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Clemens Gleich

Clemens Gleich

Titel: Clemens Gleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pikmo und Jianna (German Edition)
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nichtmal eine vage Vorstellung. Manchmal versuchte er, sich seine Idealfrau vorzustellen, was allerdings nicht funktionierte. Seine Gedanken füllten sich jedes Mal mit anderen Frauen, sein Gemüt jedes Mal mit demselben Hass. Als er draußen bei den Feldern vor seiner Begegnung mit dem dicken Mann in der Erinnerung seines großen Bruders gestöbert hatte, um ihn zu finden, hatte er emotionale Anhaltspunkte erhalten. Doch die waren ihm ebenso entglitten wie die gesamte Situation. Er hätte dort bereits alles herausfinden können und den dicken Mann töten. Hätte, hätte, Antriebskette, dachte er einen Kinderreim nach, der sich als Fragment in seiner Erinnerung fand. Diese Situation war verloren. Es blieb, neue Versuche zu starten. Pi hasste neue Versuche.
    Er sah die fest schlafende Fidi an. Er wandte sich ab. Er beschäftigte seine Finger mit dem Anziehen seiner Hose und seinen Kopf mit Gedanken an seine Mission. Er hasste seine Mission. Zumindest hatte der Priesterhäuptling ihm versprochen, dass am Ende dieses Weges Trost für ihn selber stehe. Das klang nach Besserung. Vielleicht sollte er sich also jetzt mal richtig reinhängen. Vielleicht sollte er jetzt erstmal anständig frühstücken, damit er sich überhaupt reinhängen konnte. Pi sah Fidi nochmal an, damit er hassschnaubend mit dem Kopf schüttelnd hinausfegen konnte. Doch unmittelbar, nachdem er hinausgefegt war, stürmte er wieder hinein und drückte Fidi, als wäre sie seine lange gesuchte, endlich gefundene Liebe statt wie in Wirklichkeit eine weitere in einer endlosen Kette von Huren. Verwirrt erwachte sie.
    "Willkommen im Wach", sagte sie. Das war der traditionelle Gruß dessen, der zuerst aufwachte.
    "Mm", murrte Pi. Er sollte jetzt gehen, sagte er sich. Jetzt. Sie war bestimmt noch nicht so lange eine Hure, flüsterte eine Stimme ein. Es wäre doch nett, sie ein bisschen dabeizuhaben. Soll die Häuptlingsrunde eben mehr springen lassen.
    "Hast du heute was vor?", fragte er nach einer Wartezeit, die bis an die Grenzen erträglichen Schweigens ging.
    "Ja."
    "Stimmt", sagte Pi und stand auf. "Lass mich dir sagen, was: Du begleitest mich auf meiner Suche nach irgendwelchen Schwachköpfen." Sie zögerte, ihre Gedanken schwammen träge im Morgentran. Pi fuhr fort: "Wenn du nicht den ganzen Tag mit Männern von vorn bis hinten und oben und unten ausgebucht bist, würde ich nicht so lange überlegen. Ich bescheiß' dich wenigstens nicht um deine Kompensation." Fidi zuckte mit den Schultern, gähnte ausgiebig und grinste dann ein Okay. Es derart hinreißend gleichgültig aus, dass Pi sich ob dieses Anblicks gleich wieder die Hose auszog. Erst eine ganze Weile später trafen sie Telemann am Frühstückstisch. Der stand auf einer Plattform, bestehend aus einer Mischung von Ast und Blatt. Waldwipfel boten sich den Augen dar, anregend riechende Essbarkeiten der Nase. Das Licht schimmerte grünlich durch das Blattdach über ihnen. In der Ecke hinter einer schummrigen Bar stand eine Frau, die aussah, als hätte sie die letzte Nacht ähnlich viel getrunken wie diese Gäste. Telemann saß auf dem Tisch und hielt sich an einer für ihn riesigen, wärmenden Tasse fest. Er sah Fidi fragend missbilligend an. Mit einem ob seiner Proportionen beeindruckenden Achselzucken machte er sich jedoch ohne einen Kommentar ans Essen. Priorität eins war: Rekonvaleszenz durch Nahrung. Mit den Neurosen seines übergeschnappten Kollegen hier würde er noch früh genug konfrontiert.
    "Was machen wir heute?", fragte Telemann, als er die ersten Anzeichen wieder einsetzender Normalität in seinem Blutkreislauf spürte.
    "Das, was wir gestern machen wollten", sagte Pi. "Irgendwelche Schiffe abgelegt?"
    "Nein, aber lange werden sie sich nicht mehr aufhalten lassen."
    "Also lass uns ein bisschen umhören, was hier in der letzten Zeit Auffälliges los war." Pi richtete sich theatralisch an Fidi: "Was war hier in der letzten Zeit Auffälliges los?"
    "Nichts", antwortete sie. "Ein Schiff ist geklaut worden."
    "Ein Schiff ist geklaut worden, hörst du das?", wiederholte Pi für Telemann.
    "Das wissen wir doch schon", ächzte der.
    "Scht! Jetzt ist es ein Hinweis aus der Bevölkerung."
    "Was ändert das?"
    "Alles."
    "Also, was machen wir damit?"
    "Ja, was machen wir damit?", gab Pi die Frage einfach an Fidi weiter.
    "Das Schiff verfolgen?", versuchte sie.
    "Wir verfolgen das Schiff", bestimmte Pi in festem Befehlston.
    "Was?", rief Telemann. "Ich denke, da sind sie sicher nicht dabei? Wie war

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