit ihren Muscheln und Lumpenpuppen, winzigen Steeldrums und anderen Souvenirs vorbeispazierten. Wie hübsch die Insel aussah. Die bewaldeten Hügel waren von kleinen Behausungen übersät, und die festeren Gebäude der Stadt St. George’s ballten sich auf dem Steilfelsen, weit links hinter der Biegung des Kais. Das ganze Panorama hatte eine beinahe italienische Färbung mit so vielen dunkel gefleckten, rötlichen Mauern und den rostigen Wellblechdächern, die in der brennenden Sonne eine täuschende Ähnlichkeit mit gebrannten Dachziegeln hatten. Es wäre sicher reizvoll, diesen Ort zu erforschen - ein andermal.
    In dem dunklen Cafe war es kühl; es gab nur ein paar bunt bemalte Tische und geradlehnige Stühle. David bestellte kaltes Flaschenbier, und nach wenigen Minuten kam Jake hereinspaziert - immer noch in Khakishorts und weißem Polohemd - und suchte sorgfältig einen Stuhl, von dem aus er die offene Tür im Auge behalten konnte. Die Welt dort draußen sah aus, als sei sie aus glitzerndem Wasser. Das Bier schmeckte malzig und ziemlich gut.
    »Nun, es ist erledigt«, sagte Jake mit leiser Stimme; seine Miene wirkte starr und abwesend, als wäre er überhaupt nicht bei uns, sondern tief in Gedanken versunken. Er nahm einen Schluck aus der braunen Bierflasche und schob David dann zwei Schlüssel über den Tisch hinweg zu. »Sie hat über tausend Passagiere an Bord. Kein Mensch wird merken, daß Mr. Eric Sampson nicht mehr wiederkommt. Die Kabine ist winzig, eine Innenkabine, wie Sie es verlangt haben, direkt am Korridor, mitschiffs, Deck fünf, wie Sie wissen.«
    »Ausgezeichnet. Und Sie haben zwei Schlüssel besorgt. Gut.«
    »Der Koffer ist offen, die Hälfte des Inhalts auf dem Bett verstreut. Ihre Pistolen sind in den beiden Büchern im Koffer. Hab sie selber ausgehöhlt. Die Schlösser sind auch da. Es dürfte kein Problem für Sie sein, das große an der Tür anzubringen, aber ich weiß nicht, ob das Personal so was gern sieht. Noch mal: Ich wünsche Ihnen viel Glück. Ach, und haben Sie die Nachricht von dem Raubmord gehört, heute morgen oben auf dem Berg? Anscheinend haben wir einen Vampir in Grenada. Hört sich ganz nach Ihrem Spezialgebiet an.«
    »Heute morgen?«
    »Um drei. Gleich da oben auf der Klippe. Das große Haus einer reichen Österreicherin. Alle ermordet. Ziemliche Sauerei. Die ganze Insel redet darüber. Na, ich muß los.«
    Erst als Jake gegangen war, sprach David wieder.
    »Das ist schlecht, Lestat. Um drei Uhr früh haben wir am Strand gestanden. Wenn er auch nur einen Schimmer von unserer Anwesenheit wahrgenommen hat, ist er vielleicht nicht mehr auf dem Schiff. Oder er ist auf uns vorbereitet, wenn die Sonne untergeht.«
    »Er war heute morgen viel zu beschäftigt, David. Außerdem, wenn er unsere Anwesenheit gespürt hätte, dann hätte er in unserem kleinen Zimmer ein Freudenfeuer veranstaltet. Es sei denn, er weiß nicht, wie das geht - aber das können wir einfach nicht wissen. Gehen wir jetzt auf diese verfluchte Schiff. Ich habe keine Lust

Weitere Kostenlose Bücher