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Clemens Gleich

Clemens Gleich

Titel: Clemens Gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pikmo und Jianna (German Edition)
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Kochkunst. Essen! Gutgelaunt begrüßte sie den kräftig gebauten Dunklen, der sich neben sie setzte. Er revanchierte sich, indem er ihr den Prost der Dunklen zeigte: Man verschlang die jeweils linken Armbeugen ineinander und trank dann in intimer Nähe den ersten Schluck. Sie fühlte sich an ihre Schulzeit zurückerinnert, in der sie noch Zeit zum Feiern gehabt hatte. Wie lange mochte wohl die letzte gute Feier her sein? Das war ja in einem anderen Leben gewesen, in einem anderen Leben einer anderen Person. Leicht angeschickert fiel ihr auf, dass Fuzz sich an eine Person schmiegte, von der sie hoffte, dass sie weiblich war.
    "Bist du nicht ein bisschen jung für diese Art Feier?", fragte sie mit gespielter Empörung.
    "Ich feiere nicht, ich lasse mich kraulen", erwiderte Fuzz, ohne eine Miene zu verziehen. "Außerdem hast du dir ja offenbar auch schon jemanden angelacht, von dem ich denke, dass er 'diese Art Feier' genauer begreift als du."
    "Wir unterhalten uns bloß", entgegnete sie leicht pikiert.
    "Wir auch. Und jetzt stoß mit mir an." Es war das abendliche Friedensangebot. Sie stießen an. Sie tranken aus. Sie hatten Pikmo vergessen. Sie gaben ihm einen der hier üblichen flachen Becher und wiederholten den Prost zu dritt. Das größere Essen wurde aufgetragen. Aus der schützenden Rinde wickelten Dutzende Hände heiß dampfende Maden, groß wie Schweine. In ihrer Gänze fand Jianna sie widerlich, in unkenntliche Stücke geschnitten jedoch äußerst essbar. Dazu schenkte ein durch die Reihen wandernder Dunkler einen süßen, schweren, würzigen Met aus, der sofort nach dem Herunterschlucken in die Gehirnwindungen verdunstete, den man aber dennoch trinken konnte wie leichten Saft. Jianna gelang damit recht schnell der Schritt vom anfänglichen Schwips zu einer ausgewachsenen Trunkenheit, die sie – kurzer Kontrollblick – mit mindestens einem Fuzz teilte. Pikmo trank weniger engagiert mit immer wieder Wasser dazwischen, deshalb gesellte sich eine Dunkle zu ihm, die es fortan zu ihrer Aufgabe machte, dass er auch ja genug Alkohol zu sich nahm.
    Der zweite Gang lag vor Jianna. Wie er dahin gekommen war, musste sie im anregenden Gespräch verpasst haben. Das Gericht erinnerte sie an Tintenfisch, war aber von der Konsistenz weicher, wie eine Mischung aus Pilzen und Bohnenkäse. Es war außerdem eingelegt und deshalb erfrischend scharf. Der Getränkeausschenker (oder waren es zwei?) arbeitete sehr effektiv, denn sie konnte sich nicht entsinnen, ihren Becher schon mal leer gesehen zu haben. Der kippte einfach immer ungefragt nach, dachte sie, zweifelnd darüber, ob sie das gut finden sollte, sicher darin, dass ihr langsam richtig schwindlig war. Von rechts schob eine schwarze Hand ein Pfeifchen in ihren Luftraum, das sie automatisch willenlos ergriff. Sie paffte ein bisschen. Ihr Nebenmann lachte laut, und machte ihr vor, dass sie tiefe Lungenzüge nehmen solle. Sie zögerte, doch die Umsitzenden fingen an, sie grölend anzufeuern, allen voran Fuzz. Denen würde sie es schon zeigen, dachte sie sich. Sie atmete aus, ein, aus, ein, aus, ein, fragte sich, ob das schon Hyperventilieren war, atmete ein letztes Mal aus, so tief sie es schaffte. Dann zog sie an der Pfeife, als wäre das der einzige lebensrettende Sauerstofflieferant in einem luftleeren Raum. Alle jubelten. Sie hustete mit tränenden Augen, behielt aber tapfer etwas Rauch zurück. Ihr Nebenmann bedeutete ihr wieder mit Gesten, wie sie den Rauch langsam entweichen lassen sollte, was sie dankbar tat.
    Einige Augenblicke später umspülte sie die Wirkung des Pfeifchens. Es fühlte sich an, als hätte ihr jemand ein herrlich warmes Kissen von hinten direkt ans Stammhirn gehauen. Der Raum hörte kurz auf, sich zu drehen, nur um dann noch schneller in die andere Richtung wieder damit anzufangen. Doch bis auf diese leichten Gleichgewichtsstörungen ging es Jianna großartig. Ein ungehemmt freies Lachen entstieg ihrer Kehle. Was für ein entfesselndes Gefühl! Sie riss die Pfeife, die sie gerade hatte weitergeben wollen, wieder an sich, um gleich noch so einen tiefen Zug zu nehmen, und noch einen, bevor der überhaupt zu wirken begann. Ihr Sitznachbar kriegte sich kaum ein vor Lachen. Er nahm ihr sanft die Pfeife ab, damit der Rest der Runde auch etwas davon hatte. Jianna war das egal. Es war ihr alles egal. Zum Beispiel war ihr egal, dass sie trotz einer sitzenden Position vollkommen orientierungslos war, weil der sie umgebende Raum sich in mehrere Richtungen

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