Cobra - Forsyth, F: Cobra - Cobra
für ihn zu spielen? Und warum konnte er seine Briefe nicht mit der Post schicken? Es war ein Schuss ins Blaue, aber Dexter richtete eine entsprechende Anfrage an Colonel Dos Rios, den Nachrichtendienstchef des Drogendezernats der Policia Judicial. Während er auf die Antwort wartete, unternahm er zwei kurze Reisen.
Vor der Nordostküste Brasiliens liegt ein obskurer Archipel aus einundzwanzig kleinen Inseln, der den Namen der größten trägt: Fernando de Noronha. Diese Insel ist nur ungefähr sechs Meilen lang und zwei breit und hat eine Fläche von zehn Quadratmeilen. Die einzige Ortschaft heißt Vila Dos Remedios.
Früher hatte es hier ein Gefängnis gegeben wie auf der französischen Teufelsinsel, und der dichte Wald war gerodet worden, um zu verhindern, dass sich die Gefangenen Flöße für die Flucht bauten. Anstelle der Bäume machte sich Gestrüpp breit. Ein paar reiche Brasilianer haben hier, abseits von allem, ihre Ferienhäuser, aber Dexter interessierte sich für den Flugplatz. Erbaut 1942 vom U.S. Army Air Force Transport Command, wäre er der perfekte Stützpunkt für eine Einheit der U.S. Air Force mit Predator- oder Global-Hawk-Drohnen, die endlose Stunden lang in der Luft kreisen und mit Kameras, Radargeräten und Wärmesensoren nach unten spähen konnten. Er flog als kanadischer Hotelbauunternehmer hin, sah sich um, fand seine Vermutung bestätigt und flog wieder ab. Seine zweite Reise führte ihn nach Kolumbien.
Präsident Uribe war es 2009 gelungen, der Terrorbewegung FARC , die sich in Wahrheit auf Lösegeldentführungen spezialisiert hatte, einen wirksamen Schlag zu versetzen. Aber sein Kampf gegen das Kokain war an Don Diego Esteban und dem äußerst effizienten Kartell, das er geschaffen hatte, gescheitert.
In jenem Jahr hatte Uribe zum Ärger seiner linksradikalen Nachbarn in Venezuela und Bolivien amerikanische Streitkräfte nach Kolumbien eingeladen, um ihm mit ihrer überlegenen Technologie behilflich zu sein. Auf sieben kolumbianischen Militärstützpunkten hatte man ihnen Einrichtungen angeboten. Eine davon befand sich in Malambo, unmittelbar an der Nordküste bei Barranquilla. Dexter flog hin und gab sich als seriöser Militärpublizist aus, der mit Genehmigung des Pentagon unterwegs war.
Da er einmal im Lande war, wollte er die Gelegenheit nutzen und nach Bogotá fliegen, um den gefürchteten Colonel Dos Rios kennenzulernen. Die U.S. Army brachte ihn zum Flughafen Barranquilla, und Dexter erwischte einen Shuttleflug in die Hauptstadt. Zwischen der immer noch warmen, tropischen Küste und der Hauptstadt in den Bergen herrschte ein Temperaturunterschied von zwanzig Grad.
Weder der Chef der amerikanischen DEA -Niederlassung noch der Leiter des britischen SOCA -Teams in Bogotá wusste, wer Dexter war oder was die Cobra vorbereitete, aber beide hatten von ihren Zentralen am Army Navy Drive und am Albert Embankment die Anweisung zur Kooperation erhalten. Sie alle sprachen fließend Spanisch, und Dos Rios’ Englisch war ebenfalls perfekt. Er war überrascht, als der Fremde eine DNA -Probe erwähnte, die vierzehn Tage zuvor übermittelt worden war.
»Seltsam, dass Sie ausgerechnet jetzt vorbeikommen«, sagte der jugendliche, dynamische kolumbianische Polizist. »Heute Morgen habe ich ein Ergebnis bekommen.«
Seine Erklärung war seltsamer als Dexters Erscheinen, das rein zufällig zustandegekommen war. Wegen der Sparsamkeit der Regierungen vor Alvaro Uribe war die DNA -Technik spät nach Kolumbien gekommen; erst er hatte die Etats vergrößert.
Aber Dos Rios verschlang fieberhaft sämtliche Publikationen über moderne forensische Technologie. Früher als seine Kollegen hatte er begriffen, dass die DNA -Analyse ein machtvolles Werkzeug zur Identifizierung von Personen sein würde, von lebenden wie von toten (und von Letzteren gab es eine Menge). Schon bevor das Labor seiner Abteilung etwas damit anfangen konnte, hatte er angefangen, Proben zu sammeln, wann und wo er nur konnte.
Fünf Jahre zuvor hatte einer der im Album des Drogendezernats porträtierten Gangster einen Autounfall gehabt. Der Mann hatte nie vor Gericht gestanden, war nie verurteilt oder eingesperrt worden. Jeder New Yorker Bürgerrechtsanwalt hätte dafür gesorgt, dass Dos Rios seine Dienstmarke verloren hätte für das, was er getan hatte.
Lange bevor der Don das Kartell organisierte, waren Dos Rios und seine Kollegen davon überzeugt gewesen, dass dieser Mann ein bedeutender Berufsverbrecher war. Er war seit
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