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Clemens Gleich

Clemens Gleich

Titel: Clemens Gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pikmo und Jianna (German Edition)
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verschob, sich um alle Achsen gleichzeitig drehte. Aus dem Augenwinkel erkannte sie kurz Fuzz, der inmitten einiger Kissen auf dem Bauch einer schwarzen Frau lag. Er prostete ihr lachend zu. Sie prostete lachend zurück. Sie leerte ihr Glas in einem Zug, doch als sie es wieder wahrnahm, war es trotzdem voll. Noch? Wieder? Egal. Da war auch schon wieder die Pfeife, schwebend vor ihr. Nach etlichen erfolglosen Versuchen gelang es ihr, sie zu fassen. Sie rauchte mit derselben Inbrunst wie vorher, da wurde ihr mit einem Male richtig übel. Ihr neuer Freund war plötzlich unter ihrem Arm und half ihr nach draußen. Doch selbst gestützt schaffte Jianna es nicht mehr, zu gehen, deshalb trug er sie schließlich kurzerhand hinaus, um ihr keine Schulter auszurenken. Jianna blinzelte. Es blieb dunkel. Dem Geruch nach zu urteilen befand sie sich in einer Latrine. Ich muss doch gar nicht, dachte sie sich, bevor ihr kompletter Mageninhalt sie überholte.
    "Ich willmich hinle'n", nuschelte sie, den Mund abwischend. Behutsam führte ihr Begleiter sie zu einem Schlafplatz; zu seinem Schlafplatz. Zärtlich drückte er seinen Kopf an ihren. Sie fiel stolpernd, polternd nach hintenüber. Er lachte. Er half ihr in seine Schlafstatt aus vielen runden, sehr weichen Kissen. Er entzündete ein leise blau brennendes Feuer in einer Schale, das Jianna gleißend in den Augen schmerzte, obwohl es selbst nach der Dunkelheit gar nicht hell war. Der Mann zog aus einem Hängekorb über ihm etwas, das wie zwei Schneidezähne aussah. Eines davon reichte er Jianna. Den anderen schob er demonstrierend zwischen Lippe und Zahnfleisch.
    "Weißpilz!", rief Jianna da in einem Anfall völlig unerwarteter Hirntätigkeit aus. Lachend ließ sie sich in die Kissen fallen. Lachend nahm der Mann sie in die Arme. Euphorisiert erwiderte sie die Umarmung herzlich. Als sie ihre Arme wieder fallen ließ wie ein paar nasse Taue, setzte er sich auf und beobachtete sie. Sie setzte sich ebenfalls auf und beobachtete zurück. Es war im Raum dunkel genug, um die leichte Fluoreszenz der Zähne, hell genug, um das Gesicht dazu zu erkennen. Ergäbe eine erstklassige Zahnpflegewerbung, dachte Jianna, doch bevor sie über diesen Gedanken lachen konnte, fing das Gebiss an zu strahlen wie die Sonne, ja: wurde zur Sonne. Jianna war geblendet, wandte sich ab, bedeckte ihre Augen, doch das Licht blieb alldurchdringend. Dann verschwand es wie ausgeknipst. Sie fühlte etwas an ihren Handgelenken. Der schwarze Mann hielt ihre Handgelenke, wobei er so liebenswert besorgt aussah, dass sie unfreiwillig in Tränen ausbrach. Die Tränen verwuschen seine Umrisse, dann verrührte etwas seine Umrisse. Das Gefühl, berührt zu werden, dehnte sich aus, krabbelte über ihre gesamte Hautoberfläche überall hin, selbst da, wo sie kitzlig war. Sie musste lachen, wand sich. Ihr Körper fühlte sich an wie der einer dritten Person, die sie dennoch fühlte. Sie sah das Gesicht des Mannes vor ihr, das wieder scharf war, schärfer als vorher. Seine Augen waren übertrieben groß, seine Züge wirkten karikaturhaft überzeichnet. Wie in einem Comic, dachte Jianna. Seine Augen wurden immer größer, der Kontrast immer höher, bis er wirklich komplett aussah wie gezeichnet. Fasziniert streckte Jianna ihren weißen Arm aus, der nur aus zwei klaren schwarzen Außenlinien zu bestehen schien, keine innere Schattierung mehr besaß. Sie war selber eine Tuschezeichnung geworden. Als sie den Kopf, den Hals vor sich berührte, fühlte sie, wie die Tusche ihrer beiden Zeichnungen ineinander floss. Die Wahrnehmung intensivierte sich mit jeder Bewegung, bis sie meinte, dass sie vollkommen eins seien. Sie fragte sich, wie sie ein Beobachter denn jetzt überhaupt noch auseinanderhalten könne. War der Beobachter allerdings überhaupt wichtig? Nein, denn nun schwamm sie in einem schwarzen Meer aus Tusche, einerseits ein Teil davon, andererseits sich selbst bewusst. Es war warm und es schaukelte, doch trotz der düsteren Kulisse fehlte jede Bedrohlichkeit. Eine Welle rollte auf sie zu. Die Welle öffnete ihren Mund hab, leuchtende Zähne zeigend, einen Seufzer der Lebenslust entlassend, den sie restlos, vollkommen mit erlebte. Wie konnte sie je anders gelebt haben? Eine Welle sein, eins mit diesem dunklen Urmeer, das war ihre Bestimmung und ihr einziger Wunsch.
    Fuzz erwachte zu einer unmöglich bestimmbaren Tageszeit. Der Tag hatte hier unten keine Bedeutung, dachte er, diesen Gedanken für sehr philosophisch haltend. Dann

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