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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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sowohl den Schutz der Expedition als auch die härteste Arbeit aufgebürdet hatte, waren sie allemal bereit, sich so schnell wie möglich auf den Heimweg zu machen. Die vier, die noch immer mit Verletzungen von ihrer hektischen Flucht von Junca im Lazarett lagen, waren vermutlich dreifach dieser Ansicht.
    Außerdem wäre es sicherlich die einfachste Methode, den Streit beizulegen. Jonny Moreau, Cobra und Gouverneur a. D., besaß mehr natürliche und rechtmäßige Autorität als jeder andere an Bord, Shepherd eingeschlossen. Er öffnete gerade den Mund und wollte sich geschlagen geben, als er sich Chrys’ Gesicht genauer ansah.
    Sie war wütend. Sie versuchte, ihren Zorn zu verbergen, doch Jonny kannte sie zu gut, um sich täuschen zu lassen. Die angespannten
Fältchen rings um die Augen, die leichte Verkniffenheit um ihren Mund, die gespannten Muskeln in Wangen und Hals – sie war verärgert, kein Zweifel. Verärgert und nebenbei leicht verzweifelt.
    Es war derselbe Ausdruck, den er in den letzten Jahren viel zu häufig bei ihr beobachtet hatte.
    Und mit diesem Zusammenhang wurde ihm auch plötzlich klar, wie seine angemessene Reaktion auf die inneren Querelen an Bord der Menssana aussehen musste. »Also, Ray und die anderen können das schlicht vergessen«, meinte er zu ihr. »Wenn Shepherd zu höflich ist, um es den Wissenschaftlern klarmachen zu können, dann hat er sich ihr Gejammer selbst zuzuschreiben. Ich mache hier Ferien.«
    Chrys’ bekam einen Augenblick lang große Augen, aber dann huschte ein verhaltenes Lächeln über ihre Lippen, und die Anspannung in ihrem Gesicht und ihrem Körper löste sich. »Ich werde dich wörtlich zitieren«, sagte sie.
    »Tu das. Aber vorher guck dir das hier mal an«, fügte er hinzu, als sie kehrtmachen und ins Lager zurückgehen wollte. »Scheint so, als lockten wir die hiesigen Zuschauer an.«
    Der Vogel hockte tatsächlich noch immer reglos auf seinem Ast. »Komisch«, meinte Chrys und betrachtete ihn durch ein zusammenklappbares Fernglas. »Der Schnabel scheint eher zu einem Raubvogel zu passen als zu einem Körner- oder Insektenfresser. Die Füße ebenfalls.«
    Jonny stellte seine optischen Verstärker eine Stufe höher. Tatsächlich, jetzt, wo sie es sagte, glichen sie eher den Krallen eines Condorins. »Was ist komisch daran? Wir haben Vögel und Nager verzeichnet, die für ihn als Beute klein genug wären.«
    »Ich weiß … aber wieso sitzt er einfach da? Wieso ist er nicht auf der Jagd oder tut sonst etwas?«
    Jonny runzelte die Stirn. Der Vogel hockte reglos mitten im niedrigen Gestrüpp … so als hätte er Angst, das bisschen Deckung aufzugeben, das sein Platz bot. »Vielleicht ist er verletzt«,
schlug er zögernd vor. »Oder er versteckt sich vor einem größeren Raubtier.«
    Sie sahen sich an, und er erkannte in ihren Augen, dass sie denselben logischen Gedankengang verfolgt hatte und zum gleichen Ergebnis gekommen war. Welches ihr ebenso wenig gefiel wie ihm. »Vor … uns zum Beispiel?«, sprach sie schließlich aus, was sie beide dachten.
    »Ich wüsste nicht, wovor er sich sonst fürchten sollte«, gestand er, während er kurz den Himmel absuchte.
    »Ein Bodentier? Nein. Alles von der Größe einer Katze könnte sich in das niedrige Gestrüpp schleichen.« Chrys blickte zu dem Vogel hinüber. »Aber … woher kann er wiss…«
    »Er ist intelligent.« Erst als er die Worte ausgesprochen hatte, merkte Jonny, wie sehr er an sie zu glauben begann. »Er sieht, dass wir Werkzeuge benutzen und dass wir Fremde sind, und er verhält sich einfach entsprechend vorsichtig. Oder er wartet darauf, dass wir mit ihm Kontakt aufnehmen.«
    »Wie denn?«
    »Na ja … vielleicht sollte ich zu ihm rübergehen.«
    Chrys hielt ihn überraschend fest am Arm zurück. »Glaubst du, das wäre sicher?«
    »Ich bin schließlich ein Cobra – schon vergessen?«, brummte er, jetzt selbst äußerst angespannt. Kontaktaufnahme mit dem Unbekannten … Plötzlich kam seine alte Kampfausbildung wieder zurück. Regel Nummer eins: für Rückendeckung sorgen. Vorsichtig, ruckartige Bewegungen vermeidend, zog er sein Fon aus dem Gürtel. »Dr. Hanford?«, wandte er sich an den einzigen Zoologen, der sich seines Wissens ganz in der Nähe befand, den einzigen, den er in der Nähe des Schiffes gesehen hatte, als Chrys vor ein paar Minuten zu ihm gekommen war.
    »Hanford hier.«
    »Jonny Moreau. Ich befinde mich im südöstlichen Abschnitt der Schutzzone. Könnten Sie bitte mal rüberkommen,

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