Chronos
Korridor würzig duftender Fichten bis zur Tür von Grandma Peggys Haus. Zu Grandma Peggy, die köstliche Mahlzeiten kochte, die wunderbare und respektlose Dinge sagte und deren Anwesenheit einen magischen Frieden zwischen Catherines Mutter und ihrem Vater sicherte. In Grandma Peggys Haus durfte niemand rauchen, und niemand durfte Streit anfangen. »Alles andere ist erlaubt. Aber ich will nicht, dass das ganze Haus nach Tabak stinkt, und ich will keine Streitereien – beides vergiftet nämlich die Luft. Ist es nicht so, Catherine?«
Die Post Road hatte sich nicht sehr verändert. Sie war immer noch dieser grüne, dunkle, wie verzaubert erscheinende Korridor – der Highway und die Einkaufszentren schienen Tausende von Meilen weit weg zu sein. Die Häuser an der Post Road waren kaum mehr als vorgeschobene Außenposten in dieser Wildnis, dachte Catherine, wie sie auf den kleinen Landschaftsparzellen standen, einige großartig, die anderen eher bescheiden, aber stets im Schatten üppiger Douglasfichten.
Grandma Peggys Haus auf der Hügelkuppe war das einzige dieser Häuser mit Aussicht. Das Gebäude war ein altes, großzügiges viktorianisches Holzhaus, zwei Stockwerke hoch mit einem Giebeldach samt Speicher. Grandma Peggy hatte immer sorgfältig darauf geachtet, dass es regelmäßig frisch gestrichen und ausgebessert wurde. Anderenfalls, so sagte sie gerne, glaubte das Unkraut noch, es könne sich ungehindert ausbreiten. Das Haus war von Grandma Peggys Vater erbaut worden, einem Klavierbauer, den Catherine aber nicht gekannt hatte. Die Vorstellung, das Anwesen zu verkaufen – nie wieder dorthin zurückkehren zu können –, kam ihr vor wie ein schlimmes Sakrileg. Aber natürlich wäre sie allein in dem Haus völlig verloren gewesen.
Sie parkte den Wagen und schloss die imposante Haustür auf. Vorerst ließ sie ihre Farben, sonstigen Utensilien und Vorräte im Kofferraum des Wagens. Wenn sie den Sommer über hierblieb – die Idee erschien ihr immer reizvoller –, könnte sie sich ein Studio in dem sonnendurchfluteten Zimmer einrichten, das nach hinten zum Wald hinaussah. Oder im Gästezimmer, wo man durch das Erkerfenster den fernen Ozean sehen konnte.
Jedoch im Augenblick war es noch immer Grandma Peggys Haus, unaufgeräumt am Ende eines offenbar strapaziösen Tages. Krümel lagen auf der Anrichte, und die Zimmerfeige ließ in einem Topf voll ausgetrockneter Erde die Blätter hängen. Catherine wanderte ziellos durch einige dieser Räume, dann ließ sie sich vor dem Fernseher auf die Polstercouch fallen. Grandma Peggys TV Guide lag aufgeschlagen auf dem Beistelltisch. Das Magazin war eine Woche alt.
Natürlich bleibe ich den Sommer hier, dachte Catherine. So lange würde es schon dauern, Grandma Peggys Eigentum zu sichten und den Verkauf zu arrangieren. All das hatte sie nicht erwartet. Sie hatte aufgrund einer nicht näher zu erklärenden Logik angenommen, dass Grandma Peggys Besitztümer genauso verschwunden wären wie Grandma Peggy selbst, eingegangen in die Urne, die nun vor der Haustür stand. Aber vielleicht war das der Punkt, an dem die wahre Trauer begann: beim Sortieren all dieser Briefe, Uhren, Kleider, künstlichen Gebisse – eine letzte brutale Intimität.
Catherine streifte ihre Schuhe ab, machte es sich auf dem Sofa bequem und hielt ein Nickerchen, bis Doug Archer an die Tür klopfte.
Ehe er sich verabschiedete, sagte Doug Archer etwas sehr Seltsames.
Ansonsten war sein Besuch angenehm verlaufen. Er war sehr freundlich, und sein Interesse schien aufrichtig zu sein, mehr als nur geschäftsmäßig. Er erkundigte sich nach ihrer Arbeit. Catherine war sehr zurückhaltend, was ihre Malerei anging, obgleich sie angefangen hatte, durch Ausstellungen in zwei kleinen Galerien in Seattle ein wenig Geld zu verdienen. Sie hatte auf dem College Kunstkurse besucht, doch was sie produzierte, war vorwiegend intuitiv, sehr persönlich und akribisch gemalt. Sie arbeitete mit Acrylfarben und machte manchmal auch Collagen. Ihre Motive waren gewöhnlich sehr klein – ein Laubblatt, ein Wassertropfen, ein Marienkäfer –, aber ihre Formate waren sehr groß, impressionistisch und mit Farbwolken aus Acryl bedeckt. Nach ihrer letzten Ausstellung in Seattle schrieb ein Kritiker, sie »scheine aus der Farbe das Licht herauszulocken«, was ihr sehr gut gefiel. Aber das erzählte sie Archer nicht; nur dass sie male und daran denke, im Sommer hier zu arbeiten. Er sagte, er würde sich gerne mal einige ihrer Werke
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