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Clemens Gleich

Clemens Gleich

Titel: Clemens Gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pikmo und Jianna (German Edition)
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dann sanfter werdend abbremste. Die kalte ruckige Stroboskopbeleuchtung unzähliger sich überlagernder Entladungsblitze erschwerte die Orientierung, erlaubte es jedoch immerhin, etwas zu sehen. Keuchend und schnaufend kullerten die Drei auf den Boden, von dem sie sich schwankend erhoben, um angeschrien zu werden:
    "Halt!", intonierte ein Kopf hinter einem gespannten Bogen.
    "Hallo!", schrie Fuzz, dem der Trip gut getan hatte. "Ist das hier dieses Kodu? Hmjasehrschön." Seine Konversation erzielte nicht den gewünschten Effekt. Der Bogen blieb auf sie gerichtet, das Gesicht dahinter blieb abweisend. Also fiel Fuzz flach auf den Boden und hielt dem Wächter die Gastgeschenke aus Trok hin:
    "Hier! Sporen, Zeichen der Wertschätzung von No aus Trok!" Er ging davon aus, dass sie hier von ihrer Ankunft wussten, weil sie angesprochen wurden statt einfach angeschossen.
    "Hmpf", machte der Wächter. "Sporen." Immerhin nahm er die Waffe herunter. "Na gut, folgt mir. Ich bringe euch zum Senker." Er trottete in einen stockdunklen Gang, in dem er nach wenigen Schritten unsichtbar verschwand. Pikmo ging ihm einfach hinterher.
    "Halt, warte!", rief ihm Jianna hinterher.
    "Ja, nimm uns an die Hand, wir können hier nichts sehen", stimmte Fuzz zu. An die Hand genommen wie Schulkinder folgten sie Pikmo und dem Wächter. In der vollkommenen Schwärze verloren die beiden schnell das gewohnte Gefühl für Zeit und Raum. Die verbleibenden Sinneseindrücke rückten nun, wo die Augen nutzlos waren, in den Vordergrund. Pikmos Körper. Der eigene Körper. Das Atmen der Gruppe. Der erdige Geruch des Tunnels. Mit einem Mal änderte sich diese Luft, roch benutzt, bewohnt. Der vorher im Tunnel gefangene Schall hatte auf einmal wieder Platz zum Laufen. Sie waren in einem Raum angelangt. Er musste recht groß sein, denn vor der schwarzen Leinwand seiner optischen Wahrnehmung flimmerten Fuzz unzählige fluoreszierende Münder, als sich ungesehene, aber höchstwahrscheinlich zu diesen Mündern gehörende Personen unterhielten. Vor einem Mund blieben sie schließlich stehen.
    "Was ist das denn?", fragte der Mund.
    "Das sind die Reisenden und das Träumende Kind. Wollen nach Kodu, glaube ich."
    "Wollen, wollen, wollen!", regte sich der Obermund auf. "Was bieten sie uns denn? Was haben sie mir mitgebracht?"
    "Äh, Sporen. Sporen aus Trok." Die Stimme des Wächters klang, als fürchte ihr Besitzer, gleich eine gelangt zu kriegen.
    "Sporen? Sporen?! Sporen. ... Hm. Na, immerhin haben sie Humor. Gut!" Unter dem Mund klatschten Hände zusammen. "Niemand soll uns nachsagen, dass wir nicht wissen, wie man Gäste auseinandernimmt. Musik! Essen! Zog! Und wenn alles gut wird, holen wir die Weißpilze!"
    "Jaa!", schrie Fuzz, was Jianna in ihrem darauf trainierten Reflex nervte, bis sie bemerkte, dass sie im Chor mitgeschrien hatte – aus lauter Hunger. Zwar verstand sie überhaupt nichts, angefangen beim Umstand, dass sie dieselbe Sprache sprachen bis hin zur sozialen Etikette oder gar der Sache mit diesem "träumenden Kind", doch die Nahrungsversorgung stand als Priorität weit über solchen überlebenstechnischen Nichtigkeiten.
    Jemand entzündete Kohlebecken im Boden. Nicht etwa, um etwas für Menschen sichtbares Licht ins Dunkle zu bringen, das war lediglich ein für die beiden anwesenden ein angenehmer Nebeneffekt, sondern um Essen darüber zu rösten und stinkend verrauchende Pflanzenprodukte hineinzuwerfen. Durch den erdigen Geruch hatten sie sich, wenn sie überhaupt derartigen Betrachtungen nachgingen, die Gänge und Höhlen vorgestellt wie einen Karnickelbau: bewohnt, aber ansonsten roh. Jetzt enthüllte das schwache, rote Licht, dass die Wände in Wirklichkeit dicht verziert waren. Seltsame Figuren tauchten aus der Dunkelheit auf, die sich zu winden schienen wie fette, gemusterte Schlangen. Im Feuerschein warfen sie einen Glanz zurück, der sie feucht, fast lebendig erschienen ließ. Aus den Nebengängen strömten weitere Dunkle, manche davon schwer beladen mit eingewickelten Paketen, die sie zu den Feuern transportierten. Während von dort ein appetitanregender Geruch emporstieg, setzten sich Pikmo, Jianna und Fuzz an auf dem Boden liegende Matten, die hier als Tisch dienten. Darauf standen bereits Kalebassen mit einem rötlichen, mineralischen, vor allem aber stark alkoholischen Trunk darin. Dazu wurden weiße, trockengeröstete Schnitze gerecht, die salzig schmeckten. Jiannas hungerverzerrtem Geschmacksempfinden erschienen sie als der Zenit der

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