Codename Sparta 01 - Die Sternenkoenigin
»Nun, ja … wir hatten gedacht …« Er zeigte auf einen langen, offenen Bunker, der weiter nördlich auf halber Höhe am Abhang lag. »Phosphor«, sagte Witherspoon. »Das war das Beste, was wir in der kurzen Zeit auftreiben konnten. Sie brauchen die Maschine nur dort hinein zu steuern.«
Sie beugte sich wieder über das Steueraggregat. Der Roboter schlingerte auf den offenen Bunker zu. Als er schon ganz in der Nähe war, zerbarst der Bunker plötzlich in gleißend weißem Licht. Zischende und pfeifende Flammen schossen als aufblitzende Fontänen in die Luft. Ohne Zögern warf sich der Roboter mitten in das Inferno und blieb dort stehen.
Er schien sich auszuruhen, seine eigenen Radiatoren gleißten durch das Feuer hindurch. Nach mehreren Sekunden fiel das Feuerwerk in sich zusammen. Auf einen leichten Druck Sylvesters an den Schalthebeln hin wendete der Roboter recht unbeeindruckt und kletterte geradewegs bis zum Kamm der Klippe hinauf. Die Soldaten hielten stumpfsinnig ihre Stellungen, als der metallene Moloch sich über den Kamm der Klippe schob und geradewegs auf sie zukam. Als der Feuerkäfer nur noch ein paar Meter von ihnen entfernt war, nahm Sylvester ihre Hände vom Steueraggregat. Strahlend blieb der Roboter stehen.
»Ausgezeichnet Colonel«, sagte Sylvester und überreichte Witherspoon das Steueraggregat. Wieder wischte sie sich eine lange Haarsträhne aus den Augen. »Mr. Gordon, ich möchte Ihnen meine Glückwünsche für Rolls-Royce aussprechen.«
Als Sylvester an diesem Abend in ihr Hotel kam, teilte man ihr am Empfang mit, daß ein gewisser Mr. Nikos Pavlakis im Salon auf sie wartete. Sie überraschte ihn an der Bar. Seine breiten Schultern spannten sein zu enges Jackett. Vor sich hatte er eine Karaffe mit Wasser und ein Schnapsglas voll milchigen Ouzos, und es sah so aus, als hätte er bereits seine zweite Schale mit Erdnüssen verdrückt. Sie mußte lächeln, als er irgend etwas murmelte, was vermutlich eine Einladung zu einem Drink gewesen sein sollte.
»Tut mir schrecklich leid, Mr. Pavlakis, aber ich habe einen harten Tag hinter mir, und vor mir einen ausgefüllten Abend. Wenn Sie mich vorher angerufen hätten …«
»Ich entschuldige mich vielmals, liebe Dame« – er mußte beim Versuch, eine Erdnuß zu verschlingen, husten –, »ein unerwarteter Zwischenstop auf meinem Weg nach Victoria. Ich dachte, ich könnte Sie vielleicht eine Minute sprechen. Aber ein andermal vielleicht …«
»Solange es keine Verzögerungen in dem von uns abgesprochenen Zeitplan gibt, brauchen Sie sich nicht die Mühe zu machen und mir Bericht zu erstatten«, sagte sie. Er hatte ein sehr ausdrucksvolles Gesicht; sie hätte schwören können, daß sein Haar eine Idee weniger lockig geworden war. Ihr eigener Gesichtsausdruck wurde härter. »Wo liegt das Problem, Mr. Pavlakis?«
»Ich versichere Ihnen, es gibt kein Problem. Wir werden rechtzeitig fertig sein. Kein Problem. Nur ein paar zusätzliche Kosten, die noch gedeckt werden müssen …«
»Es gibt also doch Schwierigkeiten.«
»Das ist unsere Sache, Madame, nicht Ihre.« Er lächelte und ließ dabei seine feinen, weißen Zähne sehen, aber seine Augen lächelten nicht.
Sylvester betrachtete ihn nachdenklich. »Also gut. Wenn es tatsächlich keine Probleme gibt, dann schicken Sie mir morgen ein Telegramm hier in dieses Hotel, in dem Sie mir Ihre Absicht bestätigen, wie vereinbart in zwei Wochen mit dem Beladen zu beginnen.« Als er daraufhin finster nickte, fügte sie hinzu: »Bis dahin sind keine Unterredungen mehr nötig.«
6
London war es im neuen Jahrhundert nicht so gut ergangen wie Manhattan; es war eng und rußgeschwärzt und durch die verschiedenen Sprachen, Klassen und Hautfarben balkanisiert. Im Nu hatte man in seinem schwarzen, unförmigen Taxi die eleganten Ziegelstadthäuser passiert und fuhr in die schmutzigen, stinkenden Slums. Das Wetter war so schlecht wie gewöhnlich. Graue, dickbäuchige Wolken sonderten einen feinen Nieselregen ab, und hin und wieder stieg unten vom Fluß ein Nebel auf, der zu gleichen Teilen für Romantik und Atemwegserkrankungen sorgte. Trotzdem mochte Sondra Sylvester die Stadt – wenn auch nicht so wie Paris oder Florenz, die sich gegenüber früher noch weniger verändert hatten, aber immerhin mehr als New York, das einfach nicht mehr real war. Da sie auf Port Hesperus lebte, bekam sie zehn Monate im Jahr ihren reichlich bemessenen Anteil an künstlichem Luxus. Wenn sie dann einmal im Jahr auf die Erde
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