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Chuzpe

Chuzpe

Titel: Chuzpe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
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Gesicht nahm einen verschwörerischen Ausdruck an. Sie sah nach links und rechts, als bestünde die Gefahr ungebetener Zuhörer, und fuhr dann flüsternd fort: „Sie hat wen Neuen kennengelernt, die Hanni. Der war ned so ein abg’rissener Haderlump wie der Eisenbahner, der war etwas Ordentliches. Und in den war’s bis über beide Ohren verliebt, die Hanni. Die Schweinereien von dem Plachutta sind ihr immer schon auf die Nerven gegangen, aber sie hat s’ g’schluckt, solang sie noch keine Alternative g’habt hat. Aber wie dann der Neue aufgetaucht ist, da wollt sie den Eisenbahner einfach nur mehr loswerden, und das ist halt am besten damit gegangen, dass sie ihn wegen seine … Vorlieben … ang’spitzt hat.“
    Also war doch noch ein zweiter Mann im Spiel. „Ein Neuer? Hatte der auch einen Namen?“
    „Sehen S’, Herr Major, genau das ist das Problem. Da kann ich Ihnen leider gar nicht weiterhelfen. Sie hat immer nur von ihrem Märchenprinzen g’redet. Viel Geld hat er, hat sie erzählt, und noch viel mehr würd’ er erben, hat sie g’meint. Sonst hat s’ aber nix g’sagt, ned amoi einen Vornamen. I weiß nur, dass s’ ihn noch von früher, von vorm Krieg kennt hat.“
    „Und seit wann ist das schon so gegangen?“
    „Überhaupt ned lang. Sie hat ihn erst Anfang November wieder getroffen g’habt. Grad amoi a Woche bevor … na, bevor das passiert ist, ned. Sie hat sich zweimal mit ihm getroffen. Am 4. und am 5., und am Mittwoch wollt s’ ihn zum dritten Mal treffen. Ich weiß aber leider nicht, wo, und ich kann Ihnen auch nicht sagen, ob sie ihm dann tatsächlich noch begegnet ist, des arme Hascherl.“
    Bronstein war sehr zufrieden mit den Auskünften des Fräulein Dora. „Sie machen das hervorragend, Fräulein. Eine allerletzte Frage hätte ich noch. Wissen Sie vielleicht, wo sich die beiden getroffen haben?“
    „Leider. Ich hab nicht die geringste Ahnung. Aber einmal hat mir die Hanni g’sagt, wenn s’ einmal ihren Traumprinzen trifft, dann will s’, dass er sie in den Silberwirten ausführt. Das is so ein gehobenes Lokal am Margaretenplatz, gleich dort, wo sie wohnt … g’wohnt hat. Sie wissen schon, Herr Major, bürgerliche Küche und all das.“
    Bronstein pfiff durch die Zähne. Das konnte ein echter Hinweis sein, eine erste Spur abseits jener, die sich bisher als Sackgassen erwiesen hatten. Er fasste spontan einen Plan. Dem Fräulein Dora dankte er wortreich, dann entfernte er sich eilig und begab sich auf direktem Wege in das Haus, in dem die Feigl gewohnt hatte. Dort ließ er sich von der Hausmeisterin nochmals die Wohnung der Feigl aufschließen und nahm das Fotoalbum an sich. Mit diesem ausgestattet, legte er die wenigen Meter zum Silberwirt zurück, um sich beim Personal der Gastwirtschaft danach zu erkundigen, ob die Feigl dort gesehen worden war.
    Als er das Lokal betrat, war es praktisch noch vollkommen leer. An einem Tisch saß der Kellner und las eine Zeitung, eine Schankhilfe war damit beschäftigt, die Arbeitsflächen zu reinigen. Bronstein wünschte beim Eintreten einen guten Tag. „
    Womit kann ich dienen?“, wurde er gefragt.
    Bronstein verkniff es sich, noch einmal den Spruch mit der Auskunft zu bemühen, und sagte stattdessen, er sei auf der Suche nach einer Frau.
    „Sind wir das nicht alle?“, entgegnete der Kellner und grinste breit.
    „Wozu in die Ferne schweifen, das Gute liegt so nah“, replizierte Bronstein und deutete mit der linken Hand auf dieSchankhilfe, die darob hold errötete. Das Lächeln des Kellners erstarb, und mit kalter Stimme tönte er: „Wir san ka Heiratsvermittlung.“
    „Wenn Sie die Güte hätten, sich dieses Bild einmal anzusehen. Vielleicht haben Sie diese Frau hier schon einmal gesehen?“
    Der Kellner zögerte, doch als Bronstein seine Kokarde hob, wurde er sehr schnell kooperativ und betrachtete die Fotografie mit größtmöglicher Aufmerksamkeit.
    „Tut mir echt leid, Herr Inspektor, aber mir sagt das G’sicht nix.“
    „Sie soll in der Vorwoche zwei- oder dreimal dagewesen sein“, beharrte Bronstein, „vermutlich in männlicher Begleitung.“
    „Also bei mir nicht“, blieb der Kellner bei seiner Aussage, „an das Gesicht hätt ich mich erinnert. A fesches Madl, ka Frag’ ned. Aber ich mach die Tagschicht. Vielleicht war sie ja am Abend da.“
    Bronstein nickte. „Am Abend, ja.“
    „Dann müssen S’ den Schani fragen. Der ist der Abendkellner. Aber der kommt erst um sechs.“
    Bronstein blickte instinktiv auf die

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