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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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blätterte zur ersten Seite. »Erstes Kapitel: Ich werde geboren!«, verkündete er in spöttischem Ton. »Und der Arzt gibt mir einen Klaps ins Gesicht, weil er denkt, das wär mein Arsch!« Mit großer Geste riss er demonstrativ die erste Seite heraus und warf sie über seine Schulter.
    »Hör auf damit!«, protestierte Doug, der sich verzweifelt aufzurappeln versuchte. »Bitte!«
    »Zweites Kapitel«, fuhr Billy ungerührt fort. »Mama sagt, ich hätte nur Scheiße im Hirn, und ich sag, hey, was erwartest du? Ich hab ja einen Arsch als Gesicht!« Er riss nun gleich mehrere Seiten aus der Bindung und warf sie in die Luft.
    »Nein!«, schrie Doug und wand sich hilflos unter Billys trainiertem Körper. Es wurde noch mehr gelacht, noch mehr Seiten wurden herausgerissen und weggeworfen, und als Billy beim zehnten Kapitel angelangt war, hatte er das Drehbuch über den ganzen Schulhof verstreut. Niemand hätte die ganzen Blätter noch einsammeln können, aber das versuchte auch niemand, denn außer Doug bedeutete Kehrt marsch niemandem etwas. Als Billy fertig war, da war Doug es auch, und er konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Genau darauf hatte Billy das ganze letzte Jahr hingearbeitet. Als Doug zu schluchzen begann, sprang Billy auf die Beine, warf die Arme in die Luft und brach in sein triumphierendes Hyänenlachen aus. Doug war ein regloser, heulender Haufen Elend, hatte die Augen fest zusammengekniffen und lag noch immer so da, als die letzten Gaffer sich zerstreut hatten.
    »Ich erfuhr erst am nächsten Tag davon«, schloss Max. »Als ich in den Theaterraum kam, saß Doug da und tippte auf sein Laptop, als würden ihm die Finger brennen. Ich habe versucht, mit ihm über die Sache zu reden, aber er schaute mich nicht mal an. Er sagte nur immer wieder, dass er unbedingt ganz dringend sein Drehbuch fertigschreiben müsste.«
    »Armer Doug«, murmelte ich.
    »Ich habe Billy gewarnt, wenn er Doug noch einmal anrührt, dann haue ich ihm so eins rein, dass er das nie vergessen wird«, sagte Max. »Er stand da mit diesen ganzen Idioten, mit denen er immer herumhängt, und die machten alle auf harte Jungs und starrten mich böse an. Er sagte: ›Ach ja? Na, dann mach mal besser ein paar Liegestütze, denn ich kriege von diesem fetten Eimer Scheiße einfach nicht genug.‹« Max schüttelte den Kopf und setzte dann hinzu: »Soviel steht fest, das nächste Mal, wenn ich diesen Kerl allein zu fassen bekomme, ist er tot.«
    »Doug würde das nicht wollen«, wandte ich ein.
    »Das ist egal. Wenn nicht endlich jemand etwas tut, dann wird Billy ihn immer weiter quälen. Manchmal ist Gewalt gerechtfertigt.«
    Und so stand ich da und suchte nach einem geraden Weg zwischen Willys Philosophie, dass Kämpfe außerhalb des Rings nur zu noch mehr Gewalt führten, und meiner eigenen Realität, in der ich gerade tagelang auf der Straße um mein Leben gekämpft hatte. Doug hätte argumentiert, dass jede Art körperlicher Auseinandersetzung, ob im Ring oder außerhalb, falsch war, aber Max hatte recht – wir mussten irgendetwas tun, um Doug zu helfen, und zuallererst mussten wir ihn dazu bringen, dass er redete.
    »Wo ist er?«, fragte ich.
    »Im Theaterraum«, antwortete Max. »Da ist er jeden Tag zwischen den Schulstunden und arbeitet wie besessen an seinem Drehbuch.«
    »Ich muss mit ihm sprechen.«
    »Sara Jane«, sage Max, nahm meine Hand und drückte sie kurz. »Ich freu mich, dass du wieder da bist.«
    Es war so viel besser als eine Umarmung.
    Umarmungen sind normal und nett. Umarmen – das macht jeder, von Footballspielern bis zu Leuten, die sich eigentlich hassen.
    Ein Händedruck hingegen steht nur eine Stufe unter einem Kuss.
    Mit einem Gefühl von Stärke drehte ich mich um und lief zum Theaterraum. Er war dunkel und leer; nur das Licht von Dougs Laptop drang durch die Düsternis. Ich hatte erwartet, ein paar leere Chipstüten und ausgetrunkene Softdrink-Dosen herumliegen zu sehen, aber nur der leuchtende Computerbildschirm verriet, dass er kürzlich noch da gewesen sein musste. Ich betrachtete das geöffnete Dokument und erkannte, dass die erste Hälfte der angezeigten Seite einen Dialog zwischen zwei Figuren darstellte.
    GUTER KÖNIG DOUG
    Aber Sie sind viel zu schwachsinnig, um ein Königreich zu regieren, und Ihnen fehlt eine moralische Richtschnur.
    ABSCHEULICHER LORD BILLY
    Und Sie, Sire, sind so ekelhaft und aufgedunsen wie eine gemästete Kröte!
    GUTER KÖNIG DOUG
    Nie würde ich die Hand zur Gewalt erheben.

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