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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
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Angehörigen und Freunden war immer erst nach dem Geschäft an zweiter Stelle gekommen. Es war eine Tür, die er nie geöffnet hatte. Nun fragte er sich, was geschehen wäre, wenn er sie durchschritten hätte.
    Hätte er dann auch eines Tages in einem Kloster gesessen und die Hand eines Toten gehalten?
    Er würde zu Helgi gehen, aber nicht, weil er auf eine Belohnung hoffte. Er kannte den Prinzen viel zu gut, um so etwas zu erwarten. Wenn er Glück hatte, würde man ihn vielleicht nur auspeitschen. Nach all den unglücklichen Wendungen konnte Leshii kaum noch mit einer freundlichen Begrüßung rechnen. Dennoch wollte er hingehen, weil er einen Ort brauchte, an den er gehörte, so gering seine Stellung auch sein mochte. Er wollte kein Tier sein, das ziellos durch die Wildnis streifte.
    Leshii legte die Hand des Wolfsmannes zur Seite. Jetzt bekam er Schuldgefühle, weil er dem Mann den Talisman weggenommen hatte. Er zog ihn aus dem Tuch, das er sich als Gürtel um die Hüften geschlungen hatte, und betrachtete ihn. Es war ein seltsames Ding, annähernd dreieckig, aber mit abgerundeten Ecken. Auf dieses Dreieck war ein Wolfskopf im Stil der Waräger eingeritzt.
    »Möchtest du das zurückhaben, Chakhlyk?«, fragte er.
    Nein, er würde den Talisman nicht zurückgeben. Er wollte ihn zu Ehren des Mannes tragen. Also nahm er das seidene Halstuch ab, band sich den Talisman um den Hals und legte das Tuch darüber. Das Erinnerungsstück wollte er zwar behalten, aber er war abergläubisch und wollte nicht, dass der nordische Gott auf ihn herabblickte und ihm das gleiche Schicksal zuteilwerden ließ wie dem Wolfsmann. Der Stein war so etwas wie eine Verbindung zu Chakhlyk. Mit ihm fühlte Leshii sich nicht ganz so einsam, auch wenn es eine Verbundenheit mit einem Mann war, den er kaum gekannt hatte. Er hob den Pelz auf und schüttelte ihn.
    »Leb wohl, Chakhlyk«, sagte er. »Es tut mir leid, dass du so enden musstest. Vielleicht kann ich mit deiner Geschichte einen Becher Wein an einem Lagerfeuer rausschinden, und dafür danke ich dir.«
    Dann stieg er auf das Maultier und brach auf, nach Osten in die Wälder, die sich wie ein Ozean zwischen ihm und der Heimat erstreckten. Das Tier sträubte sich nicht gegen den Reiter, und schließlich redete Leshii sogar mit ihm und beruhigte es, während er in Wahrheit sich selbst beruhigte. In den Wäldern hausten wilde Männer, die nur vor einer großen Karawane mit vielen Wächtern zurückschreckten. »Es gibt hier keine Banditen, mein gutes Maultier, weil es nicht die richtige Jahreszeit ist. Das Gras ist saftig, nicht wahr? Noch eine kleine Weile, dann darfst du fressen.« Schaudernd suchte Leshii sich den Weg durch den Wald. Zwischen den Bäumen war es nicht so kalt wie an der Küste, aber wirklich warm war ihm immer noch nicht. Er legte den Wolfspelz an und zog sich den Kopf des Fells über den eigenen Kopf, um es warm zu halten.
    Der Weg nach Osten war gut, viel zu gut. Eine Einladung für Banditen. Dennoch blieb er auf dem Weg, denn er war zu alt, um sich durch den dichten Wald zu zwängen. Es handelte sich offenbar um eine stark benutzte Straße. Stellenweise lag der Schlamm zu hoch und hätte einen Mann zu Fuß behindert, doch für das Maultier war dies kein Problem. Leshii kam gut voran. Noch ein oder zwei Tage, und er wäre weit von dem Kloster und den Dörfern an der Küste entfernt.
    Es war ein Wunder, dass er ohne den Wolfsmann überhaupt so weit gekommen war. Auf der Reise von Ladoga hatten sie überwiegend Boote benutzt, und wenn sie gezwungen gewesen waren, in den Wald einzudringen, hatte der Wolfsmann mit seinen guten Ohren und seinen Fähigkeiten als Fährtenleser dafür gesorgt, dass sie kaum Schwierigkeiten bekamen. Zweimal hatten dreckige, zerlumpte Waldbewohner ihnen den Weg versperrt und sie angegriffen. Sie hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihm heimlich aufzulauern, diesem einsamen Händler, der allein durch den Wald reiste. Sie hatten sich einfach den Tieren genähert und begonnen, die Waren abzuladen. In diesem Augenblick hatte Chakhlyk zugeschlagen. Schon beim ersten Vorstoß hatten nach einem Atemzug drei Räuber reglos auf dem Boden gelegen. Zwei weitere waren kreischend in den Wald zurückgerannt und hatten sich die gebrochenen Arme gehalten. Nach zehn Atemzügen waren die wilden Männer verschwunden. Sie lebten auf Bäumen und waren Gesetzlose, die sich vor den anderen Menschen versteckten, und hatten seltsame Überlieferungen und Vorstellungen.

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