Chroniken der Unterwelt Bd. 4 City of fallen Angels
die Mango und warf sie in den Einkaufswagen. »Na klasse. Und was isst du sonst noch gern?«
Jace dachte einen Moment nach. »Tomatensuppe«, sagte er schließlich.
»Tomatensuppe? Du willst Tomatensuppe und eine Mango zum Abendessen?«
Jace zuckte die Achseln. »Eigentlich ist es mir ziemlich egal, was ich esse.«
»Okay. Wie du willst. Warte hier. Ich bin gleich wieder zurück.« Schattenjäger!, schnaubte Simon innerlich, während er in einen Gang mit Suppendosen einbog. Die Nephilim waren eine bizarre Mischung aus Millionären — Leuten, die sich nie um die banalen Dinge des Lebens zu kümmern brauchten, wie den Einkauf von Lebensmitteln oder die Benutzung eines Fahrkartenautomaten in der U-Bahn — und Elitesoldaten, mit ihrer strengen Selbstdisziplin und dem ständigen Training. Aber vielleicht fiel es ihnen ja leichter, mit Scheuklappen durchs Leben zu gehen, überlegte Simon, während er eine Suppendose aus dem Regal nahm. Vielleicht half ihnen das, sich auf das große Ganze zu konzentrieren — was angesichts der Tatsache, dass ihr Job vornehmlich darin bestand, die Welt vor dem Bösen zu schützen, durchaus ein guter Grund sein konnte.
Als er sich wieder dem Gang näherte, in dem er Jace zurückgelassen hatte, empfand er beinahe Mitgefühl für den Schattenjäger, doch dann hielt er inne. Jace lehnte gegen den Einkaufswagen und drehte irgendetwas in den Händen. Aus der Entfernung konnte Simon nicht erkennen, worum es sich handelte, aber er kam auch nicht näher an ihn heran, weil zwei Teenagermädchen den Weg blockierten: Sie standen eng nebeneinander in der Mitte des Gangs und kicherten und tuschelten auf typisch mädchenhafte Weise. Offensichtlich sollte ihre Kleidung — hochhackige Schuhe, kurzer Rock und Push-up-BH, aber keine Jacke gegen die Kälte — den Eindruck erwecken, sie wären bereits volljährig.
Sie rochen nach Lipgloss. Lipgloss und Babypuder und Blut.
Natürlich konnte Simon sie hören, trotz ihrer Flüsterstimmen. Sie redeten über Jace — wie scharf er sei — und forderten sich gegenseitig auf, zu ihm zu gehen und ihn anzusprechen. Außerdem diskutierten sie seine Frisur und seine Bauchmuskulatur, obwohl Simon nicht ganz verstand, wie sie diese durch das T-Shirt hindurch überhaupt sehen konnten. Oh Mann, dachte er, das ist echt lächerlich. Und er wollte sich gerade mit einem gemurmelten »Entschuldigung« an ihnen vorbeidrängen, als die größere der beiden sich ein Herz fasste und zu Jace schlenderte, wobei sie auf ihren Plateau-Pumps leicht schwankte. Jace schaute hoch, als sie vor ihm stehen blieb, und musterte das dunkelhaarige Mädchen misstrauisch. Einen Augenblick lang überkam Simon die plötzliche Panik, dass der junge Schattenjäger das Mädchen vielleicht für eine Vampirin oder eine Art Sukkubus hielt und eine seiner Seraphklingen zücken würde und sie dann beide verhaftet würden.
Doch diese Sorge war überflüssig, denn Jace hob nur eine Augenbraue. Die Dunkelhaarige hauchte ihm atemlos irgendetwas zu, woraufhin er die Achseln zuckte; dann drückte sie ihm etwas in die Hand und eilte zu ihrer Freundin zurück. Und im nächsten Moment wankten die beiden kichernd aus dem Laden.
Simon ging zu Jace und legte die Suppendose in den Wagen. »Äh, was war das denn gerade?«
»Ich glaube, sie hat mich gefragt, ob sie mal meine Mango anfassen dürfe«, erklärte Jace.
»Das hat sie ernsthaft gesagt?«
Jace zuckte nur die Achseln. »Ja und dann hat sie mir ihre Telefonnummer gegeben.« Er zeigte Simon den Zettel mit einem Ausdruck totaler Gleichgültigkeit und warf den Papierschnipsel anschließend in den Einkaufswagen. »Können wir jetzt gehen?«
»Du wirst sie doch wohl nicht anrufen, oder?«
Jace starrte Simon an, als habe dieser vollends den Verstand verloren.
»Vergiss es einfach«, murmelte Simon. »Das passiert dir ständig, oder? Dass Mädchen dich einfach anquatschen?«
»Nur, wenn ich keinen Zauberglanz angewendet habe.«
»Ja, klar, denn dann können die Mädchen dich schließlich nicht bemerken, weil du unsichtbar bist.« Simon schüttelte den Kopf. »Du bist eine Gefahr für die Öffentlichkeit. Eigentlich dürfte man dich gar nicht allein auf die Straße lassen.«
»Eifersucht ist solch eine hässliche Gefühlsregung, Lewis«, erwiderte Jace und grinste derart spöttisch, dass Simon ihm unter normalen Umständen am liebsten eine verpasst hätte. Doch nicht in dieser Situation, da er gerade erkannt hatte, womit Jace die ganze Zeit spielte,
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