Colin Cotterill
Thrombose.
Er hatte von forensischen Pathologen gelesen, die bei der Lösung solcher Rätsel regelrecht zu Hochform aufliefen. Er gehörte bislang nicht zu ihnen.
Als Dtui und Geung in den Klinikgarten gehen wol ten, um sich wie jeden Tag eine Stunde lang der Pflege ihrer Gemüsebeete zu widmen, stürzte die Sekretärin des Direktors zur Tür herein und teilte ihnen mit, dass Genosse Kham um sechs am Flughafen Wattay eintreffe und sie so lange warten sol ten. Siri entließ seine Mitarbeiter und meinte, er werde al ein die Stel ung halten.
Er setzte sich an seinen Schreibtisch und ging Dtuis Notizen durch. Ihre Schrift war so klein, dass er kurzzeitig mit dem Gedanken spielte, das Mikroskop zu Hilfe zu nehmen. Stattdessen hantierte er eine geschlagene Stunde umständlich mit seiner Lesebril e, um das Gekrakel zu entziffern.
Davon bekam er Kopfschmerzen, und so schrieb er die zweite Hälfte seines Berichts aus dem Gedächtnis.
Gegen neun tauchte Genosse Kham schließlich auf, und sein Atem roch nach Whisky. Obwohl seine Mundwinkel nach unten zeigten, hatte Siri den Eindruck, dass es ihm schwerfiel, nicht zu lächeln.
»Mein al erherzlichstes Beileid, Genosse.«
»Wo ist sie?«
»In der Kühlkammer.« Siri stand auf und bedeutete dem Mann, ihm in den Sektionssaal zu folgen.
»Wo wol en Sie hin?«
»Ich dachte, Sie möchten die Leiche sehen.«
»Um Himmels wil en, nein. Sie ist doch tot, oder?«
»Al erdings.«
Kham ging an ihm vorbei und setzte sich auf Siris Platz, weshalb Siri mit Dtuis Schreibtisch vorliebnehmen musste. Der Parteimensch blätterte gelangweilt in Siris Papieren. »Haben Sie sie… äh, aufgeschnitten?«
»Mm-hm.«
»Das tut mir leid. Sie haben Ihre Zeit nutzlos vertan. Ich weiß, woran sie gestorben ist.«
»Ach ja? Na, Gott sei Dank. Ich habe nämlich keine Ahnung.«
»Jahrelang habe ich die törichte Frau gewarnt, dass es sie eines Tages das Leben kosten würde. Aber einer Süchtigen ist mit gesundem Menschenverstand nicht beizukommen.«
»Süchtig? Wonach?« Er hatte keine Einstichnarben an ihren Armen gefunden, und ihre Leber bot ein makel oses Bild.
»Laap.«
»Laap? Mist.« Es war geradezu beschämend offensichtlich. Als Arzt im Dschungel hatte er unzählige Menschen sterben sehen, nachdem sie Laap, Pa Daek oder eines der vielen anderen Gerichte aus rohem Fleisch oder Fisch gegessen hatten, wie sie die Bauern in rauen Mengen verzehrten.
Rohes Fleisch ist nur gesund, wenn es ganz frisch ist. Es wird sehr schnel von Bakterien befal en, und die Parasiten verbreiten sich rasch im ganzen Körper. Wenn man Glück hat, kommt man mit Abszessen, Krämpfen und chronischem Durchfal davon, unter dem man dann ein Leben lang zu leiden hat.
Es gibt al erdings eine Familie weitaus dreisterer Parasiten, die ihre Eier in der vorderen Augenkammer ablegen. Von dort aus wandern sie entweder durch die Netzhaut oder bahnen sich einen Weg ins Gehirn. Eben noch ist man wohlauf und frei von jeglichen Beschwerden, und kurz darauf liegt man im Leichenschauhaus. Siri merkte, dass der Genosse immer noch redete.
»…schon als Kind gern Schweine-Laap gegessen. Sie konnte gar nicht genug kriegen davon. Sie hatte zwar ständig Bauchschmerzen, aber sie meinte, mit der Zeit wird der Körper gegen die Bazil en immun. Ich konnte das Zeug nicht ausstehen, aber sie kriegte den Hals einfach nicht vol . Unsere Freunde werden Ihnen das bestätigen.
Auf dem Weg hierher bin ich bei der Polizei vorbeigefahren und habe den Beamten den Fal geschildert. Die Todesursache gilt damit als geklärt.«
Siri schüttelte immer noch den Kopf. »Wie dumm von mir, dass ich darauf nicht von selbst gekommen bin. Ich konnte mir einfach nicht vorstel en, dass jemand wie Frau Nitnoy rohes Schwein isst.«
»Warum nicht? Sie war ein einfaches Mädchen vom Lande. Sie konnte sich noch so sehr herausputzen, den Gestank von Büffelmist wurde sie nicht los.«
Siri fragte sich, weshalb Kham derart unflätig von seiner Frau sprach. Nun ja, er stand vermutlich unter Schock.
»Na, wenn das so ist, führe ich noch ein, zwei abschließende Untersuchungen durch, schreibe den Bericht fertig und…«
»Ich glaube, Sie können den Bericht auch fertigschreiben, ohne ihre Ruhe noch einmal zu stören. Wir möchten sie so schnel wie möglich einäschern lassen. Ihre Freunde und Verwandten möchten ihr die letzte Ehre erweisen.
Sie warten im Tempel auf sie.«
»Aber ich muss…«
»Siri, alter Freund.« Kham stand auf, setzte sich auf Dtuis
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