Cocktails fuer drei
blöd, oder?«, sagte sie und merkte, dass ihr vor Scham ganz heiß wurde. »Du glaubst, ich bin nur eine dumme …«
»Ich finde überhaupt nicht, dass du dumm bist.«
»Du verachtest mich.«
»Du glaubst, ich verachte dich.« Ohne den leisesten Anflug eines Lächelns sah Ed sie an. »Du glaubst ernstlich, ich würde dich verachten.«
Candice hob den Kopf und blickte in seine dunklen Augen. Und als sie seinen Gesichtsausdruck sah, kam sie irgendwie in Schieflage, als gäbe der Boden unter ihr nach, als sähe sie die Welt plötzlich aus einer anderen Perspektive. Schweigend starrte sie Ed an, brachte kein Wort heraus, konnte kaum atmen. Ein Blatt blieb in ihren Haaren hängen, doch sie nahm es kaum wahr.
Eine endlose, unerträgliche Zeit lang rührte sich keiner von beiden. Dann – ganz langsam – beugte Ed sich vor, blickte ihr tief in die Augen. Er hob einen Finger und fuhr damit über ihre Wange. Er berührte ihr Kinn und dann, ganz sanft, ihren Mundwinkel. Candice sah ihn nur an, starr vor einer verzweifelten Sehnsucht, die ihr beinah Angst machte.
Langsam kam er näher, berührte ihr Ohrläppchen, küsste sanft ihre nackte Schulter. Seine Lippen berührten ihren Hals, und Candice lief ein Schauer über den Rücken, sodass sie sich nicht bremsen und nicht verhindern konnte, mehr zu wollen. Und dann schließlich neigte er den Kopf und küsste sie, erst sanft, dann drängender. Sie hielten inne und sahen sich an, sagten nichts, lächelten nicht. Als er sie entschlossen auf die Beine zog und ins Haus führte, die Treppe hinauf, war sie so wacklig auf den Beinen wie ein neugeborenes Kalb.
Noch nie hatte sie so langsam, so intensiv Liebe gemacht. Die Welt schien nur noch aus Eds dunklen Augen zu bestehen, die tief in sie hineinblickten und ihr eigenes Verlangen, ihre wachsende Ekstase widerspiegelten. Auf dem Höhepunkt schrie sie unter Tränen, als löste sich die Spannung eines ganzen Lebens. Nun lag sie zufrieden in seinen Armen und blickte zur Decke auf, in einem Zimmer, dessen Einzelheiten sie erst nach und nach wahrnahm. Schlichte, weiße Wände, blauweiße Vorhänge, ein altes Eichenbett. Ein überraschender Hort der Ruhe nach dem farblichen Aufruhr im Erdgeschoss. Ihr Blick ging zum Fenster. In der Ferne sah sie eine Herde von Schafen einen Hügel hinablaufen, die sich gegenseitig anrempelten, als fürchteten sie, sich zu verspäten.
»Schläfst du?«, sagte Ed nach einer Weile. Seine Hand streichelte ihren Bauch, und sie spürte, wie die Freude in ihr glühte.
»Nein.«
»Ich wollte dich, seit ich dir das erste Mal begegnet bin.«
Eine Pause entstand, dann sagte Candice: »Ich weiß.« Langsam wanderte Eds Hand zu ihrer Brust, und sie spürte einen neuerlichen Schauer der Unsicherheit. Es fühlte sich fremd an, ihm so nah zu sein.
»Und du? Wolltest du mich auch?«, fragte er.
»Ich will dich jetzt«, sagte Candice und wandte sich ihm zu. »Genügt das?«
»Das muss reichen«, sagte Ed und zog sie zu sich heran, um sie zu küssen.
Viel später, als die Abendsonne über den Hügeln stand, gingen sie nach unten.
»Da müsste irgendwo noch Wein sein«, sagte Ed auf dem Weg in die Küche. »Guck doch mal, ob du auf der Anrichte Gläser findest.«
Gähnend betrat Candice die kleine angrenzende Wohnstube. Auf einer Kiefernholzanrichte in der Ecke standen buntes Geschirr, Postkarten von Gemälden und dicke, bauchige Gläser. Auf dem Weg dorthin kam sie an einem Schreibtisch vorbei und warf einen Blick darauf. Aus einer kleinen Schublade ragte ein handgeschriebener Brief hervor, der begann mit den Worten: »Lieber Edward.«
Edward, dachte sie benommen. Ed. Lieber Ed.
Die Neugier übermannte sie. Einen Moment rang sie mit sich – dann sah sie zur Tür und zog den Brief etwas weiter heraus.
Lieber Edward , las sie eilig. Ihre Tante hat sich sehr gefreut, dass Sie in der vergangenen Woche da waren. Ihre Besuche tun ihr ausgesprochen gut – und der letzte Scheck war überaus großzügig. Ich kann kaum glauben …
»Gefunden?« Eds Stimme unterbrach Candice, und hastig schob sie den Brief wieder zurück.
»Ja!«, sagte sie und nahm zwei Gläser von der Anrichte. »Da wären wir …« Als Ed eintrat, sah sie ihn mit neuen Augen.
»Bestimmt vermisst du deine Tante«, sagte sie. »Hast du sie … oft besucht?«
»Ziemlich.« Er zuckte mit den Schultern. »Sie war am Ende etwas gaga. Hatte auch eine Pflegerin bei sich wohnen.«
»Oh«, sagte Candice. »Das war bestimmt ziemlich teuer.«
Ed schien
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