Cinderellas letztes Date
zugedröhnt.“
„Wie bitte?! Clarissa nahm keine Drogen.“
„Denkst du.“
„Also nun hör mal …“, legte Ruby los, um ihre Verteidigungsrede dann abrupt abzubrechen. Bei dem, was sie über die „andere Clarissa“ erfahren hatte, wunderte sie sich langsam über nichts mehr. Sie seufzte. „Wieso kennt meine Familie das Ergebnis des Obduktionsberichts nicht?“
„Deine Eltern kennen es. Jack hat ihnen eine Kopie des Berichts gegeben. Und dein Bruder hat ihn auch gelesen.“
Ruby starrte ihn an. Ihre Eltern und auch Brad hatten kein Wort darüber verloren. „Wenn sie es wissen, warum wird der Fall nicht neu aufgerollt und der Mörder gesucht?“
„Weil der Gerichtsmediziner kein Fremdverschulden festgestellt hat. Und Sheriff Warden der Meinung ist, dass Clarissa sehr wohl in der Lage war, sich im Rausch aufzuhängen. Jack glaubt an eine Kurzschlussreaktion. Er meinte zu mir: ‚Billy, viele, vor allem junge Menschen reagieren impulsiv. Vielleicht hat sie sich aus unglücklicher Liebe oder aufgrund von Depressionen umgebracht. Das habe ich auch Richter Cartwright gesagt.‘ Ich kenne zwar die gesellschaftlichen Verbindungen in deiner Heimatstadt nicht, aber sie werden in Ashbury nicht anders sein als sonst wo auf der Welt. Überall wirft der Selbstmord eines Kindes ein schlechtes Licht auf die Familie. Und wenn der Vater auch noch ein Richter ist und Hintergrunddetails über die Tat herauskommen, die von einem Freitod unter Drogeneinfluss zeugen, schadet das dem Ansehen privat und beruflich noch mehr. Also wird die Sache unter den Teppich gekehrt. Denn die Tote wird so oder so nicht mehr lebendig.“
Ruby presste die Lippen zusammen und rang um Fassung. Ohne dass Billy ihre Familie kannte, hatte er ins Schwarze getroffen. Ihrer Mom und ihrem Dad ging es stets darum, was die anderen dachten. Dabei war das so unwichtig.
Endlich verstand sie, warum ihre Eltern nicht mehr über Clarissa sprechen wollten. Eine Tochter, die Drogen nahm und sich besinnungslos betrank, passte nicht in ihr konservatives Weltbild. Ruby fühlte sich von ihrer Mom und ihrem Dad hintergangen. Dachten die beiden, sie wäre noch ein Kleinkind, das die Wahrheit über seine Schwester nicht verkraftete? Und Brad … wie immer auf Daddys Seite. Deshalb wollte er, dass sie die Vergangenheit ruhen ließ. Niemals! Ruby war nicht wie ihre Familie. Sie kümmerte sich einen feuchten Kehricht um den Ruf der Cartwrights. „Was für Drogen hatte Clarissa im Blut?“
„Frag lieber, welche nicht. Es war ein Drogen-Cocktail. Speed, Ecstacy, Uppers, Downers, Marihuana … fast alles, was es gibt. Dazu Champagner, Wodka und diverse andere Drinks.“
„Vielleicht hat ihr jemand den Stoff eingeflößt. Clarissa war in der Highschool in der Anti-Drogen-Liga.“
„Die Highschool ist schon eine Weile her. Und anhand einer Haarprobe ließ sich feststellen, dass Clarissa schon länger Drogen nahm.“ Billy sah sie mitfühlend an. „Wenn ich dich richtig verstanden habe, hast du grade erst die … wie soll ich sagen … dunklen Seiten deiner Schwester entdeckt. Alkoholsucht und Drogenkonsum sind ein Teil davon. Sorry, aber anscheinend weißt du vieles nicht über sie.“
„Das ist leider wahr.“
„Sei nicht traurig.“ Billy legte seine Hand tröstend auf ihre. Seine Finger waren warm, sein Griff fest. Ein wohliger Schauer lief Ruby über den Rücken und lenkte sie kurz ab. Sie stellte sich vor, wie es wäre, wenn er sie überall berührte.
„Was?“ Sie sah ihn verwirrt an. „Ich bin nicht so sehr traurig, sondern vielmehr enttäuscht … von meiner ganzen Familie.“
„Deine Eltern und dein Bruder wollen dich nur schützen. Glaub mir. Sie leiden sehr. Sie haben einige unangenehme Wahrheiten über die tote Clarissa erfahren, die sie sicherlich nicht wissen wollten.“
Ruby nickte langsam. „Ja … und wer weiß, was noch alles herauskommt.“ Sie sah Billy in die Augen. „Gleichgültig welche ätzenden Details noch ans Tageslicht kommen. Ich will nicht vor der Wahrheit kneifen. Hilfst du mir, Clarissas Mörder zu finden?“
„Ich bin schon dabei.“ Er zwinkerte ihr zu und drückte ihre Finger. Dann zog er seine Hand zu Rubys Bedauern zurück und meinte sachlich: „Lass uns unser Wissen über Clarissa austauschen, damit wir auf dem gleichen Stand sind. Du wirst schon sehen, wir kriegen den Mistkerl, der deine Schwester auf dem Gewissen hat. Das schwöre ich dir.“
Erschöpft ließ Ruby sich zwei Stunden später im Wohnheimzimmer
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