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Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer

Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer

Titel: Codename Sparta 04 - Das Medusa-Abenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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daher durfte sie in ihrem winzigen Zimmer im Dienstbotenflügel vor dem Video sitzen, bis die Erschöpfung sie übermannte.
    Sie hatte versucht, zu lauschen, aber Kingman und seine Gäste schienen nach dem Essen in einem vollkommen schalldichten Raum verschwunden zu sein. Aus dem Geschepper in der Küche filterte sie das Geräusch von Schritten heraus, die eine Steintreppe hinuntergingen, und sie bemerkte sogar das Rauschen langer Gewänder. Nach dem lauten Kreischen von Stahlangeln und dem Donnern einer schweren Holztür war Stille.
    Ihr war nichts übriggeblieben, als ruhig im Zimmer zu sitzen und nachzudenken, während die anderen Bediensteten ringsum ihren Geschäften nachgingen. Offenbar gab es einen Raum unter dem Haus, der selbst in den Pergamentfragmenten aus dem späten 14. Jahrhundert nicht erwähnt wurde, als das Haus noch eine Abtei an einer Pilgerstraße war. Hatte man das Versteck unter der Erde zu jener Zeit angelegt, mußten die Architekten und Erbauer sich geschworen haben, es für sich zu behalten. Stammte es aus einer späteren Zeit, würden die Arbeiter und die Baufirma genauso verschwiegen sein.
    Nach vierzehn Stunden Waschen und Bügeln war Dilys ehrlich erschöpft und nicht mehr in der Lage, ihrer Müdigkeit zu widerstehen. Sie war eingeschlafen und erst in diesem Augenblick tödlicher Stille wieder aufgewacht.
    Jetzt verläßt sie ihre enge Kammer und geht durch die große Küche, in der es nach altem Fett und Seife riecht. Das Mondlicht wird vom Stahl der Töpfe und Schüsseln reflektiert. Sie geht durch die Vorratskammer in das Anrichtezimmer neben dem Hauptspeisesaal.
    Von hier führt eine Tür auf eine schmale Treppe, dieselbe, auf der sie die Schritte gehört hat. Die Tür ist unbewacht. Sie öffnet sie und huscht die Wendeltreppe in völliger Dunkelheit hinab.
    Die warmen Steinwände geben genug Infrarotstrahlen ab, so daß sie sich orientieren kann. An den Wänden stehen leere Regale und vergessene Fässer, aber jemand hat vor nicht allzulanger Zeit die Spinnweben entfernt. Der Steinfußboden ist gewischt und poliert. Am anderen Ende des alten Weinkellers gibt es eine weitere Tür, wiederum unverschlossen und unbewacht. Hier, mitten im Zentrum der Verschwörung, schaltet ihr Selbstvertrauen alle Vorsicht aus.
    Durch die Tür. Weitere Steinstufen. Es ist jetzt kühler, dieses Gewölbe hält das ganze Jahr hindurch dieselbe Temperatur. Im schwachen Schein der radioaktiven Erdstrahlung erkennt sie undeutliche Umrisse.
    Am Fuß der Treppe. Parfüm und Körpergeruch hängen in der Luft. An den unterschiedlichen Duftnoten erkennt sie Kingman und jeden seiner Gäste. Dort hängen sechs weite Gewänder, die geisterhaft von der Körperwärme derer leuchten, die sie noch vor kurzen getragen haben.
    Vor ihr eine weitere Tür, diesmal aus Metall. Sie berührt sie mit der Zunge: Bronze, kühl und säuerlich. Auf der Oberfläche nur wenige Handabdrücke, immer noch leicht und sichtbar.
    Sie schnuppert die Luft, starrt auf die kälter werdenden Abdrücke und horcht.
    Vorsichtig drückt sie die Tür auf. Aus dem Gewölbe schlägt ihr ein schwacher, kalter Luftstrom entgegen. Aus dem kaum wahrnehmbaren Echo ihrer leisen Schritte schließt sie auf die Größe des leeren Raumes.
    Um mehr sehen zu können, braucht selbst sie Licht. Sie hält ihre Hand über die helle elektrische Lampe und macht so aus den Knochen und dem Fleisch eine Laterne. Im blutgefilterten Licht erkennt sie einen schlichten, achteckigen, hohen Raum aus blassem Sandstein, vergleichbar mit einer Kirche ohne Mittelgang und Querschiff. Der Fußboden besteht aus schwarzem, poliertem Marmor.
    Auf allen acht Seiten ragen schlanke Steinsäulen empor, die sich zu einem dünnen Kreuzgewölbe in Sternform verjüngen. Zwischen den Rippen des Gewölbes ist die Decke dunkelblau gestrichen und mit Sternen in verschiedenen Größen verziert. Der hellste Stern steht genau in der Mitte am höchsten Punkt des Gewölbes.
    Die Architektur ist Spätgotik, ein Stil, der seinen Ursprung im östlichen Europa des 14. Jahrhunderts hat. Es ist eine originale Arbeit, keine Kopie, dennoch ist dieses Gewölbe keine Kirche. Die Anordnung der Sterne ist nicht zufällig.
    Es ist ein Planetarium, das den südlichen Sternenhimmel mit dem Kreuz des Südens im Zentrum darstellt. Sie erinnert sich daran, was Blake ihr erzählt hat, und erkennt die Funktion des Raumes. Er entspricht dem um Jahrhunderte jüngeren Gewölbe in der unterirdischen Pariser Villa, in der Blakes

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