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Cobra

Titel: Cobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Zahn
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verloren – ich will dich nicht auch noch verlieren.«
    Jonny schloss die Augen und atmete tief und stockend durch. Es gehört nicht zu meiner Pflicht gegenüber Ariel, mein Leben im Zorn zu verschwenden, dachte er angesichts der Weißglut in seinem Innern und langsam fiel das lodernde Feuer zu Aschenglut zusammen.

    Er öffnete die Augen. Challinor und Taber beobachteten ihn angespannt. »Dr. Eldjarn musste heute Morgen nach Sangraal fahren«, erklärte er Challinor mit ruhiger Stimme. »Du musst unser Fon-System freigeben, damit wir ihn zurückrufen können.«
    Die beiden abtrünnigen Cobras wurden eine Spur entspannter. »Nicht nötig«, sagte Challinor. »Er wird in wenigen Minuten wieder zu Hause sein, wenn das nicht sogar bereits der Fall ist. Unsere Straßensperre hat ihn auf dem Weg nach Thanksgiving gestoppt. Ihr hättet wirklich nicht versuchen sollen, auf diesem Weg eine Nachricht rauszuschmuggeln – dadurch habt ihr uns keine andere Wahl gelassen, als einzuschreiten.«
    Dazu gab es nichts mehr zu sagen. Jonny nahm Chrys’ Arm und ging mit ihr fort.
     
    »Sein Urgroßvater war der Letzte von sechs Generationen von MacDonalds, die eine Offiziersstelle in der Einundfünfzigsten Highland-Division auf der Erde innehatten – wusstest du das?«
    Jonny nickte stumm. Chrys hatte sich auf dem Sofa eingerollt und seit ihrer Rückkehr in ihr Haus vor mehreren Stunden fast unaufhörlich über MacDonald gesprochen. Anfangs war Jonny besorgt gewesen und hatte sich gefragt, ob sie sich vielleicht in irgendeine private Phantasiewelt zurückzog. Aber schon bald wurde ihm klar, dass dies einfach ihre Art war, Abschied zu nehmen.
    Und so saß er stumm in seinem Sessel, gab, wenn nötig, eine Antwort und sah zu, wie sie sich ihren Kummer von der Seele redete.
    Der Nachmittag war fast vorbei, als sie schließlich schwieg, und danach saßen sie eine ganze Weile in der Stille und blickten aus dem Fenster auf die länger werdenden Schatten. Jonny kam nie dahinter, was Chrys während dieser Zeit dachte. Seine eigenen Gedanken jedoch waren ein langsam dahinfließender Strom von Verbitterung und blinden Schuldgefühlen. Wieder und wieder spulte er die Szene vor seinem inneren Auge ab, und immer neue Fragen stellten sich ihm und ließen ihn nicht los. War MacDonald
wirklich vor Wut durchgedreht, oder hatte er kühlen Kopfes gehandelt? Hatte er eine Gelegenheit gesehen, Szintra und Patrusky gleichzeitig zu erledigen, und dementsprechend gehandelt? Hatte er erwartet, Jonny würde ihm bei seinem Spiel Rückendeckung geben? Hätten sie zu zweit Challinors Gruppe überhaupt besiegen können?
    Das Geräusch, wie jemand die Haustür öffnete, durchbrach den Kreis von Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen. »Dad?«, rief Chrys.
    »Ja.« Eldjarn kam herein und setzte sich neben seine Tochter. Er sah müde aus. »Wie geht es dir?«
    »Es geht schon wieder. Was ist in der Stadt los?«
    »Nicht viel.« Eldjarn rieb sich die Augen. »Bürgermeister Tyler hat Challinor mehr oder weniger zugesichert, dass keiner von uns Ärger machen wird. Ich weiß allerdings nicht recht – ich habe einige Leute murren hören, jemand sollte etwas unternehmen.«
    »Und dieser Jemand bin ich«, sagte Jonny. »Vermutlich denken sie, ich hätte Angst.«
    Eldjarn hob den Kopf, sah ihn an und zuckte verlegen mit den Achseln. »Niemand macht dir einen Vorwurf«, sagte er.
    »Mit anderen Worten: Sie tun es stillschweigend doch«, gab Jonny zurück, ein wenig zu barsch.
    »Jonny!«
    »Schon gut, Chrys.« Jonny konnte es den anderen wirklich nicht verdenken. Sie wussten schließlich nicht, weshalb er sich zurückgehalten hatte. Er war sich mittlerweile ja selbst nicht mehr sicher … »Orrin, wie viele Leute hat Challinor in Ariel? Hast du irgendeine Vorstellung?«
    »Mindestens zehn Cobras, von denen wir wissen, und wahrscheinlich ein Dutzend dieser arroganten Halbwüchsigen, mit denen die Straßensperren bemannt sind«, sagte Eldjarn.
    Jonny nickte. Challinor hatte gesagt, er hätte zwölf Cobras auf seiner Seite. Dazu Taber und vielleicht noch ein, zwei weitere minus Szintra, dann deutete alles noch immer darauf hin, dass
sämtliche Rebellen sich zurzeit in Ariel befanden. Die Schlussfolgerung lag auf der Hand. »Sie sind noch nicht so weit, um gegen die Mine vorgehen zu können. Im Augenblick versuchen sie eher, eine ganze Ortschaft abzuschotten, als mit ihrem Plan weiterzumachen. Irgendeine Idee, wieso?«
    Einen Augenblick lang war es still im Raum.

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