Codename: Sparta - 6 - Das Weltenschiff
Vorstellungen gehen mir gleichermaßen gegen den Strich. Vermutlich sollte ein Mann meines Alters (wie immer man die Jahre zählt) bereit sein, die Bedeutungslosigkeit des Universums hinzunehmen. Und froh sein, wenn er nur einen winzigen Teil davon begreift.
Im Alltag bedeutet diese Bereitschaft nichts anderes, als daß wir auf ein weiteres Wunder hoffen. So seltsam und unmöglich es scheinen mag, wir befinden uns hier auf dem Mars, ein paar Milliarden Jahre vor der Zeit, in der wir geboren wurden. Wir beobachten, wie der Planet vor unseren Augen umgewandelt wird. Wir zeichnen die Umwandlung auf und bemühen uns, Dokumente zu erstellen, die, wie wir hoffen, eines fernen Tages von unseren Verwandten und Nachkommen entdeckt werden oder vielleicht sogar einer anderen Version unseres Selbst.
Natürlich habe ich in der Geschichte, wie ich sie bis jetzt durchlebt habe, die Aufzeichnungen nicht gefunden, die wir vornehmen – wie auch niemand sonst, den ich kenne. Warum nicht? Es war bereits des öfteren davon die Rede, es handele sich hierbei um einen alternativen geschichtlichen Zusammenhang.
Was unser gegenwärtiges Selbst anbelangt – oder unser ›reales‹ Selbst –, so deutet alles darauf hin, daß wir, die Pioniere des Mars, auch hier sterben werden. Aber noch nicht so bald, wie ich hoffe.
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00.23.03.19
Endlich haben Tony und Angus ihre Flugmaschine fertig.
Die Testflüge in der näheren Umgebung waren höchst erfolgreich. Oh, es ist ein wunderbarer Anblick, dieses flotte, langflügelige Fahrzeug – in meinen Augen ist es wesentlich eleganter als die Marssegler, auf die es zurückgeht. Die Streben sind aus Bambus, die Rippen aus einer Art Weide oder Pappel, deren Stoffbezug aus unserem feinsten Tapa besteht, das in Wirklichkeit eher eine Art dünnes Papier aus den faserigen Schilfhalmen ist, was dann mit einem streng riechenden roten Pflanzenlack gestrichen (oder gedopt wie Jo es nennt) wird, den Angus aufkocht.
Das Flugzeug kann zwei hintereinandersitzende Personen tragen; beide verfügen über Steuerknüppel. Die Hauptinstrumente bestehen aus einem tragbaren Höhenmesser und einem ruhenden Kompaß, den wir von den mittlerweile nutzlos gewordenen Raumanzügen übernommen haben.
Morgen werden Jo, unser bester Pilot, und Tony, der nicht nur unser Navigator, sondern auch der leichteste von uns ist, den ersten Langstreckenflug unternehmen.
Wo das Ziel liegt, vermag niemand mit Gewißheit zu sagen. Den Antrieb für dieses Flugzeug bildet der Wind, sonst nichts. Der Pilot fliegt es dorthin, wohin der Wind ihn trägt. Wer nicht am Steuer sitzt, hat noch weniger über das Ziel zu bestimmen. Vielleicht ist das alles längst nicht so tückisch, wie es scheint; ich bin kein Luftfahrtingenieur. Man hat mir versichert, es sei bei dieser geringen Schwerkraft, etwa einem Drittel der Erdanziehung, nicht nur leichter, ein Flugzeug in die Luft zu bekommen, sondern auch weniger hart für die Piloten, sollte es sich dort oben nicht halten können.
Was dieses Projekt jedoch erst durchführbar macht, ist der Umstand, daß dieser Mars, ganz ähnlich der Erde unserer Zeit, über stark ionisierte Atmosphäreschichten verfügt, die Radiosignale über die Krümmung des Planeten hinweg reflektieren. Sollte es also zu einer Bruchlandung kommen – selbst Tausende von Kilometern entfernt – können wir mit der Ventris zu Hilfe eilen.
00.23.06.12
Jo hat uns zur verabredeten Zeit einen Funkspruch geschickt.
»Der Wind trägt uns immer weiter nach Nordwesten. In drei Tagen haben wir siebentausend Bodenkilometer hinter uns gebracht, praktisch in einem riesigen Kreis. Haben Eden im Westen Arabiens überflogen. Allmählich sieht alles danach aus, als sollten wir in einen riesigen Wetterstrudel über dem Nordpol gesogen werden.«
00.23.07.12
»Jetzt befinden wir uns fast genau über dem Pol. Hier ist es so kalt wie das Herz eines Bankiers – gut, daß die alten Druckanzüge noch funktionieren, sonst hätte uns die Kälte allein zur Landung gezwungen. Die Medusen sind hier außerordentlich aktiv. Ein paar neugierige Medusen kamen herüber, um uns zu betrachten – wir konnten sehen, wie ihre freundlichen Fischgesichter uns musterten; allerdings verschwanden sie wieder, ohne ›Hallo‹ zu sagen.«
00.23.08.12
»Im Norden geht irgend etwas nicht mit rechten Dingen zu. Sie bauen einen gewaltigen, silbernen Pfahl genau über dem Pol. Und das Wetter in den oberen Atmosphärenschichten ist auch nicht normal. Irgendwie
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