Coe, David B. - Die Chroniken von Amarid 01 - Der Fluch des Magiers
ich euch sage, dass keiner von uns euren Mut oder eure Hingabe an den Orden und dieses Land in Frage stellt. Aber du, Sartol, bist krank gewesen und immer noch schwach - zu geschwächt jedenfalls für das, was wir vielleicht im Hain erleben werden.«
»Ich habe mich erholt, Eulenweise«, entgegnete der Eulenmeister. »Das Fieber ist weg. Ihr werdet mich brauchen.« Jessamyn lächelte ihn freundlich an. »Es geht dir besser, Sartol. Ich sehe das, und es freut mich. Aber man erholt sich nicht über Nacht von einem Fieber, wie du es hattest.«
»Aber bis morgen -«, setzte Sartol an.
»Mein Entschluss ist gefasst, Sartol«, sagte Jessamyn und beendete damit die Diskussion. »Ihr beiden verfügt über das Vertrauen und die Unterstützung der jüngeren Magier. Man wird euch brauchen, wenn wir anderen umkommen sollten.«
»Man wird uns im Hain nur noch mehr brauchen«, meinte Orris barsch. »Wir sind stärker als die jungen Leute; wir sollten an ihrer Stelle gehen. Dieser Junge hat eine Vision, und plötzlich ist er -«
»Das genügt, Orris«, unterbrach Jessamyn ihn zornig. Sie sah sich nach den anderen um, und ihre Augen glühten wie Kohlen. »Ich habe mich entschieden!«, erklärte sie mit fester Stimme. »Ich schlage vor, wir versuchen jetzt alle zu schlafen.«
Ohne ein weiteres Wort trat Jessamyn aus dem Feuerkreis und ging davon, um sich einen Schlafplatz zu suchen. Peredur folgte ihr, und die anderen blieben in unbehaglichem Schweigen sitzen, die Worte der Eulenweisen noch in den Ohren.
Schließlich rührte sich Baden und holte tief Luft. »Ich denke, wir sollten wirklich schlafen, wie sie gesagt hat.« Orris sprang auf und warf Baden einen wütenden Blick zu. Er zeigte anklagend auf den Eulenmeister. Einen Augenblick lang sah es so aus, als wollte er etwas sagen. Aber dann nahm er sich zusammen und stapfte aus dem Kreis. Trahn schaute dem Falkenmagier hinterher, bevor auch er Baden ansah, ein trauriges Lächeln auf den Lippen. Die beiden blickten einander einige Zeit an, bevor Trahn seinem Freund die Hand auf den Arm legte und sich dann umdrehte und in die Nacht hinausging.
Baden wandte sich Sartol zu. »Es war nicht meine Entscheidung«, sagte er leise, als wollte er von einer Schuld freigesprochen werden.
»Ich weiß«, erwiderte Sartol und versuchte zu lächeln, aber es kam nur eine Grimasse dabei heraus. »Niemand gibt dir die Schuld, Baden. Wir sind nur enttäuscht, und Männer wie Orris brauchen in einer solchen Situation jemanden, an dem sie das auslassen können. Mach dir keine Sorgen.« Sartol stand auf, und langsam gingen die beiden Eulenmeister ebenfalls davon.
»Ich sollte wohl wütend auf Orris sein«, sagte Jaryd zu Alayna, die ihn im ersterbenden Feuerlicht ansah, »nach allem, was er darüber gesagt hat, dass wir beide nicht zu der Delegation gehören sollten. Aber ich glaube, ich hätte mich an seiner Stelle ganz ähnlich gefühlt.«
Alayna nickte, aber sie sagte zunächst nichts. Als sie es schließlich doch tat, überraschte sie ihn. »Wir haben viel Zeit verschwendet, die wir besser genutzt hätten, um einander kennen zu lernen«, sagte sie und fuhr sich mit einer Geste durch das dunkle Haar, die Jaryd nun schon genau kannte, »und es ist möglich, dass keiner von uns Therons Hain lebend wieder verlässt. Aber wenn du willst, werde ich morgen neben dir reiten.«
Jaryd spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte. Seltsam, dachte er - nach allem, was er hinter sich hatte, konnte eine so schlichte Geste von dieser Frau ihn derart berühren. »Gerne«, sagte er. »Aber du solltest dir über eines klar sein: Wenn wir durch irgendeinen Zufall überleben, dann laufen wir Gefahr, Freunde zu werden.«
Sie lachte. »Ich fürchte, dieses Risiko werden wir eingehen müssen.«
Dann zogen sie sich beide zurück, um sich einen Schlafplatz zu suchen, und Jaryd schlief schon den zweiten Abend hintereinander mit Gedanken an Alayna ein.
Er lag auf einem Bett aus Laub und Fichtennadeln, lauschte den Geräuschen des nächtlichen Waldes und grinste ins Dunkel. »Keiner von uns stellt euren Mut und eure Hingabe an den Orden und dieses Land in Frage«, hatte die Hexe gesagt. Und er hatte im Geist erwidert, genau, und dafür werdet ihr sterben. Es lief wirklich alles ganz wunderbar. Oh, es gab ein paar kleine Komplikationen, um die er sich würde kümmern müssen, aber sie waren unbedeutend; nichts, womit er nicht zurechtkommen konnte. In jeder wichtigen Hinsicht funktionierte sein Plan genau so, wie er
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