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Colorado Saga

Titel: Colorado Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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abfährt.«
    Levi sah ein, daß ihm nichts anderes übrigblieb, als mit den beiden höflich zu sein. Also wandte er sich zu Elly und sagte: »Lauf schon voraus und sag dem Kapitän, daß wir kommen.« Der Polizist versuchte, sie noch mit gutgemeintem Spott davon abzuhalten, doch sie riß sich los und rannte den Pier entlang. Als Levi sah, daß sie die Laufplanke hinauflief und mit dem Kapitän redete, war er etwas erleichtert.
    »Sie sollten wirklich kein so feines Gespann in die Prärie mitnehmen«, erklärte Mr. Wainwright. »Für Oregon braucht man keine Pferde, sondern Ochsen. Ich biete zweihundert Dollar für jeden der Grauschimmel und verkaufe Ihnen sechs Ochsen für insgesamt sechzig Dollar. Und Sie kommen in Oregon als reicher Mann an.«
    »Das sind meine Pferde, und ich behalte sie«, erwiderte Levi eigensinnig und kutschierte einfach davon. Kapitän Frakes Leute hatten Laufplanken gelegt, über die der Wagen an Bord holperte.
    »Es kann losgehen, Kapitän«, rief Levi laut. Doch nichts geschah. Es wurde zwei Uhr, drei Uhr und sogar vier Uhr, ohne daß Anstalten zum Ablegen getroffen wurden. Gegen fünf Uhr kam ein zweirädriger Wagen vorgefahren, aus dem ein Offizier in blauer Uniform mit vielen blankpolierten Knöpfen stieg. Er war um die Dreißig, sah gut aus und bewegte sich sehr selbstsicher.
    »Hallo, Kapitän Frake!«
    Einer der Matrosen holte den Kapitän. Der hob das unvermeidliche Megaphon an die Lippen und rief: »Wie geht's, Hauptmann Mercy?«
    »Ausgezeichnet. Übrigens, heute abend ist ein Ball. Sie legen doch nicht etwa schon heute ab?«
    »Morgen, Punkt zwölf Uhr.«
    »Wir erwarten Sie heute abend«, rief der Fremde, kletterte in den Wagen und fuhr davon.
    Levi geriet in quälende Unruhe, als er sah, daß die Abfahrt auf den nächsten Tag verschoben worden war. »Warum hat er uns bloß so zur Eile angetrieben?« fragte er verdrießlich. Elly meinte, daß der Kapitän sicher pünktlich hatte ablegen wollen, ihm jedoch irgend    etwas    Unvorhergesehenes
    dazwischengekommen war. »Das glaube ich nicht.
    Wahrscheinlich wollte er bloß die dreiundfünfzig Dollar so schnell wie möglich haben, damit wir unseren Entschluß nicht mehr ändern konnten.« Doch sie waren so müde, daß sie ohne weiteres Nachgrübeln und ohne Abendessen sofort in tiefen Schlaf sanken. Am nächsten Morgen verzehrten sie ein gewaltiges Frühstück und kletterten dann an Land, um noch Sachen zu kaufen, wofür sie am vorhergehenden Tag keine Zeit gefunden hatten:    Seile, Eimer voll
    Schmiermittel für den Wagen, Ersatzstücke für das Zaumzeug, Fäßchen mit Mehl, große Schinken - kurz, all die Dinge, die man für die weite Reise benötigte. Händler, die das Ziel der Reise erfuhren, empfahlen ihnen, noch ein zweites Gewehr zu kaufen. Zuerst sträubte sich Levi und erklärte, er habe ohnedies das beste Gewehr der Welt. Doch schließlich überzeugte ihn ein Büchsenmacher, daß eine schöne gebrauchte »Hawken« die geeignetste Waffe für die Prärie sei. Levi kaufte sie für 11 Dollar.
    Gegen halb 12 Uhr kamen er und Elly vollbepackt wieder an Bord. Hinter ihnen trottete noch ein Neger, der das Gewehr und die Eimer mit Wagenschmiere trug. Um 12 Uhr lief ein Steward die Decks entlang, schlug einen Gong und rief: »Zu Tisch!«
    Elly war natürlich wie immer hungrig. Levi wollte lieber an Deck bleiben und zusehen, wie da s Schiff ablegte. Ein Mitpassagier, der das gehört hatte, lachte schallend. »Heute fahren wir noch nicht ab.«
    »Was?«
    »Erst in einigen Tagen, junger Mann.«
    Levi glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. Gerade in diesem Augenblick hielt der zweirädrige Wagen, den er schon kannte, unten am Pier, und heraus stieg derselbe gutaussehende junge Offizier. »Kapitän Frake! Heute nach dem Gottesdienst wird ein großes Essen gegeben, sind Sie dabei?«
    »Wir fahren morgen Punkt zwölf Uhr los«, war die Antwort, und der Wagen holperte über das
    Kopfsteinpflaster davon.
    Folglich hatten die Zendts am Nachmittag Zeit, die Stadt zu erkunden. Sie hielten sich an die drei ältesten Straßen in der Nähe des Flusses. Mit einem bangen Gefühl gingen sie an der großen katholischen Kirche vorbei, die ihnen bedrohlich erschien. Noch nie hatten sie bewußt mit einem Katholiken geredet, doch verschiedene mennonitische Geistliche hatten sie in ihren Predigten erwähnt. Und das hatte sie gelehrt, mit Angehörigen dieses Glaubens vorsichtig zu sein. Beim Abendessen sagte ein Passagier zu ihnen: »Um sieben Uhr

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