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Colin Cotterill

Titel: Colin Cotterill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Siri und seine Toten
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genügt, wenn ich hin und wieder die Urne abstaube.«
    Siri stieg lächelnd auf sein Fahrrad und kutschierte sein Mittagessen zum Fluss hinunter. Sie sah ihm nach.
    Civilai saß al ein auf ihrem Baumstamm. Der verrückte Rajid lag ein paar Meter weiter splitterfasernackt am Ufer.
    »Störe ich?«
    »Nein, du kommst gerade rechtzeitig. Sonst werde ich noch neidisch.«
    »Wenn ich mir den Knaben so anschaue, wundert mich das nicht. Obwohl er sich mit mir natürlich nicht messen kann.« Er setzte sich neben seinen Freund.
    »Ach ja? Ich dachte, er wär längst abgefal en, so selten, wie er zum Einsatz kommt.«
    »Nein, es ist noch al es dran. Ehrlich gesagt, habe ich eben sogar eine klitzekleine Regung verspürt.«
    »Doch nicht etwa bei einer von deinen Leichen? So tief bist du gesunken?«
    »Kennst du Frau Lah? Bei der ich mir immer mein Sandwich hole?«
    »Da oben an der Ecke? Die könnte glatt deine… Tochter sein. Aber die Titten sind ’ne Wucht. Mit der würde ich auch gern mal ’ne Nummer schieben.«
    »Träum weiter, Opa.«
    »Wie war’s in Khammouan?«
    »Interessant. Ich habe zwei Leichen aufgeschnippelt, ohne die Todesursache feststel en zu können, mir eine Malaria eingefangen und nebenbei fließend Hmong gelernt.«
    »Was du nicht sagst. Dann lass mal hören.«
    »Du sprichst doch gar kein Hmong.«
    »Wahrscheinlich besser als du. Mit den Mädels da oben hab ich seinerzeit nämlich durchaus die eine oder andere Nummer geschoben. Na los.«

    Siri öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber es wol te ihm partout nichts einfal en. Er probierte es mit einem simplen laotischen Satz. Aber die Sprache, die er gestern noch perfekt beherrscht hatte, war weg.
    »Komisch. Ich habe al es vergessen.«
    »Tja, so ist das mit Sprachen. Heute hier, morgen fort. Letzten Donnerstag konnte ich noch fließend Japanisch.«
    »Nein. Ich konnte es wirklich.« Civilai knabberte breit grinsend an seinem Brötchen, und Siri wusste, dass es sinnlos war, weiter darauf zu beharren.
    »Weißt du, was die Armee da oben treibt?«
    »Anbausubstitution, oder?«
    »Ja. Die Herren substituieren Bäume durch frische Luft. Wenn sie niemand aufhält, haben sie die Provinz in Kürze zum Exerzierplatz eingeebnet. Kannst du denn da nichts machen?«
    »Wer, bitte, sol te sie denn aufhalten? Prinz Boun Oum auf seinem Elefanten? Nein. Die Generäle haben jahrzehntelang für die Revolution gekämpft. Und dafür gönnen sie sich jetzt eine kleine Anerkennung.«
    »Diese Seite im Manifest muss ich wohl überlesen haben. Ich dachte immer, die Korruption wäre der Grund für unseren Kampf, nicht die Belohnung. Wie viel bekommt ihr vom Militär für die Rodungsrechte?«
    »Hast du mich etwa nur hierherbestel t, um mich mit diesen dummen Fragen zu löchern?«
    »Nein. Na ja, zum Teil. Eigentlich wol te ich wissen, wie es um die diplomatischen Beziehungen zu Vietnam bestel t ist.«
    »Bestens.«
    »Gut.«
    »Abgesehen davon, dass es keine gibt.«
    »Wie kommt’s?«
    »Hanoi hat den Botschafter und die meisten seiner Diplomaten abberufen und sämtliche Hilfsprojekte ausgesetzt. Wir haben unseren Mann aus Hanoi abgezogen, um ihnen zu zeigen, dass wir genau so stur sein können wie sie.
    Und jetzt herrscht Funkstil e.«
    »Mist. Aber doch wohl nicht nur wegen dieser Foltervorwürfe?«
    »Die Vietnamesen sind verstimmt. Ihr habt nicht zufäl ig etwas herausgefunden, das unsere Version der Geschichte bestätigt?«
    Während der verrückte Rajid ins Wasser watete, um nach Thailand hinüberzuschwimmen, legte Siri den Fal in al en Einzelheiten dar. Er schilderte Civilai selbst ihren Besuch am Nam-Ngum-Stausee, obwohl dieser den Bericht des Bezirksdirektors mit Sicherheit längst kannte. Aber dann erzählte er ihm etwas, das Civilai nirgendwo gelesen haben konnte.
    »Jemand hat versucht, mich umzubringen.«
    »Wie bitte?«
    »An dem Tag, als wir vom Stausee wiederkamen.« Er holte die beiden deformierten Patronenhülsen aus der Tasche. »Ich kam ziemlich spät nach Hause. Und als ich mich vor der Haustür bückte, kamen mir die hier über die Schulter geflogen und bohrten sich ins Holz.«
    Civilai nahm sie an sich. »Und… und du glaubst, das hat mit den Vietnamesen zu tun?«
    »Al es andere wäre ein äußerst merkwürdiger Zufal .«
    »Aber warum? Seid ihr auf etwas gestoßen, das jemand Bestimmten belasten könnte?«
    »Nein. Aber ich wette um den Rest deines Brötchens, dass jemand genau das angenommen hat.«
    »Puh.«
    »Ich weiß nur nicht, welche

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