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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Verachtung dafür hatte. Denen, die der Kirchenhierarchie angehörten, kamen mir fremd und geheimnisumwittert vor. Wir waren Einzelgänger und standen im Widerspruch zur Kirche. Da wir eine weltliche Gesinnung einnahmen, wenn wir auch uralt waren, konnten wir niemals auf die Kooperation oder auf Verständnis von Seiten der Katholischen Kirche hoffen.
    Nachdem der Mann fort war und Aaron sein höfliches, gedämpftes Gespräch mit der alten Frau fortsetzte, hatte ich endlich eine Gelegenheit, den Schrein gründlich zu betrachten. Er war aus Ziegeln gebaut und stieg in steilen Stufen zu einer breiten Altarfläche an, auf die man eventuelle Opfergaben legen konnte. Große Heiligenfiguren aus Gips standen dicht gereiht darauf. Ich erkannte sofort den heiligen Petrus, den Papa Legba des hawaiischen Voodoo-Kultes, und eine Heilige auf einem Pferd, die die heilige Barbara zu sein schien, stand wohl für Chango von Xando, eine Gestalt des Candomble; wir hatten damals immer eine Statue des heiligen Georg dafür benutzt. Die Mutter Maria war da, als Karmeliterin gekleidet, sie nahm den Platz für Ezili, eine Voodoo-Göttin, ein; zu ihren Füßen lag ein ganzes Häufchen Blumen, und anscheinend hatte sie die meisten Kerzen bekommen, die alle auf dem Grund der Gläser flackerten, als eine Brise durch den Raum strich.
    Da stand auch der heilige Martin von Porres, der schwarze Heilige aus Südamerika, mit seinem Besen und neben ihm der heilige Patrick, dessen Blick nach unten auf die fliehenden Schlangen zu seinen Füßen gerichtet war. Sie alle hatten ihren entsprechenden Platz in der heimlichen Religion, die von den Sklaven der beiden amerikanischen Kontinente so lange Zeit genährt worden war. Zettelchen mit allen möglichen kuriosen Bittgebeten lagen vor den Statuen auf dem Altar, und auf den Stufen davor standen diverse Dinge im Verein mit Tellern voller Vogelfutter, Getreide und Speisen, die schon verdorben waren und streng rochen.
    Je länger ich das Ganze begutachtete, desto mehr entdeckte ich, wie etwa die herrliche Figur der schwarzen Madonna mit dem weißen Jesuskind im Arm. Viele kleine verschnürte Beutel lagen dort, und einige teuer aussehende Zigarren, die noch in ihren Hüllen steckten, wurden wohl für zukünftige Opferrituale verwahrt, vermutete ich. An einem Ende des Altars standen mehrere Flaschen Rum.
    Es war ganz sicher einer der größten Altäre dieser Art, die ich je gesehen hatte, und es wunderte mich nicht, dass die verdorbenen Speisen teilweise schon von Ameisen wimmelten. Es war scheußlich und irritierend, stärker noch als Merricks provisorische Opfergabe letztens in dem Hotel. Selbst meine brasilianischen Erfahrungen mit Candomble machten mich nicht immun gegenüber dem feierlichen, primitiven Spektakel hier. Ich denke im Gegenteil, dass mich diese Erfahrungen in jeder Hinsicht anfälliger für Furcht machten. Vielleicht ohne mir dessen bewusst zu sein, schob ich mich tiefer in den Raum, näher an den Altar heran, so dass die alte Frau auf ihrem Krankenlager nicht mehr in meinem Blickfeld war. Abrupt schreckte mich ihre Stimme aus meinen Betrachtungen auf. Ich drehte mich um und sah, dass sie sich aufgerichtet hatte, was mir aufgrund ihrer Gebrechlichkeit kaum glaublich schien. Merrick hatte ihre Kissen aufgeschüttelt, so dass sie diese Stellung beibehalten konnte, während sie sprach.
    »Candomble-Priester«, sprach sie mich an, »Oxalá geweiht.« Da hatten wir es, sie erwähnte genau meinen Gott. Ich war so erstaunt, dass ich nicht reagieren konnte.
    »Sie kamen nicht in meinem Traum vor, Engländer«, fuhr sie fort. »Sie sind schon im Dschungel gewesen, auf Schatzsuche.«
    »Schätze, Madam?«, gab ich zurück, und meine Gedanken waren nicht schneller als meine Worte. »Eigentlich keine Schätze im üblichen Sinn. Nein, das niemals.«
    »Ich folge meinen Träumen«, sagte die alte Frau, während sie ihre Augen so fest auf mich geheftet hielt, dass es schon bedrohlich wirkte, »deshalb übergebe ich Ihnen dieses Kind. Aber hüten Sie sich vor ihrer Blutslinie. Sie stammt von einer Reihe von Hexenmeistern ab, die stärker sind als Sie.«
    Wieder war ich erstaunt. Ich stand ihr gegenüber. Aaron war aus seinem Stuhl aufgestanden, um nicht im Weg zu sein. »Sie haben den Einsamen Geist beschworen, nicht wahr?«, fragte sie mich. »Haben sich im brasilianischen Dschungel ein bisschen Angst eingejagt?«
    Es war ganz unmöglich, dass die Frau so etwas über mich wissen konnte. Nicht einmal Aaron

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