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Claudius Bombarnac

Claudius Bombarnac

Titel: Claudius Bombarnac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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auf den amerikanischen Mäkler und die englische Mäklerin.
    »Herr Ephrjuell! rufe ich. In diesem modernen Merv giebt es eigentlich nichts Sehenswerthes!
    – Im Gegentheil, Herr Bombarnae, die Stadt ist fast Yankee, und wird es gänzlich sein, wenn die Russen sie einmal mit Pferdebahnen und Gaslaternen versehen haben.
    – Das wird nicht ausbleiben.
    – Ich hoffe es, und Merv wird dann Anspruch auf den Namen einer wirklichen City haben.
    – Ich für meinen Theil, Herr Ephrjuell, hätte lieber einen Ausflug nach der alten Stadt gemacht und ihre Moscheen, ihre Festungen und ihre Paläste besucht. Leider ist sie etwas weit von hier; der Zug hält daselbst auch nicht an; ich bedaure …
    – Pah! machte der Yankee; was ich bedaure, ist allein, daß im Lande der Turkmenen nichts zu verdienen ist. Die Menschen hier haben doch Gebisse..
    – Und die Frauen schleppen sich mit einem Haarwuchs, wie noch nie, setzt Miß Horatia Bluett hinzu.
    – Nun dann, Miß, kaufen Sie doch solches Haar ein, da würden Sie ja Ihre Zeit nicht verloren haben.
    – Das wird das Haus Holmes-Holme in London unzweifelhaft thun, erwidert mir die Reisende, sobald wir die Vorräthe des Himmlischen Reiches erschöpft haben.«
    Hiermit verläßt uns das Paar.
    Ich schlage jetzt – es ist bereits sechs Uhr – dem Major Noltitz vor, in Merv vor Abgang des Zuges noch zu speisen. Er nimmt an, hat aber damit Unrecht gethan.
    Ein Unstern hat uns nach dem »Hôtel Slave« geführt, das weit unter unserm Dining-car steht – wenigstens bezüglich der Qualität seiner Speisen. Hier gab es besonders ein Nationalgericht, den »Bortch«, der aus saurer Milch bereitet wird, den ich mich aber hüten werde, den Feinschmeckern des »XX. Jahrhundert« zu empfehlen.
    Doch, in Bezug auf mein Journal und die Depesche, die den mit uns geführten todten Mandarinen betrifft? … Wird Popof aus den Stummen, die ihn begleiten, den Namen dieser hohen Persönlichkeit herausgelockt haben?
    Ja, endlich. Kaum befinden wir uns auf dem Perron des Bahnhofs, als er auf mich mit den Worten zugelaufen kommt:
    »Ich weiß den Namen.
    – Und dieser lautet? …
    – Yen-Lou … der Groß-Mandarin Yen-Lou, von Peking.
    – Danke, Popof!«
    Ich stürze nun nach dem Telegraphenbureau, durch das ich an das »XX. Jahrhundert« folgende Depesche entsende:
     
    Merv, den 16. Mai, 7 Uhr Abends .
     
    Zug der Groß-Transasiatischen wird gleich Merv verlassen. In Duchak die Leiche des Groß-Mandarinen Yen-Lou eingenommen, die von Persien kommt und nach Peking bestimmt ist.
    Die Depesche kostet ein Heidengeld, doch man wird zugeben, sie war es auch werth.
    Der Name Yen-Lou hat sich sofort unter den Reisenden verbreitet, und es scheint mir, daß der Seigneur Farusklar lächelte, als er ihn aussprechen hörte.
    Wir haben den Bahnhof genau um 8 Uhr verlassen. Vierzig Minuten später kommen wir an dem alten Merv vorüber; bei der dunkeln Nacht konnte ich aber nichts davon erkennen. Es giebt hier übrigens eine Festung mit viereckigen Thürmen und einer Schutzmauer aus an der Sonne gebrannten Lehmsteinen, Ruinen von Gräben und Palästen, Reste von Moscheen, kurz, eine Menge archäologischer Dinge, die wenigstens in meinem Berichte zweihundert Zeilen kleiner Schrift eingenommen hätten.
    »Trösten Sie sich, sagt mir da der Major Noltitz. Ihre erhoffte Befriedigung wäre doch keine vollkommene gewesen, denn das alte Merv ist viermal neu aufgebaut. Hätten Sie die vierte Stadt gesehen, das Bairam-Ali der persischen Zeit, so hätten Sie doch die dritte Stadt nicht mehr gesehen, die mongolisch war, noch weniger die zweite Stadt aus der muselmanischen Epoche, die Sultan-Sandjar-Kala hieß, und natürlich ebensowenig die der allerersten Zeit. Die letztere nennen die Einen Iskander-Kala nach dem Namen des Macedoniers Alexander, des Gründers der Religion der Magier, etwa tausend Jahre vor der christlichen Zeitrechnung. Ich rathe Ihnen also, Ihr Bedauern in den Papierkorb zu werfen.«
    Das that ich denn auch, da mir doch nichts Andres übrig blieb.
    Unser Zug eilt jetzt nach Nordosten hin. Die Stationen liegen zwanzig bis dreißig Werst von einander. Ihre Namen werden nicht ausgerufen, da daselbst kein Aufenthalt vorgesehen ist, und ich bin darauf beschränkt, sie nach meinem Fahrplan aufzuführen. Sie heißen Keltchi, Ravina – wie kommt dieser italienische Name hierher nach Turkestan? – Peski, Repetek u.s.w. Wir durchmessen die Wüste, die reine Wüste ohne einen Wasserfaden. Man hat deshalb

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