Chuzpe: Roman (German Edition)
lieber etwas anderes.«
»Ich will Pfannkuchen«, sagte Walentyna.
»Okay, okay«, sagte Edek.
»Ich nehme noch etwas Obstsalat«, sagte Ruth.
Ruth rief Garth an. Sie hatte am Wochenende mit ihm gesprochen und ihm von Edeks, Zofias und Walentynas Vorhaben erzählt. Er war nicht überrascht gewesen.
»Nichts, was dein Vater tut, könnte mich überraschen«, hatte Garth gesagt. »Er ist einfach wunderbar. Wer sonst käme in seinem Alter auf die Idee, ein Geschäft aufzumachen, und noch dazu ein Restaurant? Das wird ihn wochenlang beschäftigen.«
»Du glaubst also nicht, daß irgend etwas dabei herauskommen wird«, hatte Ruth gesagt.
»Nein«, hatte Garth gesagt. »Wenn man in New York ein Restaurant aufmachen will, muß man sich auskennen. Und man braucht einen Geldgeber.«
Jetzt mußte Ruth Garth anrufen und ihm eröffnen, daß Edek, Zofia und Walentyna möglicherweise noch immer nicht wußten, was sie taten, aber einen Geldgeber gefunden hatten. Sie. Ruth fragte sich, ob Garth schockiert sein würde. Er war ziemlich schockresistent. Sie selbst war ein bißchen schockiert gewesen angesichts ihres Entschlusses, dreißigtausend Dollar auszugeben. Dann hatte sie sich von dem Schock erholt. Selbst wenn das Vorhaben Edeks, Zofias und Walentynas nichts weiter sein würde als ein versuchtes Vorhaben, ein glückloses Vorhaben oder ein gescheitertes Vorhaben, was mehr als wahrscheinlich war, wäre es das wert. Edek war so voller Vorfreude. Und mit siebenundachtzig voller Vorfreude auf etwas zu sein war keine schlechte Sache. Das wollte sie ihm nicht nehmen. Und sollte das Vorhaben, Tausende von Klopsen zu verkaufen, schiefgehen,dann würde Edek darüber hinwegkommen, davon war sie überzeugt. Er würde zahllose Theorien und Erklärungen und Argumente zur Hand haben, warum das Vorhaben keine Chance gehabt hatte. Keiner der Gründe würde mit Fehlern oder Irrtümern der drei Unternehmer zusammenhängen. Edeks Glaube an das Vorhaben bliebe unerschüttert. Ruths Vater war widerstandsfähig. Nur was wäre, fragte sie sich plötzlich, wenn er völlig unerschüttert aus dem Debakel hervorginge? Was wäre, wenn er mit einem neuen Plan aufwartete? Der vorliegende Plan war in Rekordzeit erdacht und in die Tat umgesetzt worden. Für einen kurzen Moment stellte sie sich eine ganze Reihe unvorstellbar irrsinniger Geschäftsideen vor. Dann beschloß sie, sich nur mit der jeweils aktuellen zu beschäftigen.
Garth nahm den Hörer ab. Ruth riß sich zusammen. Sie erzählte Garth, daß Edek einen Betrag genannt hatte, den die drei für ihr Fleischklopsimperium benötigten. »Dreißigtausend Dollar«, sagte sie.
»Dreißigtausend Dollar, um ein Restaurant zu eröffnen?« sagte Garth. »Für dreißigtausend Dollar kann man in New York vermutlich eine Flasche Wein bekommen. Aber ein Restaurant kann man für dieses Geld nicht eröffnen.«
»Mein Dad hatte alle Zahlen auf drei Blatt Papier notiert«, sagte Ruth.
»Was für Zahlen?« fragte Garth.
»Das weiß ich nicht. Ich wollte nicht zu neugierig sein. Eine der Rubriken hieß ›Küchenutensilien‹. Und eine Toilette war auch im Budget vorgesehen. Mein Dad hatte drei Blatt Papier vor sich ausgebreitet. Ich glaube, er hat viel Zeit damit verbracht, die Zahlen aufzuschreiben.«
»Du lieber Himmel«, sagte Garth.
»Sie haben einen polnischen Installateur und einen polnischen Schreiner aufgetrieben«, sagte Ruth. »Und irgendwelcheArchitekturstudenten haben Pläne für sie gezeichnet. Ich habe ihnen das Geld gegeben.«
»Du hast ihnen das Geld gegeben?« sagte Garth.
»Ich habe meinem Vater die dreißigtausend gegeben«, sagte Ruth. Garth lachte. »Findest du das komisch?« sagte sie.
»Ich finde es allerdings komisch«, sagte Garth.
»Ich finde es eher meschugge«, sagte Ruth.
»Ich kann mir deinen Vater einfach nicht als Chefkoch vorstellen«, sagte Garth.
»Das wird er auch nicht sein«, sagte Ruth. »Er wird eher eine Art Oberkellner sein, der über dem Fleischklopspalast mit seinen sieben oder acht oder zehn Tischen das Zepter schwingt. Das mit dem Geld macht dir doch nichts aus?« sagte Ruth.
»Nicht die Spur«, sagte Garth. »Wir haben schon wesentlich mehr Geld für komplett sinnlose Anschaffungen ausgegeben.«
»Was heißt hier: wir?« sagte Ruth. »Meinst du mich? Meinst du die sinnlosen Mengen von Fernsehgeräten, Video- und DVD-Playern, Telefonen, Faxmaschinen und was sonst noch, die über unsere Schwelle getragen wurden?«
Sie wußte, daß sie diejenige war, die
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