Cobra - Forsyth, F: Cobra - Cobra
sich miteinander ab, um nicht aufzufallen, doch der Lastwagenfahrer schien ganz unbesorgt zu sein.
Er wurde durch halb Suffolk verfolgt, bis er in einer Parkbucht anhielt. Dort wartete ein schwarzer Mercedes, aus dem mehrere Männer ausstiegen. Das Verfolgerfahrzeug hielt nicht an, sondern fuhr vorbei, registrierte jedoch das Kennzeichen des Mercedes, und Sekunden später war der Wagen identifiziert. Er war auf eine Strohfirma zugelassen, aber ein paar Wochen zuvor war beobachtet worden, wie er auf das Gelände von Benny Daniels’ Landhaus fuhr.
Der holländische Fahrer wurde mit ausgesuchter Freundlichkeit in die Raststätte an der Parkbucht geführt. Zwei Bandenmitglieder blieben bei ihm, während sein Lastwagen für zwei Stunden verschwand. Als er zurückgebracht wurde, bekam der Fahrer ein dickes Bündel Geldscheine und durfte seine Fahrt in die Midlands fortsetzen, wo sein Laster an einem Supermarkt entladen wurde. Das ganze Verfahren sah aus wie der Schmuggel illegaler Einwanderer nach Großbritannien, und das Einsatzkommando befürchtete schon, am Ende mit einem Haufen hilfloser, verzweifelter Iraker dazustehen.
Während der Holländer in der Raststätte seinen Kaffee trank, brachten die beiden anderen Männer aus dem Mercedes seinen Lastwagen weg, um dessen eigentliche Schätze auszuladen: keine Iraker, die hier ein neues Leben anfangen wollten, sondern eine Tonne reines kolumbianisches Kokain.
Auf der Fahrt von der Parkbucht südwärts nach Essex hinein wurde der Lastwagen verfolgt. Diesmal waren Fahrer und Beifahrer äußerst wachsam, und die Verfolger mussten ihre ganze Geschicklichkeit aufwenden, einander ständig überholen und die Position wechseln, damit sie keinen Verdacht erregten. Als sie die Countygrenze überfuhren, stellte die Polizei von Essex zwei weitere unmarkierte Wagen zur Verfügung, um die Arbeit zu erleichtern.
Endlich erreichte der Laster sein Ziel: einen alten, scheinbar verlassenen Flugzeughangar in der Salzmarsch am Mündungslauf des Blackwater. Die Landschaft war so flach und kahl, dass die Beobachter nicht wagten, weiter zu folgen, aber eine Hubschraubercrew der Verkehrspolizei von Essex sah, dass das Portal des Hangars geschlossen wurde. Der Laster blieb vierzig Minuten im Hangar, dann kam er wieder heraus und fuhr zurück zu dem wartenden Fahrer in der Raststätte.
Nach seiner Abfahrt war der Lastwagen nicht mehr besonders interessant. Aber ein Team von vier Überwachungsexperten kauerte mit starken Ferngläsern tief verborgen im Schilf. Schließlich tätigte jemand im Hangar einen Telefonanruf, der von der SOCA und der Zentrale für Telekommunikationsüberwachung in Cheltenham mitgeschnitten wurde. Der Angerufene war jemand in Benny Daniels’ Landhaus, das zwanzig Meilen weit entfernt lag. In dem Gespräch ging es um den Abtransport von »Ware« am nächsten Morgen, und Commander Reynolds blieb nichts anderes übrig, als noch in derselben Nacht eine Razzia durchzuführen.
Aufgrund vorheriger Bitten aus Washington wurde beschlossen, die Razzia sehr öffentlichkeitswirksam zu gestalten. Ein Fernsehteam der Sendung Crimewatch würde dabei sein.
Don Diego Esteban hatte ebenfalls ein Problem mit der Öffentlichkeit, und zwar ein schweres. Aber seine Öffentlichkeit beschränkte sich auf seine zwanzig Hauptkunden, zehn in den USA und ebenso viele in Europa. Er schickte José-Maria Largo auf eine Rundreise durch Nordamerika, bei der er den zehn größten Abnehmern der Ware des Kartells versichern sollte, dass die Probleme, die ihre Geschäfte seit dem Sommer beeinträchtigt hätten, demnächst überwunden sein würden und die Lieferungen wieder wie gewohnt aufgenommen werden könnten. Aber die Kunden waren ernstlich erbost.
Die großen Zehn gehörten zu den Privilegierten, die nur eine fünfzigprozentige Anzahlung zu leisten brauchten, doch diese belief sich pro Gang immer noch auf mehrere zehn Millionen Dollar. Die restlichen fünfzig Prozent brauchten sie erst nach der sicheren Ankunft der Lieferung zu zahlen.
Jede Beschlagnahmung, jeder Verlust, jede verschwundene Lieferung im Transit zwischen Kolumbien und dem Übergabeort war ein Verlust für das Kartell. Aber darum ging es nicht. Dank der Katastrophe mit der Rattenliste hatten amerikanische Zoll- und Polizeibehörden Dutzende von erfolgreichen Razzien in den Inlandsdepots durchgeführt, und die Verluste waren schmerzhaft.
Doch das war nicht alles. Jede große Importeursbande hatte ein Netz von kleineren Kunden, deren
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