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Cocoon, Band 01

Cocoon, Band 01

Titel: Cocoon, Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Albin
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steht eine große Badewanne mit Marmorstufen und Bänken, die an den Rändern mit Schnitzereien verziert sind. Ich könnte darin Schwimmen gehen. Sie ist schon gefüllt, und ich frage mich, wie das ohne mein Wissen geschehen sein kann. Vielleicht will ich es lieber gar nicht erfahren. Es gibt keine erreichbaren Hähne oder Knöpfe, aber als ich vorsichtig meinen Zeh hineinstecke, ist das Wasser schön warm. Der Gedanke an etwas Warmes, in das ich eintauchen kann, ist verführerisch. Nach den Nächten in der Zelle würde ich für ein heißes Bad meine Seele verkaufen.
    »Dein Profil zeigt, dass du Wasser magst, deswegen wurde das hier für dich erschaffen.« Enora zeigt auf den extravaganten Pool. »Und man hat dir einen Meerblick zugeteilt.«
    »Mit einer Dusche wäre ich auch zufrieden gewesen«, brumme ich.
    »Wir könnten es ändern lassen … «, sagt sie mit einem verschmitzten Lächeln, aber ich schüttle hastig den Kopf, als mir die viel zu kleine, dreckige alte Badewanne im Bad meiner Eltern wieder einfällt.
    »Das dachte ich mir.« Sie kichert und führt mich zum Sessel. »Valery ist hier, um dich zu schminken.«
    Mit einem schicksalsergebenen Seufzer lasse ich mich in den Stuhl fallen. Valery sieht fast so gut wie Enora und Maela aus. Ihre Gesichtszüge sind östlich, ihre Augen mit den schwarzen Iriden in der Mitte haben einen eleganten Schwung. Sogar in ihren hohen Absätzen ist sie viel kleiner als wir, und ich beginne zu verstehen, warum Webjungfern so sorgfältig gepflegt sind. Sie würden niemals anderen, niederen Frauen erlauben, besser als sie auszusehen. Mit Blick auf die Unmengen von Bürsten und Pinseln auf der Ablage frage ich mich, wie viel Zeit sie wohl für ihr perfektes Aussehen verschwenden.
    Nach einer Stunde des Nachziehens, Wickelns und Sprayens bringt Enora mir die Kombination, die sie für mich ausgesucht hat – ein pfauenblauer Anzug mit Puffärmeln und Beinen, die an den Knien eng werden. Er sieht dezent aus und zieht doch gleichzeitig die Blicke auf sich. Ich schlüpfe hinein und halte mich am Bett fest, als Enora mir die Pumps reicht.
    »Falscher Fuß.« Ich gebe ihn ihr zurück. »Zuerst den Linken, bitte.«
    Sie gibt ihn mir stirnrunzelnd. »Abergläubisch? Das habe ich ja noch nie gehört.«
    »Nicht abergläubisch.« Ich schüttle den Kopf. »Meine Großmutter hat mir immer gesagt, ich solle den linken Schuh zuerst anziehen, weil mein linkes Bein stärker als mein rechtes ist. Dann ist es leichter, auf einem Fuß zu stehen.« Ich ziehe den Schuh über und zeige, wie toll ich auf einem Bein stehen kann.
    »Bist du Linkshänderin?«, fragt sie.
    »Ja, wie meine Großmutter.« Die Erinnerung an sie berührt mich. Die Trauer ist schon alt, eher eine Ahnung als echter Schmerz, allerdings macht sie sich deutlicher als sonst bemerkbar. Trotzdem unterscheidet sie sich völlig von der brennenden Sorge beim Gedanken an meine Familie.
    Enora reicht mir den anderen Schuh, und Valery schiebt mich vor den Spiegel. Der Anblick ist nicht so schockierend wie gestern, aber dieses Mädchen mit dem glänzenden Haar bin nicht ich. Ich habe einfach die Haut von jemand anderem übergezogen. Valery und Enora stehen hinter mir wie stolze Eltern. Meine neue Mentorin legt mir sanft die Hand auf die Schulter. »Du siehst umwerfend aus, Adelice.«
    »Das bin nicht ich«, sage ich und sehe den fremden dunkelroten Lippen beim Sprechen zu.
    »Jetzt bist du das«, flüstert Enora. Sie spricht im gleichen Tonfall, den ich immer verwendet habe, wenn ich besser wusste, was gut für Amie ist, als sie selbst – auch wenn sie es verabscheute, zum Beispiel so etwas wie Blumenkohl. Ich frage mich, ob sich jemand um sie kümmert. Ich spüre, wie Panik in mir aufsteigt, aber mein Spiegelbild zeigt nichts davon.
    Nach dem Ankleiden bringt Enora mich zu meiner ersten Unterrichtsstunde. Ich versuche, mir den Weg einzuprägen – wie mein Korridor aussieht, welches Stockwerk man im Aufzug drücken muss – für den unwahrscheinlichen Fall, dass man mir jemals erlaubt, allein in der Anlage herumzulaufen. Wir gehen nicht durch die gleichen sterilen Flure wie gestern, stattdessen führt sie mich durch einen schönen Garten, der von den hohen Mauern des Konvents umgeben ist. Die Sonne scheint direkt auf uns herab und erschafft einen gleißenden Fleck im Zentrum der Betonburg. Palmen werfen Schatten auf kleine, stachlige Kiefern. Zu meinen Füßen tollen friedliche Tiere herum. Es ist der wildeste – aber gezähmte – Ort,

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