Clemens Gleich
Ein kleines Stück Fell mit ledrigen Schwingen fiel mit einem traurig organischen Patschen auf die Erde. Keiner beachtete es. Schnaufend stand der alte Mann da, frische Blutergüsse und eine blutende Nase im Gesicht. Er hatte alles gegeben. Sein Blick fiel auf Palankins Rüstung, weil sie soeben wieder anfing, sich zu bewegen. Hoffnung keimte. Der Major hob einen Arm. Die Rüstung tat es ihm gleich. Es sah aus wie ein Gruß, bis sich in der offenen Hand der Maschine eine leuchtende Kugel formte. Hoffnung starb, Panik übernahm die Kontrolle. Der Verrückte hatte eine Wandlerkanone in seine komischen Kampfstelzen eingebaut, einen Desintegrator! Kobla rannte Haken schlagend los, als links und rechts von ihm die Kugeln Krater in den Boden rissen, indem sie das getroffene Material selbst in unkontrolliert freigesetzte Energie wandelten. Palankins Panzer schwang sich in die Lüfte, indem die Gigantenhände auf ihren glühenden Fingerspitzen durch die Luft krabbelten, die Rüstung unter ihnen durch die Kurven der Fliehkräfte schwenkend. Dabei feuerte er ohne Unterlass – und ohne Erfolg, denn der Alte hatte sich durch die Weltenscheide gerettet.
Getroffen!, dachte Gramp. Endlich! Ein Strom von Euphorie mischte sich in seinen See von Adrenalin. Dann sah er auf einmal rot – robenrot, denn Shardid stand vor ihm. Seine Hand blutete. Gramp schluckte. Shardids Hand blutete, weil er eine von Pis geworfenen Klingen davon abgehalten hatte, ihren Flug durch seinen Hals fortzusetzen. Gramp brachte ein heiseres "Danke" heraus.
Pikmos Arm war nutzlos; tiefe Schnitte dort gingen bis auf die Knochen. Pi wurde immer fröhlicher. Das machte Spaß! Er hatte die Exekution genüsslich in die Länge gezogen. Nun zum Höhepunkt! Pi erstach Pikmo. Das ging schwerer, als er angenommen hatte, denn Shardids Robe behinderte plötzlich den Stich mit ihrem Stoff, der einfach nicht reißen wollte. Pi warf sein Gewicht auf die Klinge, seinetwegen konnte sich der Stoff einfach mit hineinbohren, so lange sein verhasster Bruder nur endlich starb, starb, starb! Shardid zog den Stoff samt Messer zur Seite weg und hob dann die Hand in derselben Geste, die Koblaocoon zu Boden geschmettert hatte. Seine Hand bewegte sich nach unten. Pis Messer bewegte sich nach oben und trennte sie in einem sauberen Schnitt ab. Diesen erfreulichen Trend nutzend rammte Pi das Messer von dort ohne weitere Zwischenstops in Shardids Gesicht. Mit knapper Not entkam sein Gesicht zur Seite, nur das Visier trug eine tiefe Kerbe davon. Pi lachte. Sein toter Bruder gab ein unheimliches Echolachen dazu. Sie lachten weiterhin, als Shardid seinen Ellbogen auf Pis Nasenrücken schmetterte, was ihm immerhin Zeit genug gab, seine Schattenklinge wieder zu fokussieren. Pi und sein Bruder holten gerade synchron zum Schlag aus, der substanzlose Hasskörper des schrumpeligen Toten über Arm und Schulter konzentriert. Sie sprangen vor, die Klinge nach unten ziehend. Höchst berechenbar, dachte Shardid und trat unter dem Schutz seiner eigenen Waffe zur Seite weg. Weniger berechenbar war die schiere Wucht des Schlages. Pis Messer hatte die Schattenklinge durchtrennt, seinen Weg durch Shardids Frisur sowie die Kante seines Visiers fortgesetzt und steckte nun in der Schulter, der zähe Robenstoff endlich durchschlagen. Blut sickerte aus der Wunde. Die Klinge war schon wieder unterwegs: Pi riss sie beidhändig zum Hals hinüber. Shardid wand sich weg. Vor allem jedoch bremste etwas Pis Bewegungen. Schlangen von Formeln krochen über seine Arme, seine Beine und banden ihn an den Boden. Er sah sich um, sah Palankins hohlen Golem langsam auf sich zugehen, die flügelartigen Hände dieses Fangnetz webend. Geduld, dachte Pi, du bist als Nächstes dran. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Shardid. Er war nicht mehr da. Die Stimme hatte sich in eine sichere Entfernung in die Luft teleportiert und schrieb etwas auf einen länglichen Zettel, den sie in der Ellenbeuge fixierte, weil eine zweite Hand zum Festhalten fehlte.
Pi schrie. Pi sprang. Shardid klemmte sich den Zettel zwischen die Lippen und zeigte auf ihn, in einer absonderlich theatralischen Geste, die Pi zu Boden schmetterte. Obwohl er mittlerweile fast schwarz bedeckt war vor lauter Formeln, obwohl jede Bewegung aussah, als kämpfe er sich aus einer zähen Masse Buchstabenteers, obwohl er verrückt vor Schmerzen sein musste, stand er wieder auf. Da feuerte Magnus Palankin hintereinander zwei Wandler auf ihn ab – seine letzten, denn
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