Cocktails fuer drei
ältesten Sohn vor seinem Tod etwas von ihr erzählt hatte.
»Ich hoffe, man sorgt gut für Sie«, sagte Charles mit einem Blick auf Neil.
»Oh«, sagte Roxanne erstaunt. »Ja. Ja, das tut man.«
»Gut«, sagte Charles Allsopp und blickte zu einem älteren Anwalt auf, der die Treppe zum Empfang herunterkam. »Nun, ich muss gehen«, sagte er. »Auf Wiedersehen.«
»Auf Wiedersehen«, sagte Roxanne peinlich berührt und sah ihm nach, wie er zur Treppe ging. »Und … und danke.«
Draußen auf der Straße stand sie an eine Wand gelehnt und holte ein paarmal tief Luft. Sie war verwirrt, euphorisch, erschüttert. Ralph hatte ihr sein Haus hinterlassen, das Haus, das sie Stunde um Stunde wie besessen angestarrt hatte. Es gehörte ihr. Ein Haus, das Millionen Pfund wert war, gehörte ihr. Bei dem Gedanken kamen ihr die Tränen.
Sie hatte nicht erwartet, dass Ralph ihr etwas hinterlassen würde. Sie hatte nicht erwartet, dass Charles Allsopp so freundlich zu ihr sein würde. Plötzlich war die ganze Welt so nett zu ihr, dass sie gar nicht wusste, wie sie darauf reagieren sollte.
Roxanne holte ihre Zigaretten aus der Tasche, und als sie gerade dabei war, vibrierte ihr Handy. Sie hatte es während des Gesprächs schon mehrmals bemerkt. Irgendjemand versuchte, sie zu erreichen. Sie zögerte, dann nahm sie das Handy hervor und hielt es etwas widerwillig ans Ohr.
»Hallo?«
»Roxanne! Gott sei Dank!«, knisterte Maggies Stimme eindringlich. »Hör mal, hast du in letzter Zeit mit Candice gesprochen?«
»Nein«, sagte Roxanne. »Stimmt irgendwas nicht?«
»Justin, dieser Blödmann, hat sie von der Arbeit suspendiert. Irgendein Quatsch wegen Spesen.«
»Was?« , rief Roxanne und war sofort bei der Sache.
»Und sie ist wie vom Erdboden verschwunden. Keiner weiß, wo sie ist. Sie geht nicht ans Telefon … sie könnte irgendwo tot im Graben liegen.«
»Oh Gott«, sagte Roxanne, und ihr Herz fing an zu rasen. »Ich hatte ja keine Ahnung.«
»Hat sie dich etwa auch nicht angerufen? Wann hast du zuletzt mit ihr gesprochen?«
»Bei der Beerdigung«, sagte Roxanne. Sie machte eine Pause. »Ehrlich gesagt sind wir nicht gerade im Guten auseinandergegangen.«
»Ich habe das letzte Mal mit ihr gesprochen, als sie anrief, um sich zu entschuldigen«, sagte Maggie betrübt. »Ich hab sie angeschnauzt und aufgelegt.«
Drückende Stille machte sich breit.
»Wie dem auch sei«, sagte Maggie. »Ich komme morgen nach London. Frühstück?«
»Frühstück«, stimmte Roxanne zu. »Und sag Bescheid, falls du was hörst.« Sie stellte ihr Telefon ab und ging die Straße entlang, ihre Miene von plötzlicher Sorge überschattet.
Kapitel Zwanzig
Um elf Uhr am nächsten Morgen standen Maggie und Roxanne vor Candice’ Haustür und klingelten – ohne Erfolg. Nach einer Weile bückte sich Maggie und spähte durch den Briefschlitz in den Hausflur.
»Da liegt ein ganzer Stapel Post auf dem Tisch«, sagte sie.
»An Candice adressiert?«
»Das kann ich nicht erkennen.« Maggie ließ den Briefschlitz zuklappen, stand auf und sah Roxanne an. »Mein Gott, komm ich mir mies vor.«
»Ich fühle mich auch schrecklich«, stimmte Roxanne mit ein. Sie sank auf die Stufe vor der Haustür, und Maggie setzte sich daneben. »Ich hab sie bei Ralphs Beerdigung ziemlich angefahren. Ich war einfach … ach, ich weiß nicht. Nicht ganz bei mir.«
»Das ist doch nur verständlich«, sagte Maggie sofort. »Es muss schrecklich für dich gewesen sein.«
Ihre Stimme klang mitfühlend, doch nahm sie nach wie vor Anstoß daran, dass Roxanne und Ralph ein Liebespaar gewesen waren. Zögernd hatte Roxanne ihr auf der Fahrt von Waterloo hierher alles erzählt, und es hatte Maggie buchstäblich die Sprache verschlagen. Wie konnten zwei Menschen so lange befreundet sein, wenn einer von beiden ein solches Geheimnis hatte? Wie hatte Roxanne so zwanglos über Ralph sprechen können, ohne sich zu verraten? Wie war es möglich, dass Roxanne ruhig zugehört hatte, wenn Maggie sich über Ralphs Macken beklagte, ohne irgendwie anzudeuten, dass sie über ihren Geliebten sprachen? Natürlich war es verständlich, natürlich hatte sie keine Wahl gehabt – aber dennoch war Maggie gekränkt, als könnte sie Roxanne nie mehr mit denselben Augen sehen.
»Es war, als hätte ich endlich jemanden gefunden, dem ich die Schuld in die Schuhe schieben konnte«, sagte Roxanne mit starrem Blick. »Also habe ich alles an ihr ausgelassen.«
»Das ist doch nur natürlich«, sagte Maggie
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