Claw Trilogy 01 - Fenrir
ausgelöscht?«
Leshii war erleichtert. Wenn es nur darum ging, konnte er sich herausreden.
»Ich habe nur gesagt, dein Ruhm war so groß, dass ich dich und deinen Vater schon als Kind kannte, sogar in meinem Heim jenseits des Ostmeeres. Dort singt man von deinen Taten. Vielleicht haben deine Krieger es missverstanden. Ich beherrsche deine Sprache auch nicht sehr gut.«
»Gut genug, um in ihr zu lügen«, erwiderte Siegfried.
Leshii schwieg, denn egal, was er sagte, es konnte ihm nur zum Nachteil gereichen.
Der König klatschte in die Hände. »Guter Saerda«, sagte er. »Zeig unserem geschätzten Gast, was du in seinen Ballen gefunden hast.«
»Du hast geschworen, meine Sachen nicht anzurühren!«
»Das habe ich auch nicht getan. Saerda hat einen Jungen erwischt, der etwas stehlen wollte«, erklärte Siegfried. »Ein Dieb hat deine Packen geöffnet, Händler, es war keiner meiner Krieger. Aber warum bist du so versessen darauf, dass niemand deine Waren sieht? Es ist doch ungewöhnlich, dass ein Händler nicht herzeigen will, was er hat.«
»Ich ziehe es vor, persönlich anwesend zu sein, wenn meine Waren vorgeführt werden, Herr, denn sonst bekomme ich möglicherweise einen schlechten Preis für sie, und der schlechteste Preis, den ich kenne, ist überhaupt keine Bezahlung.«
»Es gibt schlimmere Bezahlungen, als kein Geld zu bekommen«, erwiderte Siegfried und klopfte auf den Schwertgriff an seiner Hüfte.
Saerda warf Leshii einen kurzen Blick zu und zog einen Packen herbei, der bereits geöffnet war. Leshiis Herz raste, als der Berserker hineingriff und etwas herauszog. Es schimmerte golden im Kerzenschein. Aelis’ Haar.
»Was ist das, Händler?«, fragte der König erbost.
Leshii atmete langsam aus und breitete die Arme aus. Er musste ruhig bleiben.
»Das habe ich auf dem Weg hierher von einer Bauersfrau gekauft. Daraus kann man eine schöne Perücke machen. Jeder deiner Krieger wäre stolz, sie seiner Frau mitzubringen.«
Der König reckte das Kinn. Dann nahm er etwas anderes aus dem Beutel. Es war klein genug, um in seine Hand zu passen. Er streckte die geballte Faust aus.
»Und was habe ich wohl hier drinnen?«
»Ich bin ein kleiner Mann und würde nicht wagen, die Gedanken eines Königs erraten zu wollen.«
»Eine gute Antwort. Meine ist besser. Möchtest du es erfahren?«
»Wenn es dir so gefällt.«
»Ich habe hier deinen Tod, Händler.«
Leshii schluckte schwer. Auf der sicheren Lichtung hatte er noch gedacht, er habe ein langes Leben hinter sich und hätte nichts dagegen, wenn er es für Reichtümer hergeben musste. Jetzt kam ihm sein Leben sehr kurz vor. Seltsame Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Ich habe nichts erreicht , dachte er. Ich habe gar nicht richtig gelebt. Er war mit einem Kamel über die Seidenstraße gewandert, hatte die gefrorenen Gestade im Norden aufgesucht, das Heilige Römische Reich und die Olivenhaine im Süden bereist. Nun, da ihm der Tod drohte, dämmerte ihm die Wahrheit. Er hatte all dies allein getan. Seine Mutter fiel ihm ein. Sie war der letzte Mensch, den er wirklich geliebt hatte und für den zu sterben er bereit gewesen wäre. Die bittere Wahrheit war, dass er überhaupt nichts erreicht hatte. Er hatte keine neue Liebe gefunden, keinen Freund, keine Frau, kein Kind. Der Handel hatte ihm alles bedeutet, und jetzt stand er vor seinem letzten Abschluss und feilschte um sein Leben.
Der König kam zu Leshii und öffnete die Hand. Sie barg zwei schöne Fingerringe einer Dame. Einer trug die Linie der Markgrafen von Neustrien und wies die Trägerin als Frau von vornehmer Geburt und Nachfahrin Roberts des Tapferen aus. Die Wikinger hatten durch seine Hand sehr gelitten und ihn schließlich getötet, daher kannten sie sein Wappen ganz genau.
»Die habe ich als Bezahlung für Seide bekommen, Herr. Hat hier jemand aus Locken und Tand eine Geschichte gesponnen?« Er blickte zu Saerda.
Der König wirkte nachdenklich.
»Wo hast du diesen Handel geschlossen?«
»Es war vorgestern Nacht, Herr. Ein seltsamer Kerl hat mir diese Dinge gebracht. Er war groß und in ein Wolfsfell gekleidet. Ich mochte ihn nicht, aber er schien bereit, einen guten Preis zu zahlen für … «
Der König hob die Hand. »Wir werden sehen«, sagte er. »Dein Junge wird hier sein, ehe die Nacht vorbei ist, und dann werden wir erfahren, welche Geschichten er zu erzählen hat.«
»Er ist nicht sonderlich gesprächig, Herr«, erwiderte Leshii.
»Er wird schon reden, ob er nun Worte
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