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Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Titel: Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Wort, und er spürte, daß mit meinem Verhalten und meiner Sprechweise etwas nicht stimmte. Ich konnte nur hoffen, ihn in Verwirrung zu stürzen, so daß er Ruhe gab.
    Aber der andere, ein großer, gebildeter Engländer, war sehr viel leichter in Bann zu schlagen, und arglos plauderte er die ganze Geschichte vor mir aus.
    Offenbar war Dr. Stoker nicht wirklich Dr. Stoker gewesen, sondern ein Mann aus England namens David Talbot; allerdings hatte er nicht sagen wollen, weshalb er einen falschen Namen angenommen hatte.
    »Wissen Sie, dieser Mr. Talbot hatte eine Waffe mit an Bord gebracht, Sir!« erzählte der große Offizier, während der andere mich weiter mit tiefem, unaussprechlichem Mißtrauen anstarrte. »Natürlich hat diese Organisation in London, diese Talamasca oder wie sie heißen mag, sich überschwenglich entschuldigt, und sie waren ganz erpicht darauf, alles in Ordnung zu bringen. Man hat sich schließlich mit dem Kapitän und mit ein paar Leuten in der Hauptverwaltung von Cunard geeinigt. Es wurde kein Verfahren gegen Mr. Talbot eingeleitet, wenn er bereit wäre, seine Sachen zu packen, sich an Land bringen zu lassen und mit der nächsten Maschine in die Vereinigten Staaten zu fliegen.«
    »Wohin denn da?«
    »Nach Miami, Sir. Ich habe ihn übrigens selbst ins Flugzeug gesetzt. Er hat darauf bestanden, mir eine Nachricht für Sie zu hinterlassen, Sir: Sie sollten ihn, wann immer es Ihnen recht ist, in Miami aufsuchen. Im Park Central Hotel. Er hat es mir gewiß hundertmal eingeschärft.«
    »Ich verstehe«, sagte ich. »Und der Mann, der ihn überfallen hat? Der Mann, auf den er geschossen hat?«
    »Wir haben niemanden gefunden, Sir, obwohl dieser Mann zuvor von vielen Leuten auf dem Schiff gesehen wurde und anscheinend sogar in Mr. Talbots Gesellschaft! Das da drüben ist übrigens die Kabine des jungen Herrn, und ich glaube, Sie waren doch eben drinnen und haben mit dem Steward gesprochen, als wir kamen?«
    »Das Ganze ist höchst verwirrend«, sagte ich, so vertraulich und geheimnisvoll ich nur konnte. »Glauben Sie, dieser braunhaarige junge Mann ist nicht mehr auf dem Schiff?«
    »Wir sind sogar ziemlich sicher, Sir, obwohl es natürlich ganz unmöglich ist, ein Schiff wie dieses vollständig von oben bis unten zu durchsuchen. Die Sachen des jungen Mannes befanden sich noch in der Kabine, als wir sie öffneten. Wir mußten sie selbstverständlich öffnen, nachdem Mr. Talbot darauf bestanden hatte, daß der junge Mann ihn überfallen habe und daß er überdies unter einem falschen Namen reise. Selbstverständlich haben wir sein Gepäck in sichere Verwahrung genommen. Sir, wenn Sie mit mir ins Büro des Kapitäns kommen wollten - ich denke, Sie könnten vielleicht ein wenig Licht in diese Angelegenheit…«
    Ich erklärte eilends, daß ich eigentlich überhaupt nichts über all das wisse; ich sei zur fraglichen Zeit nicht in der Kabine gewesen. Ich sei gestern in Grenada an Land gegangen, ohne zu wissen, daß die beiden an Bord gekommen seien. Und in Barbados sei ich gleich heute früh zu einer Besichtigungstour aufgebrochen, die den ganzen Tag über gedauert habe, so daß ich von der Schießerei gar nichts mitbekommen hätte.
    Aber all mein ruhiges, raffiniertes Gerede war nur Tarnung für den Überredungszauber, den ich die ganze Zeit auf sie wirken ließ: Sie müßten mich jetzt verlassen, damit ich mich umziehen und ein bißchen ausruhen könnte.
    Als ich die Tür hinter ihnen schloß, wußte ich, daß sie unterwegs zum Kapitän waren und daß ich nur ein paar Minuten Zeit hatte, bevor sie zurückkehrten. Es machte eigentlich nichts. David war in Sicherheit; er hatte das Schiff verlassen und war nach Miami gereist, wo ich mich mit ihm treffen sollte. Mehr hatte ich nicht wissen wollen. Gottlob hatte er sofort einen Flug bekommen und Barbados verlassen. Denn nur der Himmel wußte, wo James in diesem Augenblick sein mochte.
    Was Mr. Jason Hamilton anging, dessen Paß ich in der Tasche hatte, so besaß er immer noch einen Schrank voller Kleider in dieser Suite, und ich gedachte mir sofort ein paar davon anzuziehen. Ich legte das zerknitterte Dinnerjackett und den anderen Abendstaat ab - Vampirstaffage par excellence und suchte mir ein Baumwollhemd, ein anständiges Leinenjackett und eine Hose heraus. Selbstverständlich war mir alles vorzüglich auf den Leib geschneidert. Sogar die Leinenschuhe paßten bequem.
    Ich nahm den Paß mit und auch eine beträchtliche Summe in amerikanischen Dollars, die

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