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Chronos

Titel: Chronos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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war grauhaarig und etwa in Grandma Peggys Alter. Sie trat zu Catherine und sagte: »Ich bin Nancy Horton, eine Freundin Ihrer Großmutter. Ich wollte Ihnen nur sagen, wie leid es mir tut.«
    »Danke sehr«, sagte Catherine. Offenbar gehörte es zu einem Todesfall, dass man sich bei vielen Menschen bedankte.
    »Ich kenne Peggy von vielen Einkaufstouren, die wir unternahmen. Sie fuhr immer noch Auto, müssen Sie wissen. Ich fahre nicht, wenn ich es irgendwie vermeiden kann. Sie nahm mich immer mit zum Einkaufszentrum am Highway. Gewöhnlich mittwochs. Wir unterhielten uns auch. Obgleich sie nie viel redete. Ich hab sie sehr gemocht. Sie sind sicherlich Catherine.«
    »Ja.«
    »Werden Sie ins Haus ziehen?«
    »In Grandmas Haus? Für eine Weile. Vielleicht den Sommer über.«
    »Nun, ich wohne nicht weit weg, falls Sie irgendetwas brauchen.« Sie schaute auf die Urne in Catherines Hand. »Ich habe von Feuerbestattungen keine Ahnung. Es erscheint mir so ... oh, es tut mir leid. Ich sollte das nicht sagen, nicht wahr? Aber es scheint so wenig übrig zu bleiben.«
    »Es ist schon in Ordnung«, sagte Catherine. »Das ist nicht Grandma Peggy. Wir haben schon lange vor ihrem Tod darüber gesprochen. Das ist nur Asche.«
    »Natürlich«, sagte Nancy Horton. »Behalten Sie sie? Ach, immer meine Neugier! Es tut mir leid ...«
    »Grandma liebte den Wald hinter ihrem Anwesen«, sagte Catherine. »Sie bat mich, ihre Asche dort zu verstreuen.« Sie nahm die Urne schützend in die Armbeuge. »Das werde ich auch tun.«
    Natürlich könnte sie das Haus nicht halten. Es war ein großes altes Haus an der Post Road und weitab von jedem Ort, an dem Catherine wohnen wollte, obgleich sie Belltower manchmal richtig gern hatte. Sobald das Testament eröffnet worden war, würde sie wahrscheinlich das Grundstück und alles, was dazu gehörte, verkaufen. Jedenfalls äußerte sie sich in diesem Sinne gegenüber Dick Parsons, der ihr die Telefonnummer einer örtlichen Immobilienagentur gegeben hatte. Einer der Makler war mit ihr vor dem Bestattungsunternehmen verabredet.
    Der Mann wartete schon vor dem Gebäude und stellte sich als Doug Archer vor. Catherine lächelte und schüttelte ihm die Hand. »Heute scheint jeder etwas ganz anderes zu sein, als seine äußere Erscheinung vermuten lässt«, stellte sie fest.
    »Wie bitte?«
    »Der Bestattungsunternehmer sieht nicht aus wie ein Bestattungsunternehmer. Und Sie sehen nicht aus wie ein Immobilienmakler.«
    »Ich betrachte das als Kompliment«, sagte Archer.
    Aber es stimmt, dachte Catherine. Er war etwas zu jung und etwas zu sorglos, was seine Kleidung betraf. Er trug hohe Reebok-Basketballschuhe, die nur halb geschnürt waren, und er grinste wie ein Achtjähriger. Er sagte: »Haben Sie noch immer die Absicht, das Haus zu verkaufen?«
    »Auf jeden Fall«, sagte Catherine. »Ich weiß nur noch nicht, wann. Ich denke nämlich daran, den Rest des Sommers hier zu verbringen.«
    »So schnell dürfte es mit dem Verkauf sowieso nicht gehen. Das Geschäft läuft im Augenblick etwas schleppend, und hinzu kommt, dass die Häuser draußen an der Post Road ziemlich abseits stehen. Aber ich bin sicher, wir werden über kurz oder lang einen Käufer finden.«
    »Ich habe es nicht eilig. Dick Parsons sagte, Sie wollten sich das Haus bestimmt noch einmal ansehen, oder?«
    »Es wäre eine Hilfe, wenn wir einen Preis festsetzen. Wollen Sie einen Termin machen? Ich kann auch heute kommen ...«
    »Heute ist gut. Ich muss erst noch in Mr. Parsons' Büro die Schlüssel holen, aber später können Sie vorbeikommen, wenn Sie wollen.«
    »Wenn es Ihnen recht ist ...« Er sah auf die Uhr. »Gegen drei?«
    »Gerne.«
    »Das mit Ihrer Großmutter tut mir leid, Miss Simmons. Ich betreue eine ganze Reihe Häuser oben an der Post Road, daher hatte ich Gelegenheit, ein- oder zweimal mit ihr zu reden. Sie war eine außergewöhnliche Frau.«
    Catherine lächelte. »Ich kann mir vorstellen, dass sie für Immobilienmakler nicht viel übrig hatte.«
    »Nein, überhaupt nichts«, sagte Doug Archer.
    Catherine ließ sich die Schlüssel aushändigen, unterschrieb einige Schriftstücke, bedankte sich noch einmal, dann machte sie sich auf den Weg zu Grandma Peggys Haus.
    Die Erinnerung an Ferien war für Catherine eng mit dieser Straße verknüpft. Als sie ein kleines Mädchen gewesen war, fuhren sie im Kombi ihres Vaters von Bellingham herunter, kurvten durch Belltower bis zum Fuß des Post-Road-Hügels, dann weiter durch einen langen

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