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Clemens Gleich

Clemens Gleich

Titel: Clemens Gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pikmo und Jianna (German Edition)
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erschienen ihr wie blanker Hohn. Sie lagen neben ihr statt unter ihr und verfilzten sich in ihrem Haar. Die halbe Nacht waren scheußliche Blutsauger wärmesuchend ins Feuer gekrochen und dort zischend verendet. Die nächste halbe Nacht war es schwer, überhaupt ein Feuer am Laufen zu halten, da Regen einsetzte. Selbst Pikmo sah strapaziert aus. Fuzz wirkte wie eine Wasserleiche. Es nieselte, quasi die Ankündigung des beginnenden Tages, dass es ab jetzt keinesfalls besser werden würde, sondern bestenfalls etwas heller. Ohne ein einziges Wort verließen die drei ihr Nachtlager. Missmutig stapfte die Wasserleiche voran durchs dichte, dornige Gestrüpp. Der Weg war, tja, vorhanden – wenn man eine Waldratte war. Jedes Lebewesen über Dackelgröße käme ohne Hilfsmittel wahrscheinlich fünf Schritte weit, bevor es als in Dornen panierte Mumie endete. Fuzz hackte mit dem Messer auf die Gewächse ein, die zäh waren wie Stacheldraht. Das Vorwärtskommen durch die Dornen bemaß sich in Schritten. Immer wieder öffnete sich der Bewuchs so weit, dass man einige Schritte frei gehen konnte, Hoffnung schöpfte – nur, um diese Hoffnung gleich wieder in Dornen zu ersticken. Es war eine mentale wie körperliche Folter in (kaum-)Fortbewegungsform. Jianna wollte sterben. Sie stolperte nur noch aus automatischer Hoffnung weiter; Hoffnung, dass die nächste freie Lichtung das Ende der Folter sein könnte. Die nächste. Die da nach. Sie ruckte hoch aus ihrer tranigen Trance, als das stete Geräusch des Hackens verstummte. Fuzz kroch auf allen Vieren auf dem Boden herum und schnüffelte. Noch bevor Jianna ganz wach wurde, sprang er auf und freute sich wie das Kind, das er war:
    "Ja! Ja! Endlich ein bisschen Glück! Mir nach!" Damit rannte nach links und war plötzlich fort wie nie dagewesen. Jianna hatte sich nicht mit der Freude angesteckt, sie machte sich im Gegenteil sofort Sorgen. Doch Pikmo tat einfach, wie ihm geheißen, rannte dahin, wo Fuzz verschwunden war und verschwand genauso plötzlich. Männer! Typisch. Was, wenn das eine fiese Art von Falle war, die dieser bösartige Wald für sie bereithielt? Sie zuckte mit den Schultern und lief los, hatte sie realistisch betrachtet doch ohnehin keine Wahl. Das Dickicht vor ihr schien sich zu öffnen, machte einen vorher unsichtbaren Hohlweg frei, der am Fuß einer riesigen Kiefer in die Erde mündete. Sie blieb stehen. Sie war allein, nichts zu sehen von den anderen. Vorsichtig, ein Trippelschritt nach dem anderen, wagte sie sich an die dunkle Öffnung heran, bis sie plötzlich eine Hand packte und zerrte, während eine andere ihr den Mund zuhielt. Aus dem Dunklen tauchte Fuzz auf. Eine der Hände war schließlich seine.
    "Psst!", zischte er. "Trödel nicht immer so rum. Und sei still! Wir haben ein paar Männerverhandlungen vor uns." Langsam löste sich Pikmos Hand von ihrem Mund, damit sie in angepasster Lautstärke blaffen konnte:
    "Männer! Verhandlungen!"
    "Sei einfach still und überlass das Reden mir, wenn wir jemand treffen, ja?!", keifte Fuzz. "Sonst musst du deine komischen Ansichten bald vor viel weniger netten Kerlen als mir vertreten." Er ging voran.
    "Pfh!", machte Jianna. Sie sah sich um. "Wo sind wir überhaupt? Wer lebt hier?"
    "Die Dunklen Leute, die Pilzleute."
    "Muss man das verstehen?"
    "Nein, das wirst du schon sehen."
    "Und? Wirst du wieder versuchen, mich loszuwerden für freie Passage oder vielleicht auch nur ein paar Streicheleinheiten?"
    "Nur, wenn du deine Klappe nicht halten kannst", grinste Fuzz im Dunklen. "Außerdem könntest du mich ja mal streicheln. Heute abend zum Einschlafen!"
    "Das könnte dir so passen! Kraul dich selber."
    "Pikmo?", fragte Fuzz in die andere Richtung. "Kraulst du mich heut Abend?"
    "Ja, mach ich."
    "Siehste? So geht das."
    "Ach, lass mich einfach in Ruhe." In ihrem Gerede vertieft bemerkten sie jetzt erst, dass sie durch den Gang in einen wurzelgestützten Raum gelangt waren. Außer dem Rest von Licht, der vom Eingang noch einige Konturen der stammartigen Wurzeln zeichnete, war es vollkommen duster. Jianna kramte die Lampe heraus und öffnete den Schieber. Der Scheinwerferkegel zeigte eine graue Alptraumarmee, die sich aus dem Tunnelende in ihre Richtung ergoss. Dann erstarb das Licht mit einem Ruck und einem metallischen Knirschen. Ein Wurfmesser steckte im Reflektor, der Leuchtquarz war dunkel. Silbrige Augenpaare schwebten aus der Dunkelheit auf sie zu.
    "Hallo!", rief Fuzz mit nervösem Enthusiasmus. "Die beiden da sind

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