Claw Trilogy 01 - Fenrir
einem stummen Gebet dankte sie Gott, dass Sindre bewusstlos war. Endlich war er verbunden und konnte sich erholen. Sie brachte ihm etwas Wasser und befeuchtete ihm die Lippen. Die Ritter betrachteten sie argwöhnisch, aber das war ihr egal. Immerhin verdankte sie diesem Mann ihr Leben.
Die Begeisterung, auf Landsleute gestoßen zu sein, verflog nach einer Weile, und sie dachte nach. Sie erinnerte sich an den Jungen mit den wilden Augen im Gehöft und das Gestammel über den Vogel, der geschickt worden sei, um ihn zu verhexen. Auf einmal bekam sie Angst. Leshii gesellte sich zu ihr und wollte sich setzen.
»Nicht neben die Edelfrau, alter Mann, verstanden?«, sagte Moselle.
»Er darf sich mir nähern«, entschied Aelis.
Der Ritter schüttelte den Kopf und wandte sich ab. Aelis rückte das Kopftuch zurecht, um zu unterstreichen, dass sie die Sittsamkeit nicht vergessen hatte. Sie musste die Achtung wiedergewinnen, die sie verloren hatte, als sie sich hatte die Haare abschneiden lassen.
»Du solltest ihnen von den Raben erzählen«, begann Leshii. »Die Männer sind eine Gefahr für uns, wenn sie verhext werden.«
»Mein Volk neigt eher dazu, dem die Schuld zu geben, der betroffen ist, und nicht denjenigen, die ihm nachstellen«, erklärte sie. »Möglicherweise fragen sie sich dann, welche Teufel ich heraufbeschworen habe, um das Interesse der Hölle zu wecken.«
Sie überlegte eine Weile. »Es ist Ketzerei, an Hexenwerk zu glauben, aber vielleicht gibt es einen Weg.«
Sie stand auf und ging zu Moselle, nahm ihn zur Seite und redete mit ihm. »Mein Ritter«, sagte sie, »ich will Euch etwas anvertrauen, das Euch unglaublich vorkommen mag, aber dennoch der Wahrheit entspricht. Könnt Ihr ein Geheimnis hüten und auf eine Weise an Eure Männer weitergeben, die für sie hinnehmbar ist?«
»Ich will es versuchen, Edelfrau.«
»Ihr wisst vielleicht, dass Vater Jehan aus Saint-Germain, kurz bevor ich angegriffen wurde und fliehen musste, den Grafen Odo aufsuchen wollte.«
»Das ist mir bekannt.«
»Der Beichtvater hatte eine Vision … «
»Gott möge ihm noch viele Einsichten schenken.«
»Ja, wirklich. Nun, hier ist, was ihm offenbart wurde. Ich schwebe in ernster Gefahr, auf sehr ungewöhnliche Weise zu sterben. Die Vögel dieses Landes übertragen eine Krankheit. Beichtvater Jehan sagte mir, er habe einen gesehen, der an mir pickte, worauf ich erkrankte und vielleicht sogar starb.«
»Ja.« Moselle machte ein ernstes Gesicht.
»Aus diesem Grund darf sich kein Vogel unserem Lager nähern.«
»Das wagt sowieso kein Vogel, es sei denn, er will gebraten werden.«
»So sei es. Aber der Beichtvater hatte schon viele Male zutreffende Visionen. Vielleicht könntet Ihr daher Eure Männer bitten, besonders wachsam gegenüber Vögeln zu sein. Es ist nötig, auch in der Nacht Wachen aufzustellen.«
»Vögel fliegen nie in der Nacht, und ich habe noch nie gehört, dass jemand von einer Eule angegriffen worden wäre.«
»Wie dem auch sei, dies ist mein Wunsch, und dies befehle ich als Schwester meines Bruders.«
Moselle zuckte mit den Achseln. »Wie Ihr wünscht, Edelfrau. Das ist leicht zu bewerkstelligen. Kein Vogel wird sich Euch nähern.«
»Dann sollte die Aufgabe Eure Männer nicht zu sehr belästigen.«
Moselle erteilte die Anweisung, ohne den Grund zu erklären. Allerdings waren die Reiter keine militärische Einheit, die streng wie ein römisches Heer geführt wurde. Drei oder vier, die Aelis erkannte, waren Odos vassi dominici , oder sie würden diesen Titel tragen, falls er einmal König wurde. Sie waren seine Vasallen, stammten aus mächtigen Familien und waren nicht daran gewöhnt, blindlings Befehle auszuführen. Der Krieg hatte sie jedoch gelehrt, wenigstens im Felde einen Anführer anzuerkennen, und so reagierten sie nur mit höflichen Nachfragen, statt Moselle empört zur Rede zu stellen. Die edleren Reiter wollten sich jedoch nicht herablassen, auf Vögel zu achten, und so musste Leshii diese Aufgabe übernehmen. Aelis musste nachdrücklich erklären, wie wichtig es sei, dass auch nachts jemand Wache hielt, und der Händler könne dies alles nicht allein leisten. Am Ende kamen sie überein, dass die niederen Ritter einander abwechseln sollten.
Da die Sonne bereits unterging, schlugen sie gleich ihr Lager auf. Zu Aelis’ Freude hatten die Franken sogar Zelte dabei. Sie bekam eines für sich allein. Stangen führten die Ritter nicht mit; diese wurden jeweils geschnitten, wo sie gebraucht
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