Clemens Gleich
er war wichtig, seine Taten daher richtig. Sie tranken aus. Sie bestellten. Sie tranken aus. Sie gingen. Salvin setzte einen eher ungefähren Kurs in Richtung jenes Nachtclubs, in den das gute Dienstmädchen Mara Millwell nach seinen Informationen bei ihren Besuchen in Romala gern ging. Die Chancen standen heute äußerst gut, die Dame dort anzutreffen.
An der Eintrittstür wurden sie abgewiesen. Es gab dazu eine ganze Reihe von Gründen, von der Überalkoholisierung beider Kandidaten über ihre Unterangezogenheit bis hin zu den offensichtlichsten, dass sie einfach keine besonders netten Menschen waren, auf die eine gute Club-Stimmung eben angewiesen ist. Der große, bärige Felligentürsteher entschied sich aus diesen vielen Ablehngründen für:
"Entschuldigung, heute nur mit Anzug oder abendtauglichem Kleid." Nach mehreren Versuchen gelang es Salvin, seine Visitenkarte zu zücken, fallenzulassen, wiederaufzuheben und sie dem Türsteher nach oben vors Gesicht zu halten.
"Da. Der vom Täglichen Echo, Sie wissen schon", sagte Salvin.
"Hat der vom Täglichen Echo, Sie wissen schon, denn einen Anzug an?", fragte der Bär um der Rhetorik willen. "Nein. Heute nur mit Anzug."
Eine Stunde später standen sie wieder an der Tür, diesmal im Anzug. Helwer, der rein aus Prinzip keinen Anzug besaß, trug einen aus Salvins Garderobe, zusammen mit ein paar farblich passenden Schuhen, die ihm viel zu klein waren und ihn humpeln ließen. Der Türsteher gewährte ihnen widerwillig Einlass. Er schwor sich selbst, das nächste Mal solchen Leuten einfach ein kategorisches Nein zu servieren.
Endlich drinnen stolperte das Paar durchs Dunkle, beide trotz Rausch sichtlich nicht in ihrem Element. Sie grasten die Bars ab, scannten die Sofa-Ecken, bis sie schließlich keine Wahl mehr hatten. Sie mussten sich ihrem schlimmsten Alptraum stellen: der Tanzfläche. Es war ausgerechnet eine von diesen großen, bei denen man durch bloßes Außenherumdrucksen niemals alle Tänzer sehen konnte. Man musste mittendurch. Für die Taktik "stumpf durchstapfen, egal, wer da wie tanzt" fehlte ihnen das richtige Selbst- und Situationsverständnis, deshalb war es gut, dass sie betrunken genug waren für Plan B: abspasten und es "tanzen" nennen.
"Ja. Öh.", machte Helwer.
"Hm. Na dann...", bestätigte Salvin. Beide zuckten unbeholfen, wobei sie es peinlichst vermieden, dem anderen in die Augen zu sehen. Langsam bewegten sie sich über die Tanzfläche, ohne Körper- oder gar Taktgefühl, dafür mit viel Aufmerksamkeit und einer Menge getretener Füße. Nach einer ihm ewig erscheinenden Zeitspanne dieses unwürdigen Verhaltens entdeckte Salvin endlich sein Opfer. Sie stand an der Bar. Verdammt. Hätte sie da nicht vorhin stehen können? Egal. Mit Helwer im Schlepptau steuerte er die Bar und sprach das Mädchen an. Aus ihrer Sicht sah das so aus:
"Hallo", grinste sie ein schwitzender Trinker an. Neben ihm stand noch ein schwitzender Trinker mit X-Beinen, der grinsend nickte. Mara war nicht erfreut. Sie hatte sich gerade mit einem tatsächlich interessanten Typen unterhalten.
"Kennst du die?", fragte der tatsächlich interessante Typ.
"Nein. Würde es dir was ausmachen, hierzubleiben?", fragte Mara. "Die sehen gruselig aus." Sie machte sich keine Mühe, ihre Stimme zu senken.
"Wir würden gern mit Ihnen sprechen, Frau Millwell", tropfte Salvin. "Über Ihren Arbeitgeber." Mara musterte ihn von oben bis unten. Das dauerte nicht lange.
"Seid ihr von der Wohlfahrt oder von der Presse?", fragte sie.
"Ich bin vom Täglichen Echo und mein Kollege hier ist von einer wohltätigen Organisation."
"Von FAK", präzisierte Helwer.
"Von FAK", papageite Salvin.
"Ihr gebt ein hübsches Pärchen ab, Kompliment." Mara steckte sich eine Zigarette an. "Einer von diesem Schundblättchen und einer von den Verrückten. Interessant. Und jetzt willst du, dass ich schmutzige Wäsche über die Siebenrings wasche, hm, hier an dieser heimeligen Schmuddelbar?"
"Äh, ja", musste Salvin zugeben. "Ja, deswegen sind wir hier. Vor allem geht es mir um die Feature-Liste, mit der dieser Pikmo bestellt wurde." Mara verzog keine Miene.
"Nein, kein Interesse", sagte sie. "Darüber darf ich sowieso nicht reden. Wenn ihr mich jetzt entschuldigt, würde ich gern mit interessanten Männern sprechen. Dann könnt ihr auch weiterturteln." Helwer wurde langsam nervös ob dieser ständigen Infragestellung seiner Sexualität. Aber Salvin ließ nicht locker. Er hätte gern gesagt, dass die pikanten
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