Collection Baccara 0278
„Rachel hat nämlich Colin getroffen und ihm die Angelegenheit übergeben.“
„Bei ihm bist du in guten Händen“, meinte Adrienne.
„Zweifellos“, pflichtete Kim mit einem vielsagenden Lächeln bei. „Ich schätze, er wird sich bei dir besonders große Mühe geben. Der Junge war doch immer schon verrückt nach dir. Und du hast dich in New York zu einer attraktiven jungen Frau gemausert.“
„Wie bitte?“ Rachel traute ihren Ohren nicht. Sie konnte kaum glauben, was ihre Großmutter da von sich gab.
„Ich sagte, Colin war schon immer verrückt nach dir!“, wiederholte Kim mit einem Kopfnicken. „Wir dachten alle, du könntest es kaum erwarten, ihn wiederzusehen.“
Wir? Wer waren „wir“? Empört widersprach Rachel ihrer Großmutter. „Das stimmt doch gar nicht! Ich habe ihm nie etwas bedeutet. Erinnerst du dich an den Abschlussball? Ich dachte, er hätte mich gebeten, ihn zu begleiten, doch in Wirklichkeit hatte ich ihn falsch verstanden, und er ist lieber mit einer anderen hingegangen.“
„Aber du warst es doch, die ihm einen Korb gegeben hat!“ Die Großmutter seufzte. „Wie dem auch sei, ich finde, ihr solltet die Sache endlich einmal klären.“
„Die Geschichte ist für mich abgehakt“, sagte Rachel entschieden. Doch leider musste sie feststellen, dass sie seit ihrer Rückkehr nach Morrisville die Vergangenheit wieder eingeholt hatte. In NewYork hatte sie ihr früheres Leben hinter sich gelassen und hatte sehr gut damit gelebt. Jetzt aber wurden die alten Wunden wieder aufgerissen. Jahrelang war sie in Colin verliebt gewesen, doch er hatte sie immer nur als kumpelhafte Freundin gesehen. Vielleicht hatte sie sich eine Zeit lang eingebildet, er mochte sie ebenfalls, doch sie war eines Besseren belehrt worden.
„Okay, wir sollten uns nicht weiter einmischen“, beschloss Adrienne das Thema. „Jedenfalls kannst du unsere Küche benutzen, sooft du willst.“
„Danke. Es ist ja nur vorübergehend“, meinte Rachel. „Spätestens in einem halben Jahr werde ich wieder nach New York zurückgehen. Ich möchte dort gerne einen eigenen Laden eröffnen und meine Süßspeisen zusätzlich über das Internet anbieten.“
„Ich wünschte, wir könnten noch mehr für dich tun“, sagte Adrienne.
„Ihr macht sowieso schon so viel für mich.“ Rachel umarmte die beiden herzlich. „Ich bin euch so dankbar.“
Die beiden verabschiedeten sich und ließen Rachel alleine. Das Lokal öffnete morgens um sechs Uhr, deshalb gingen Adrienne und Kim zeitig ins Bett. Rachel hingegen konnte am nächsten Tag ausschlafen, ihre Schicht begann erst um elf.
Versonnen legte sie sich auf ihr Bett und starrte an die Decke. Was sollte diese Bemerkung ihrer Großmutter, Colin sei schon immer verrückt nach ihr gewesen? Das war kompletter Unsinn. Sie hatten stets ein geschwisterliches Verhältnis zueinander gehabt, und so würde es auch bleiben. Rachel beschloss, am nächsten Tag ein paar Dinge klarzustellen, um erst gar nicht das Gerede aufkommen zu lassen, zwischen ihr und Colin könnte mehr sein als nur Freundschaft.
Je näher die Mittagsstunde rückte, desto nervöser wurde Rachel. Die ganze Nacht hatte sie an Colin Morris denken müssen. Zuerst hatte sie nicht einschlafen können, weil der Gedanke an ihn sie wach gehalten hatte, anschließend hatte sie von ihm geträumt. Sie beide hatten eng umschlungen auf dem Abschlussball getanzt, bei dem sie in Wirklichkeit nicht gewesen war.
Rachel nahm den Kuchen, den ihre Großmutter gebacken hatte, und stellte ihn in die Vitrine. Sie versuchte, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren, doch ihre Gedanken drifteten immer wieder ab. Zu Colin. In einem ihrer Träume der letzten Nacht hatten sie sogar miteinander auf einem Bett gelegen – ineinander verschlungen und nackt.
Schweißgebadet und mit wild pochendem Herzen war sie aufgewacht. Und jetzt, Stunden später, sah sie immer noch das Bild vor sich. Das war gar nicht gut. Sie musste ihre erneut aufkommenden Gefühle Colin gegenüber unbedingt unterbinden.
Als Rachel sich gerade hinunterbeugte, um die Kuchenvitrine auszuwischen, tauchte vor ihren Augen ein Paar Beine in einer teuren Anzughose auf. Vorsichtig, um nicht mit dem Kopf anzustoßen, richtete sie sich auf.
Hier stand der Mann, der ihr eine schlaflose Nacht bereitet hatte. Plötzlich spürte sie einen lustvollen Schauer über ihren Rücken gleiten.
„Hi“, begrüßte er sie.
„Hi. Möchtest du dich an einen Tisch setzen?“
Er schüttelte den Kopf.
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