Claudius Bombarnac
waren wir Zeugen eines vortrefflichen Flintenschusses, der einen gewaltigen Panther in dem Augenblicke tödtete, wo dieser sich mit einem Satze auf die Plattform schwingen wollte.
»Das war für Dich, Gretelein!« jubelte Herr Caterna.
Treffender konnte er seiner Bewunderung ja gar nicht Ausdruck geben, als durch »Entsendung« dieser berühmten Antwort Buridan’s an die Gemahlin des Dauphins – nicht an die Königin von Frankreich, wie es in dem berühmten Schauspiel »
Tour de Nêsle
« fälschlich angeführt wird.
Unser stolzer Mongole ist es, dem wir für diese vortreffliche cygenetische Leistung zu Dank verpflichtet sind.
»Welche Hand und welches Auge!« sagt der Major, der doch nicht aufhört, den Seigneur Farusklar mißtrauischen Blicks zu beobachten.
Unter den andern Thieren der pamirischen Fauna begegnet man noch Wölfen, Füchsen und ganzen Heerden jener großen Schafe mit nach rückwärts stehenden gewundenen Hörnern, die in der Landessprache »Arkars« heißen.
Hoch oben am Himmel kreisen Lämmergeier und Stößer und inmitten der weißen Dampfwolke, die unsre Locomotive nach sich zieht, flattern scharenweise Krähen, Tauben, Lachtauben und Bachstelzen umher.
Der Tag verläuft ohne Zwischenfall. Um sechs Uhr Abends haben wir die Grenze erreicht und damit von Uzun-Ada aus binnen vier Tagen eine Strecke von zweitausenddreihundert Kilometern zurückgelegt. Noch zweihundertfünfzig Kilometer weiterhin wird der Zug uns nach Kaschgar befördert haben. Obwohl bereits thatsächlich auf dem Gebiete des chinesischen Turkestan, werden wir doch nur in dieser Stadt der Prüfung und Untersuchung durch chinesische Behörden unterworfen sein.
Nach aufgehobener Tafel, so gegen neun Uhr, streckt sich Jeder auf seinem Lager aus, in der Hoffnung – sagen wir lieber, der Ueberzeugung – daß diese Nacht ebenso ruhig wie die vorhergehenden verlaufen werde.
Leider sollte das nicht der Fall sein.
Während der ersten Stunden brauste der Zug die Abhänge von Pamir in größter Schnelligkeit hinunter und ging dann auf einer langen horizontalen Strecke wieder zur Normal-Geschwindigkeit zurück.
Es mochte um ein Uhr Morgens sein, als ich plötzlich erweckt wurde.
Gleichzeitig fuhren der Major Noltitz und die meisten meiner Reisegefährten aus dem Schlummer auf.
Vom hintern Theile des Zuges her vernimmt man laute Rufe.
Was geht dort vor?
Sofort bemächtigt sich der Reisenden jene fieberhafte Unruhe, die den Leuten auch beim geringsten Eisenbahnunfalle die Besinnung zu rauben pflegt.
»Was giebt es? … Was ist los?«
Von allen Seiten und in allen Zungen werden diese Worte mit dem Ausdrucke des Entsetzens hervorgestoßen.
Mein erster Gedanke geht dahin, daß wir überfallen worden sein möchten. Ich denke an den berühmten Ki-Tsang, dem ich so unklugerweise die Mitarbeit – an meiner Chronik – fast empfohlen habe.
Noch einen Augenblick, und der langsamere Gang des Zuges deutet darauf hin, daß er ganz zum Stehen kommen wird.
Popof, der erst einen Blick in den Packwagen geworfen hatte, kommt von diesem zurück, und ich frage ihn, was geschehen sei.
»Ein Unfall, giebt er zur Antwort.
– Ernsterer Natur? …
– Nein, es hat sich nur eine Kuppelung gelöst und die beiden letzten Wagen sind deshalb hinter uns zurückgeblieben.«
Sobald der Zug steht, klettern ein Dutzend Passagiere, ich selbst darunter, nach dem Gleise hinab.
Beim Scheine einer Laterne ist zu erkennen, daß der Bruch der Kuppelung nicht auf eine Frevelthat zurückzuführen ist. Nichtsdestoweniger sind die beiden letzten Wagen, der mit der Mandarinenleiche und der Gepäck-Schlußwagen, zurückgeblieben. Seit wie lange und wie weit … das weiß Keiner.
Da hätte man aber das Hilfsgeschrei der persischen Wächter, die den Körper des Mandarinen Yen-Lou zu begleiten hatten, hören sollen! Die Reisenden in ihrem Waggon und auch sie selbst hatten im Augenblick der Loslösung der beiden Wagen nichts davon bemerkt. Als sie Lärm schlugen, mochte seit Eintritt des Unfalles wohl schon eine Stunde vergangen sein ….
Was hier zu thun war, lag ja auf der Hand: die Maschine mußte den Zug bis zu den verlorenen Wagen zurückstoßen.
Das erschien ja höchst einfach. Nur das Aastreten des Seigneur Farusklar unter diesen Umständen erregt meine Verwunderung. Gerade er drängt mehr als jeder Andere, hier keine Minute zu zögern. Er wendet sich an Popof, an den Maschinenführer und den Heizer, und jetzt hör’ ich zum erstenmale, daß er russisch
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