Clemens Gleich
unkontrollierten Zuckungen unterbrochen den Kopf. "Womit habe ich so einen dreckigen Verräter verdient, hm?"
"Die, die, die wollten unbedingt erst hier in dieses Paltberg, bevor sie mit zurück kommen. Bitte, sei nicht böse auf mich!" Fuzz begann zu weinen.
"Oh, ich bin nicht böse auf dich...", sagte Pi. Dann schrie er: "...sondern ich hasse dich bis in den Boden! Und was ist das überhaupt für eine Art, Feinde wie eine Hure zu bedienen?" Shardid tat nichts, er beobachtete nur. Er beobachtete vor allem einen alten Mann in einer roten Robe, der gerade vom Rücken des Drachen kletterte.
"Ich wollte sie nicht zwingen." Fuzz versuchte, die in ihm aufsteigenden Schluchzer aus seiner Stimme zu halten. "Ich wollte, ich wollte, dass Pikmo dein Freund wird und dein Bruder!"
"Ich brauche keine Freunde!", fauchte Pi ihn an. "Ich brauche keine Brüder! Vor allem nicht solche wie den! Vor allem nicht solche wie dich!" Er schritt stramm auf Fuzz zu. "Oh, habe ich mich auf den Moment gefreut, in dem ich dir die Kehle umdrehen kann, du miese kleine Laus! Willst du kämpfen oder lässt du dich freiwillig aufspießen? Mir ist es egal." In diesem Moment kroch ein gigantischer Hundertfüßler über den Hügel in Pis Sichtfeld. Panzerplatten verschoben sich, um die beiden Siebenrings nebst einem persönlichen Wächter auszuspeien. Elis Siebenring sah Pikmo. Sie lächelte, war sichtlich froh, ihn zu sehen. Eine der letzten Sicherungen verbrannte in Pis Gehirn und er stürzte auf seinen Bruder zu, den er zerfleischen wollte, ihn zerlegen in seine kleinsten molekularen Bestandteile. Fuzz war vergessen.
Kobla hob seinen Stab in Richtung Pikmo, doch Shardid trat in seine Sichtlinie:
"Erstaunlich. Man könnte meinen, der alte Laocoon steht vor einem."
"Erstaunlich. Man könnte meinen, der alte Shardid liegt tot vor einem." Damit hob Kobla wieder seinen Stab, im selben Moment, als Shardid konzentriert seine linke Handfläche nach vorne schob. Zwischen den beiden wurde die Welt zusammengedrückt; so stark, dass das Licht dort brach und streute. Offenbar hatte Koblaocoon genau auf diese Gegenreaktion gewartet, denn er rammte gleichzeitig ein Messer in Shardids Robe. Der bemerkte das Manöver erst so spät, dass er sich unvermittelt im intimen Nahkampf mit einem kleinen Mann wiederfand, der für sein Alter erstaunlich beweglich war, ganz zu schweigen von überakrobatisch schnell. Ganz sicher war das jedoch nicht Laocoon, dachte er, als er seinen Gegner Stock und Messer zu effektiven, ja: eleganten Kombinationen verweben sah, die er im Rückwärtsgang mit seiner Robe wegruderte. Denn Laocoon war tot. Er hatte es selbst mitangesehen. Ja, er hatte ihn sogar selbst getötet. Wer war das hier also? Es war der falsche Moment für solche gedanklichen Reflektionen. Er fühlte ein kaltes Reißen im Gesicht, als das Messer ihm ins Gesicht schnitt. Immerhin hatte ihm diese Wunde Raum verschafft, dachte Shardid ärgerlich. Im knappen Raum zwischen ihm und seinem Gegner streckte er lässig die rechte Hand aus. Es sah aus, als drücke er in der leeren Luft den empfindlichen Knopf einer Maschine oder zeige auf adelige Art gelangweilt auf den alten Mann ihm gegenüber. Sofort lag dieser am Boden, als hätte ihn eine unsichtbare Tonne Ziegelsteine unter sich begraben, und ohne einen Takt auszulassen, stürzte er auf den Liegenden zu, während aus seinem linken Arm eine Klinge wuchs wie ein kondensierender Schatten.
Es war ein ungleicher Kampf zwischen Pi und Pikmo. Nicht im Kampfpotenzial, sondern in den großen Unterschieden, wie dieses zustandekam. Pikmo war körperlich weit überlegen, sowohl im Hinblick auf seine Kraft als auch auf seine bessere Motorik. Doch er besaß weder eine Waffe noch konnte er Tricks wie Pi. Die vielen Limiter, die sein Verhalten einschränken sollten, schränkten zur selben Zeit auch seine Fähigkeit zum kreativen Kampf ein, zum Fallen stellen, planen, schmutzig Kämpfen. Pi hingegen war bewaffnet und kämpfte ausschließlich schmutzig und mit allen Tricks. Es war seine Art, zu leben. Dennoch hatte er es noch nicht geschafft, Pikmo so zu zerkleinern, wie es sein Plan war. Sie standen sich aus einiger Entfernung gegenüber, wild schnaufend. Das ging zu langsam, befand Pi. Er berührte mit der freien Hand erst die Zähne um seinen Hals, dann die Waffe in seiner Hand. Als er die Hände voneinander löste, hatte er in jeder Hand ein armlanges Messer. Mit einem Ruck gruben sich die Zähne der Kette in Pis Fleisch. Ein kurzes
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