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Clemens Gleich

Clemens Gleich

Titel: Clemens Gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pikmo und Jianna (German Edition)
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machte – offenbar eine Menge Strecke, nur in welcher Zeit war ihm unklar. Die Landschaft änderte sich mit einem Ruck. Offenbar war er weggetreten gewesen. Er fragte sich, ob dieser seltsame Körper nicht irgendwann Treibstoff brauchte, da erschien von irgendwoher das Wissen, dass er mehrfach rote kleine Kugeln zugeführt bekommen hatte. Beruhigt über die Autopiloten, die alles perfekt ohne ihn erledigten, ließ Pi sich los, fiel ins Nichts.
    Ruck. Er war auf dem Gelände eines kleinen Aussiedlerhofes und hielt einen Moment inne, um zu bluten. Sein fragmentiertes Bewusstsein setzte sich nur langsam wieder zusammen. Er hatte das nagende Gefühl, etwas ganz Wichtiges vergessen zu haben, wie nach der Abfahrt zu einer Reise ohne schnelle Wiederkehr. Dieser dicke Mann... Irgendetwas an ihm kam ihm bekannt vor, ja: enorm wichtig. Er versuchte, sich in Entspannung zu versenken, damit sein Gehirn die Chance hatte, wieder normal zu arbeiten. Der erste Teil der normalen Arbeit bestand in einem System-Check. Körperteile: vorhanden, lädiert. Orientierung: hier noch richtig. Stimmung: undefiniert. Die Kriegslieder seines Adoptivstammes summend, wankte er nach diesem Moment der erfolgreichen Selbstfindung an der Scheune vorbei zur Tür des Bauernhofes. Das erste Grau des Morgens stieg gerade wie Nebel von der Backbordseite des Horizonts auf und fiel auf die schrundigen Pratzen, die gerade zur Klinke griffen. Pi lachte unwillkürlich, lachte über die pochenden, schabenden Schmerzen im offenen Fleisch, wo er sich achtlos die Handschellen weggerissen hatte. Die Manie und sein adrenalingefluteter Körper ließen ihn geradezu albern werden. Drinnen verlor er das Gleichgewicht, hielt sich an den weiß gestrichenen Wänden fest, stürzte schließlich doch, und riß den Mantelständer mit um. Er tat das mitnichten aus echter Not, es gefiel ihm eigentlich nur, alles mit seinen nässenden Wunden zu besudeln. Prustend griff er den Kleiderständer und machte damit einige zielgerichtete Tangoschritte in die Küche des Hauses. Darin saß der Bauer beim Frühstück. Als Pi ihn sah, ließ er sofort seinen Tanzpartner scheppernd zu Boden gehen, um sich stumm daneben auf die einfache Holzbank zu setzen. Ein kleiner Topf voll Haferschleim stand auf dem Tisch, aus dem er sich einen kräftigen Schluck gönnte:
    "Aahhh..." Dem Bauer wurde der Brei auf dem Löffel kalt, der seit Pis Erscheinen vor dem Mund bewegungslos verharrte.
    "Was für ein Schlangenfraß", fuhr Pi fort, schubste den Topf vom Tisch und schaute mit verkniffenen Augen seinen Gastgeber an, der wiederum ihn anstarrte. "Was gibts denn da zu glotzen, hä?", fragte er dann. Er erhielt keine Antwort. Sofort spielte Pi aggressiv, warf den Topf an die Wand und schrie:
    "Suchst wohl Ärger?! Den haste jetzt!" Der arme Mann begann zitternd den Brei auf seinem Löffel zu verlieren. Er konnte seinen stieren Blick nicht von dem blutverkrusteten Monster abwenden, das auf einmal diese zentrale Bedeutung in seiner Küche und seinem augenblicklichen Leben innehatte. Pi packte ihn am Kragen, zog ihn mit einem Ruck zu sich und grinste ihn an, diesmal mit etwas Verlangendem, fast Liebevollen irgendwo in den Mundwinkeln. Ohne Vorwarnung drückte er sich an den Mann und ließ eine Weile sein Wundwasser sickern, ziemlich genau so lange, wie der Umarmte brauchte, sich zu fragen, ob er jemals etwas Schlimmeres erlebt hatte. Eine seltsame Geruchsmischung von getragener Kleidung, Körpernähe, Essen und Blut lag zwischen den beiden Nasen.
    "Dir hängt da Essen im Gesicht", sagte Pi schließlich. Dann leckte er ihm hingebungsvoll mit seiner rauen, flachen Raspelzunge das Gesicht ab. Endlich schaffte es der Bauer, sich aus seiner Starre zu lösen.
    "Was ... was willst du von mir?", fragte er sich mit Furchttremor in der Stimme.
    "Es spricht!" Pi klatschte freudig in die Pranken. Abrupt verfiel er in ein heiser keuchendes Flehen: "Hilfe! Ich ... will ... Hilfe." Zitternd reckte er seine zerschundenen Unterarme empor, während er auf Knien die Bank entlang wieder näher heranrutschte. Der arme Mann überschlug sich beinahe, dem Hilferuf nachzukommen. Er rannte in den Flur, es schepperte kurz, dann kehrte er zurück mit einer gut sortierten Verbandskiste. Unwirsch riss Pi sie ihm aus den Händen, setzte sich auf den Tisch und begann, sich mit Verbänden zu umwickeln. Auch das nicht aus Not (denn er hatte bessere Regenerationsmethoden), sondern weil er gerade diesem zufälligen Impuls nachgeben wollte.
    "Ich

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