Club Dead
verstehen, ich solle das Fenster öffnen. Als Antwort schüttelte ich den Kopf und legte mir erneut den Finger auf die Lippen. Wenn ich Eric jetzt einließ, würde Terence das sicher hören und somit auch mitbekommen, daß Alcide nicht allein in der Wohnung war. Instinktiv war mir klar, daß es dem Leitwolf wenig gefallen würde mitzubekommen, daß er belauscht worden war. Auf Zehenspitzen schlich ich geräuschlos wieder zur Tür und horchte weiter. Draußen war man dabei, sich voneinander zu verabschieden. Ich warf einen Blick zum Fenster und mußte feststellen, daß Eric mir mit großem Interesse zusah. Ich hielt einen Finger hoch, um anzudeuten, daß er nun nicht mehr lange würde warten müssen.
Dann hörte ich, wie die Wohnungstür geschlossen wurde; wenig später klopfte es an meine Zimmertür. Ich ließ Alcide ein, wobei ich stark hoffte, daß meine Wangen nicht noch vom Mittagsschlaf mit irgendwelchen merkwürdigen Abdrücken von Kissenbezügen verziert waren.
„Alcide, ich habe einen großen Teil deiner Unterhaltung eben mit angehört", begrüßte ich meinen Gastgeber. „Es tut mir leid, daß ich gelauscht habe, aber allem Anschein nach hatte das Gespräch auch etwas mit mir zu tun. Ach ja - Eric ist auch hier."
„Das sehe ich", bemerkte Alcide, und es klang wenig begeistert. „Dann lasse ich ihn wohl lieber ein. Kommen Sie rein." Mit diesen Worten öffnete er das Fenster.
Eric landete so glatt und anmutig, wie es einem großen Mann möglich ist, der gezwungen ist, eine Wohnung durch ein kleines Fenster zu betreten. Er trug einen dreiteiligen Anzug, komplett mit Krawatte und Weste; seine Haare waren streng zurückgekämmt und hinten zum Pferdeschwanz zusammengefaßt, und er hatte eine Brille auf der Nase.
„Bist du inkognito unterwegs?" wollte ich wissen, denn ich mochte meinen Augen kaum trauen.
„Ja!" verkündete er stolz und sah zufrieden an sich herab. „Das bin ich - und? Wie findest du mich? Sehe ich anders aus als sonst?"
„Aber deutlich!" mußte ich zugeben. „Du siehst aus wie Eric, der sich in Schale geworfen hat."
„Gefällt dir der Anzug?"
„Klar doch", gab ich schnell zu. Ich verstand nicht viel von Herrenoberbekleidung, wäre aber jede Wette eingegangen, daß das dreiteilige Ensemble aus irgendwie olivgrünem Stoff da vor mir mehr gekostet hatte als zwei meiner Wochenlöhne. Oder vier. Ich hätte vielleicht für einen Mann mit blauen Augen nicht zu genau dieser Farbe gegriffen, mußte aber dennoch zugeben, daß Eric sensationell aussah. Sollte irgendwann einmal eine Vampirausgabe von GQ auf den Markt kommen, hätte er bestimmt gute Chancen, zu einem Fototermin geladen zu werden. „Wer hat dich denn frisiert?" erkundigte ich mich dann, denn mir war jetzt erst aufgefallen, daß er es gar nicht als Pferdeschwanz trug, sondern vielmehr in einem kompliziert geflochtenen Zopf.
„Oooh, eifersüchtig?"
„Nein. Ich habe mich nur gefragt, ob derjenige wohl bereit wäre, mir beizubringen, wie ich das bei meinen Haaren auch hinbekomme."
Alcide hatte mittlerweile genug von unseren Kommentaren zu Modefragen. „Was sollte das eigentlich?" fragte er streitsüchtig. „Mir einen toten Mann in die Flurgarderobe zu stopfen?"
Ich hatte selten erlebt, daß Eric die Worte fehlten, aber genau das taten sie nun - satte 30 Sekunden lang.
„Das war doch wohl nicht Bubba - der Mann im Schrank?" wollte er dann wissen.
Nun waren wir an der Reihe, ihn mit offenem Mund anzustarren - Alcide, weil er nicht wußte, wer zum Teufel Bubba war, und ich, weil ich mir nicht vorstellen konnte, was dem stets leicht verwirrten Vampir zugestoßen sein mochte.
Hastig erklärte ich Alcide, was es mit Bubba auf sich hatte.
„Das erklärt dann also, warum ihn ständig wer gesehen haben will", sagte er und schüttelte nachdenklich den Kopf. „Verdammt - dann hatten die also alle recht."
„Der Klüngel in Memphis wollte ihn behalten, aber das war einfach unmöglich", erklärte Eric. „Er wollte immerfort nach Hause, und das führte dann unweigerlich zu Zwischenfällen. Also sind wir dazu übergegangen, ihn herumzureichen."
„Ja, und jetzt ist er Ihnen verlorengegangen", stellte Alcide fest, den Erics Problem nicht weiter zu betrüben schien.
„Gut möglich, daß die Leute, die in Bon Temps versucht haben, Sookie zu entführen, statt dessen Bubba mitgenommen haben", überlegte Eric. Dann zupfte er an seiner Weste und sah selbstzufrieden an sich herunter. „Also - wer war denn nun da in eurem
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